Hartz IV-Bezieher müssen Tauben fangen

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In Moers werden Ein-Euro-Jobber zur Bekämpfung der Taubenplage eingesetzt

15.04.2015

Dass sich die Jobcentern außerordentlich kreativ beim Ausdenken von Eingliederungsmaßnahme in den Arbeitsmarkt zeigen, ist nicht neu. Wir berichteten bereits über Erwerbslose, die Lamas spazieren führen oder gegen Bier Müll auf der Straße einsammeln. Die Stadt Moers befindet sich also in bester Gesellschaft mit ihrem Projekt, bei dem Ein-Euro-Jobber Maßnahmen zur Dezimierung des städtischen Taubenbestands durchführen sollen. Neben der Pflege eines Taubenhauses – dazu zählt vor allem die Beseitigung von Kot – soll die Vermehrung der Tiere verhindert werden.

Hartz IV-Bezieher sollen Taubenkot beseitigen
Im Moerser Taubenhaus sollen sich Hartz IV-Bezieher an einen geregelten Arbeitsalltag gewöhnen. Soweit so gut. Doch was das Jobcenter von den Erwerbslosen verlangt, ist geradezu absurd: Sie sollen Taubenkot beseitigen und die Vermehrung der Vögel verhindern. Auch wenn die lästigen Tiere zu „entsorgen“ sind, müssen die Ein-Euro-Jobber anrücken.

Das Taubenhaus wird von der Fachwerk Kreis Wesel gGmbH getragen und vom Jobcenter finanziert. Der Zeitung zufolge werden dort zwölf Langzeiterwerbslose beschäftigt, die neben der Pflege der 500 Tauben und der Beseitigung von rund 25 Liter Kot und Futterresten, auch handwerkliche Tätigkeiten übernehmen. Darüber hinaus bauen sie auch für externe Auftraggeber Taubenschläge.

„Die Leute sind sehr gerne hier", betont Martin Ostwald, einer von zwei Anleitern der Ein-Euro-Jobber, im Gespräch mit der Zeitung. Das Konzept des Moerser Taubenhauses erläutert er so: Die Tauben „sind faul und bleiben da, wo ihr Futter ist". Draußen müssen sie sich ihr Futter selbst suchen. Im Taubenhaus bekommen sie es dagegen täglich serviert. Nach einigen Wochen, in denen sie in dem Gehege eingesperrt werden, kehren sie immer wieder zurück. Dass sie dabei betrogen werden, bemerken die Tauben nicht. Denn wenn sie im Taubenhaus Eier legen, tauschen die Ein-Euro-Jobber die echten Eier gegen Attrappen aus. Auf diese Weise wird die Vermehrung der Tiere verhindert.

Ein modernes Modell für Zwangsarbeit?
Die Stadt denkt bereits über weitere Taubenhäuser in der Stadt nach – sofern das Jobcenter mitzieht.
In diesem Jahr sei das zwar nicht mehr möglich, so Angela Preuß, stellvertretende Bereichsleiterin des Jobcenters, gegenüber der Zeitung, aber zukünftig „müsste man gucken".

Die Kosten für das Taubenhaus am Bahnhof betragen jährlich 22.000 Euro. Vergleichsweise geringe Kosten, wenn man bedenkt, dass bei den Lohnkosten durch die Ein-Euro-Jobber kräftig gespart wird. Wie diese Maßnahme Hartz IV-Bezieher, die als Langzeiterwerbslose eingestuft werden, dabei unterstützen könnte, den Wiedereinstieg in den regulären Arbeitsmarkt zu finden, ist höchst fraglich. Vielmehr scheinen hier Menschen ausgebeutet zu werden, die keine andere Wahl haben. Denn Hartz IV-Bezieher, die einen Ein-Euro-Job ablehnen, müssen mit Sanktionen in Form von Leistungskürzungen rechnen. (ag)

Bild: Martin Schemm / pixelio.de

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