Hartz IV soll noch in diesem Jahr abgeschafft sein

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Der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hat angekรผndigt, Hartz IV noch in diesem Jahr abzuschaffen. Davor soll es allerdings keine Erhรถhungen der Regelleistungen geben. Einzig ein Zuschlag fรผr Familien soll noch in diesem Jahr umgesetzt sein.

Bereits im Koalitionsvertrag wurde angekรผndigt, Hartz IV gegen ein sog. Bรผrgergeld einzutauschen. Das soll bereits in diesem Jahr geschehen, kรผndigte am Freitag der Bundesarbeitsminister an. Das “zentrale Vorhaben der Ampel-Koalition” solle im Bundestag demnรคchst mit den Stimmen der Bundesregierung beschlossen sein.

Bรผrgergeld erst im nรคchsten Jahr

Das sog. Bรผrgergeld soll allerdings erst im nรคchsten Jahr in Kraft treten. โ€žDiese groรŸe Reform braucht Zeit, weil viele Verwaltungsfragen bis hin zu den nรถtigen Computerprogrammen geregelt werden mรผssenโ€œ, erklรคrte Heil. โ€žEs geht darum, Menschen langfristig aus der Bedรผrftigkeit in Arbeit zu bringen.โ€œ

Vor der Einfรผhrung des Bรผrgergelds sollen die Regelleistungen im SGB II nicht generell erhรถht werden, so der Minister. Stattdessen wolle die Bundesregierung einen Sofortzuschlag fรผr bedรผrftige Familien installieren.

Hierzu werden gerade Verhandlungen zwischen dem Familien-, Finanz-, und Arbeitsministerium gefรผhrt. Zur Hรถhe wollte sich Heil nicht รคuรŸern.

Bis zu 25 Euro monatlich mehr fรผr Kinder?

Laut Medienberichten, die aus โ€œRegierungskreisenโ€ stammen, soll der Sofortzuschlag soll โ€œbis zu 25 Euro im Monatโ€ betragen. Dieser soll fรผr alle Kinder aus Sozialhilfe und Hartz IV Familien ausgezahlt werden. Auch Kinder, die einen Kinderzuschlag erhalten, sollen hiervon profitieren. Alle anderen “kinderlosen Hartz IV Bezieher” sollen keinen Zuschlag erhalten.

Von Seiten der Sozialverbรคnden werden die Bรผrgergeld-Plรคne kritisiert. Diese seien unzureichend. So hatte eine Forschungsarbeit des Paritรคtischen Wohlfahrtsverbandes beispielsweise erreichnet, dass die Leistungen derzeit eine Unterdeckung von 50 Prozent darstellen.

Was genau aber ist beim Bรผrgergeld geplant?

Auf dem Prรผfstand stehen die Kosten der Unterkunft und die WohnraumgrรถรŸen. Trotz verschiedener Angemessenheitsvorgaben der Kommunen gilt in der Regel, dass ein Singelhaushalt Wohnraum von maximal 45 bis 50 Quadratmeter beziehen darf.

Ein Zwei-Personen-Haushalt darf in rund 60 Quadratmetern leben. Fรผr jede weitere Person in dem Haushalt kommen noch einmal 15 Quadratmeter hinzu. Die kรผnftige Koalition will der Frage nachgehen, ob die Angemessenheitskriterien ausreichend sind oder erhรถht werden mรผssen.

Wer in einer selbst gekauften Wohnung oder Haus lebt, dem werden in einem ein- bis zwei Personenhaushalt 80 (Wohnung) bzw. 90 (Haus) Quadratmeter zugestanden.

Drei Menschen dรผrfen in 100/110 Quadratmeter und vier in 120/130 Quadratmeter leben. Waren die Wohnungen oder Hรคuser grรถรŸer, musste die Immobilie verkauft oder vermietet werden. Von den Einnahmen musste die Betroffenen ersteinmal leben, bevor sie Hartz IV beantragen dรผrften.

In der Corona-Pandemie wurden diese Regeln fรผr einen Zeitraum von sechs Monaten ausgesetzt. Aus diesen Erfahrungen wolle man nun lernen und die Quadratmeter-Grenzen deutlich anheben oder sogar aufheben.

Reform beim Verwertbaren Vermรถgen

In der Corona-Krise galten รผbergangsweise Ausnahmeregeln beim sog. Schonvermรถgen. โ€œWir prรผfen, welche dieser Regeln wir fortsetzen wollenโ€, steht in dem Sondierungspapier der Koalitionswilligen. Derzeit gilt, dass bis Ende 2021 bei einem Hartz IV Antrag auf eine Vermรถgensprรผfung verzichtet wird.

Im Normalfall kann ein Antrag auf das Arbeitslosengeld II nur dann gestellt werden, wenn alles Vermรถgen รผber der Schonvermรถgensgrenze verwertet wird. Der Gesetzgeber benennt es auch als verwertbares Vermรถgen.

Dazu gehรถren Bargeld, Schmuck, Aktien, Sparanlagen und Luxusgรผter ab 60.000 EUR fรผr das erste Mitglied eines Haushalts und ab dem zweiten 30.000 EUR. Es ist anzunehmen, dass diese Grenzen deutlich nach oben gesetzt wird. Vor allem FDP und SPD drรคngen darauf. โ€œDie Lebensleistung der Menschen soll besser gewรผrdigt werdenโ€, heiรŸt es.

Verbesserte Hinzuverdienstmรถglichkeiten

Seit Jahren drรคngt die FDP auf verbesserte Hinzuverdienstmรถglichkeiten. Bislang lohnt es sich fรผr Leistungsbezieher nicht, etwas dazu zuverdienen, da fast alles bei Hartz IV angerechnet wird. Denn nur 100 EUR werden nicht komplett angerechnet. Bei einem Zusatzeinkommen รผber 100 bis 1000 EUR sind nur noch 20 Prozent nicht anrechnungsfrei. Bei Einkommen ab 1000 bis 1200 EUR nur noch 10 Prozent.

Die kรผnftige Koalition will nun die Hinzuverdienstmรถglichkeiten deutlich anheben und damit verbessern. Das soll den Anreiz erhรถhen, den elementarsten Schritt aus der Armut zu schaffen. Es sei โ€œder erste Schritt einer trittfesten Leiter um den Weg aus Hartz IV zu schaffen”, steht beispielsweise im FDP Programm. In aktuellen Verlautbarungen der FDP wird dieser Punkt seitens der Liberalen sehr stark in den Fokus gelegt.

Sanktionen sollen gelockert werden

Kritiker betonen: Solange an den Sanktionen festgehalten wird, bliebe es bei Hartz IV. Bei einem Bรผrgergeld mรผssten die Strafen wegfallen. Denn in dem Sondierungspapier heiรŸt es sehr deutlich: โ€œAn den Mitwirkungspflichten halten wir festโ€. Allerdings wolle man prรผfen, hier โ€œentbรผrokratisiertโ€ werden kรถnne.

Zu den sog. Mitwirkungspflichten gehรถrt, dass Termine nicht unentschuldbar verpasst werden dรผrfen. Auch mรผssen zum Beispiel Jobangebote angenommen und an MaรŸnahmen teilgenommen werden.

Wer gegen die Mitwirkungspflichten verstรถรŸt, erhรคlt Sanktionen. Die Sanktionen kรผrzen dann den Regelsatz fรผr 3 Monate. Allerdings dรผrfen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nur noch 30 Prozent von den Regelleistungen einbehalten werden.