Bürgergeld Mehrbedarf für Hund, Katze, Meerschweinchen?

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In Deutschland darf sich jeder Mensch ein Haustier wie Hund, Katze oder Meerschweinchen zulegen. Das bedeutet, dass der Staat auch nicht Bürgergeld- oder Sozialhilfe Beziehern vorschreiben dieses Recht absprechen darf. Welche Hilfen können Leistungsbeziehende erwarten?

Recht auf ein Haustier, aber keine Hilfen des Jobcenters für Bürgergeld Bezieher

Laut dem Zentralverband Zoologischer Fachbetriebe Deutschlands e.V. leben in etwa 36 Prozent aller Haushalte in Deutschland Haustiere.

Vor allem Hunde und Katzen sind beliebte Tiere, die im eigenen Haushalt gehalten werden. Kein Jobcenter darf Bürgergeld-Beziehenden vorschreiben, ein Haustier zu besitzen. Immer wieder raten aber Mitarbeiter in den Jobcentern dazu, das Haustier abzuschaffen. Das Zweite Sozialgesetzbuch (SGBII) sieht keinerlei finanzielle Hilfen vor.

Ein Mehrbedarf ist nur für eine Erstausstattung der Wohnung, für notwendige Bekleidung einer Schwangerschaft oder bei bestimmten chronischen Krankheiten vorgesehen.

Anspruch auf einen Blindenhund

Einzig, wer aufgrund einer Sehbehinderung einen Anspruch auf einen Blindenhund hat, sieht das Sozialrecht diesen als ein Hilfsmittel gemäß § 33 des Fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) vor. Hier muss der Arzt den Blindenhund verschreiben und ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden.

Da ein Blindenhund etwa 20.000 EUR kostet, ist die Antragstellung mit vielen Hürden verbunden. Nicht selten weigern sich die Kassen einen Blindenhund zu finanzieren. Viele Gerichte beschäftigen sich mit dieser Frage mit unterschiedlichen Entscheidungen.

Was passiert, wenn der Hund oder die Katze krank wird?

Auch wenn das Haustier krank wird und ein Tierarzt eingeschaltet werden muss, können Bürgergeld Beziehende keinen Mehrbedarf oder ein Darlehen beim Jobcenter beantragen. Ein solcher Antrag würde immer abgelehnt werden.

Es erscheint daher sinnvoll im Vorfeld Geld anzusparen, um für einen solchen Fall gewappnet zu sein. Jeden Monat 5 EUR in die Spardose kann über Monate oder Jahre hinweg einen Betrag erwirtschaften, um für eventuelle Ausgaben für das geliebte Tier im Fall des Falles zur Verfügung zu haben.

Achtung: Wenn Verwandte oder Freunde um Hilfe gefragt werden

Wer Verwandte oder Freunde fragen muss, damit die Tierarztrechnung beglichen wird, sollte sich das Geld nicht auf das Konto überweisen lassen.

Je nach notwendigen Behandlungen können die Kosten schnell einige Hundert oder sogar Tausende Euro kosten. Das Jobcenter könnte annehmen, dass Sie Einnahmen erhalten haben, um den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Eine Kürzung oder gar eine Betrugsanzeige könnten die Folgen sein.

Stattdessen empfiehlt es sich, dass Freunde oder Verwandte die Therapiekosten direkt beim Tierarzt oder per Überweisung auf das Konto des Tierarztes begleichen. So entstehen keine Probleme, die vermieden werden könnten.

Tipp: Es gibt in manchen Städten auch Hilfen von Tierärzten, Tierheimen, Tierschutzverbänden oder Tiertafeln. Dazu aber mehr weiter unten im Artikel.

Im Vorfeld Kosten für ein Haustier bedenken

Während des Bezugs sollte sich besser zwei Mal die Frage gestellt werden, ob eine Haustieranschaffung sinnvoll ist.

Nicht nur Futterkosten entstehen, sondern es muss eine Hundesteuer und auch eine Hundehaftpflicht abgeschlossen werden. Zudem, wie beschrieben, kommen hohe Tierarztrechnungen hinzu. Hundehalter haften immer für ihr Haustier und für die Haltung des Tieres. Egal, ob der Hundehalter Bürgergeld-Leistungen bezieht oder nicht.

Kann die Hundehaftpflicht beim Bürgergeld angerechnet werden?

Kommen wir zum Thema Hundehaftpflichtversicherung. Im Jahre 2015 hatten viele Hartz IV Beziehende noch die Hoffnung, dass die Hundehaftpflichtversicherung berücksichtigt würde, wenn eine Pflicht zum Abschluss bestünde.

Das Sozialgericht Gießen hatte einer Hartz IV Bezieher in erster Instanz Recht gegeben (Az.: S 31 AS 2407/14), dass die Haftpflicht für den Hund in der Berechnung der Hartz IV Leistungen berücksichtigt werden müsse.

In zweiter Instanz, vor dem NRW-Landessozialgericht (Az.: L7 AS 948/15), wurde allerdings das Urteil wieder aufgehoben. Das Gericht betonte, dass es sich hierbei um keine vorgeschriebene Versicherung im Sinne des § 11 Abs. 1 S. Nr. 3 des SGB II handeln würde.

Das Bundessozialgericht schloss sich dieser Rechtsauffassung schlussendlich an. Kurz zusammengefasst: Hartz-IV-Beziehende müssen die Hundehaftpflichtversicherung aus den Regelleistungen selbst tragen. Die Versicherung wird nicht angerechnet.

Achtung: auf einigen Tierportalen wird fälschlicherweise etwas anderes berichtet. Das ist allerdings falsch!

Anrechnung der Hundehaftpflicht in wenigen Ausnahmen

Nur wenn Hunde zur eigenen Existenzsicherung dienen oder bei der Aufnahme eines Jobangebotes helfen, kann die Hundehaftpflicht berücksichtigt werden. Dies ist allerdings sehr selten der Fall und kommt nur Hundezüchtern zugute, die mit Bürgergeld aufstocken und die Ausgaben als notwendige Betriebsausgaben geltend machen können.

Sind Bürgergeld Bezieher von der Hundesteuer befreit?

Die Hundesteuer ist eine sogenannte Aufwandsteuer. Diese wird erhoben, damit zum Beispiel der Hundekot auf den Straßen gesäubert wird. Wer sich einen Hund anschafft, muss spätestens nach 2 Wochen den Hund behördlich anmelden und die Jahresgebühr entrichten.

Das Ordnungsamt macht regelmäßig Kontrollen und verhängt hohe Strafen, wenn der Hund keine Hundemarke besitzt. Die Kosten belaufen sich auf rund 100 Euro im Jahr. Wer mehrere Hunde hat, und muss um so mehr Hundesteuer zahlen.

Müssen nun Bürgergeld-Bezieher eine Hundesteuer entrichten? Im Grundsatz ist das Bürgergeld eine Sozialleistung und damit steuerfrei. Wer Leistungen vom Staat erhält, soll die Leistungen nicht als Steuer wieder an den Staat zurückzahlen müssen.

Allerdings sehen das die Sozialgerichte anders. Regelmäßig wird argumentiert, dass diese Steuer nur dann zustande kommt, wenn sich der Hartz-IV-Beziehende einen Hund anschafft. Wer sein Haustier wieder abschafft, muss auch keine Steuern zahlen, so die Gerichte.

Andere Gerichte sehen das anders und argumentieren, dass die Haltung eines Hundes unter die sogenannte Handlungsfreiheit des Menschen fällt. Diese müsse geschützt bleiben.

In Berlin müssen Sozialhilfe/Hartz IV Beziehende keine Hundesteuer zahlen

Seit 2022 zahlen in einigen Regionen Bürgergeld Bezieher keine Hundesteuer mehr. Allen voran hat das Land Berlin eine Änderung eingeführt, die Arbeitslosengeld II und Sozialhilfe Bezieher entlasten wird. Mehr dazu hier.

In anderen Kommunen wird weiterhin die Hundesteuer erhoben. Oft wird allerdings berichtet, dass es Sinn macht, dennoch einen Antrag auf Befreiuung zu stellen. In einigen Gemeinden wird dann ebenfalls die Hundesteuer erlassen. Dazu haben wir auch hier etwas geschrieben.

Antrag auf Befreiung oder Ermäßigung der Hundesteuer

Da die Hundesteuer individuell von den Gemeinden festgelegt wird, können auch die Gemeinden entscheiden, ob eine Ermäßigung oder Befreiung gestattet wird. Grundsätzlich wird die Hundesteuer bei Blindenhunden oder bei Diensthunden erlassen.

Da die Rechtslage vor den Gerichten uneinheitlich ist, sollten Bürgergeld-Beziehende in der Tat versuchen, einen Antrag auf Ermäßigung oder Befreiung zu stellen.

Ob der Antrag Erfolg hat, ist nicht zu beziffern. Manchmal wird diesem in einer Gemeinde stattgegeben, oft in anderen Gemeinden aber abgelehnt. Ein nicht-amtliches Formular hierfür gibt es z.B. hier.

Hundetafeln unterstützen Haustierhalter die Bürgergeld beziehen

Einige Tierschutzorganisationen haben in manchen Gemeinden und Städte sogenannte Hundetafeln eingerichtet. Mit dem Bescheid können Bedürftige Hundenahrung für wenig Geld erwerben. Die Projekte sind Spendenfinanziert.

Um eine solche Hundetafel zu finden, kann bei Google in den Suchschlitz “Hundetafel + Ort” eingeben werden. Allerdings müssen Nachweise erbracht werden:

  • Nachweis eines SGB II-Bescheides, Renten- und Bürgergeld-Aufstockungsbescheid.
  • Wer dem Anschein nach Obdachlos ist, muss diesen Nachweis oft nicht erbringen
  • Impfausweis des Hundes der Katze
  • Nachweis, seit wann man die Tiere besitzt (z.B. Kaufbeleg oder Steuerbescheid)

Letzteres wird verlangt, weil Tiertafeln nur Tierhalter unterstützen wollen, die sich vor der finanziellen Notlage ein Haustier angeschafft haben.

Wer bereits Grundsicherungsleistungen bezieht und sich dann ein Haustier anschafft, soll nicht unterstützt werden. Dennoch sollten Tierhalter den Weg zur Tiertafel nicht scheuen, wenn letzteres der Fall ist. Es kommt auf oft auch auf die Meinung der Tiertafel vor Ort an.

Tierarzt-Nothilfe für Hunde und Katzen von Bürgergeld Beziehern

In manchen Städten existieren auch Tierarzt-Nothilfen für bedürftige Tierhalter. In Aschaffenburg können sich beispielsweise Tierhalter an die “Tier-Oase” wenden.

Gegen eine kleine Aufwandspauschale (5 Euro) wird das Haustier versorgt und behandelt. Auch in Hamburg, Berlin, Dortmund oder Bremen existieren ähnliche Angebote. Auch hier muss als Nachweis ein Bescheid vorgezeigt werden.

Fazit: Im Grundsatz müssen Bürgergeld-Bezieher von den Regelleistungen ihr Haustier finanzieren. Private Initiativen von Tierschützern, Tierheimen und Tierärzten unterstützen mancherorts bedürftige Tierhalter.

Es macht Sinn Geld über Monate anzusparen, um Tierarztrechnungen begleichen zu können. Die Hundehaftpflicht wird nicht bei der Hartz-IV-Berechnung bedacht.

Die Hundesteuer kann in manchen Gemeinden per Antrag ermäßigt oder sogar erlassen werden. Ein Rechtsanspruch hierfür existiert nicht.

Ein Darlehen oder ein Mehrbedarf vom Jobcenter ist ausgeschlossen. Nur wer den Hund als therapeutisches Hilfsmittel (Blindenhund) benötigt, kann die Kosten per Antrag bei der Krankenkasse geltend machen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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