Experten lehnen Hartz IV-Wohnkostenpauschale ab

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Experten-Mehrheit lehnt bei Anhรถrung im Ausschuss fรผr Arbeit und Soziales Wohnkostenpauschalen bei Hartz-IV ab

08.05.2012

In einer รถffentlichen Anhรถrung zur Berechnung von Wohn- und Heizkosten von Hartz-IV-Beziehern im Ausschuss fรผr Arbeit und Soziales รคuรŸerten sich zwรถlf geladene Experten. Vorausgegangen war der Antrag der Fraktion Die Linke (17/7847). Die Abgeordneten kritisieren in ihrem Antrag das Recht der Lรคnder, Kreise und kreisfreie Stรคdte zu ermรคchtigen, monatliche Pauschalen fรผr die Hรถhe von Miet-und Heizungskosten bei Hartz-IV-Beziehern festzulegen. Durch Pauschalen wรผrden sich letztlich bei den Kommunen โ€ždie Kosten nicht verringern, sondern erhรถhenโ€œ, argumentiert die Linksfraktion. Schon um den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu entsprechen, mรผssten Pauschalen sehr hoch angesetzt werden, um โ€žbedarfsdeckendโ€œ zu sein. SchlieรŸlich dรผrfe kein Hartz-IV-Bezieher gezwungen sein, โ€žTeile seines Regelsatzes fรผr die Kosten der Unterkunft zu verwenden.โ€œ Stattdessen sollten neue Mindeststandards fรผr Wohn-und Heizungskosten eingefรผhrt werden.

Zudem spricht sich die Die Linke gegen โ€žZwangsumzรผgeโ€œ im ersten Jahr des Hartz-IV-Bezuges aus. Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass Hartz-IV-Empfรคnger nach maximal sechs Monaten umziehen mรผssen, wenn ihre Wohnkosten zu hoch sind. Da sich Hartz-IV-Bezieher vor allem darum kรผmmern sollten, eine neue Arbeit und nicht eine neue Wohnung zu finden, sei die Sechs-Monatsregel kontraproduktiv, argumentiert die Linksfraktion. Sie fordert, die Bleibedauer in der angestammten Wohnung bei Hartz-IV-Bezug auf 12 Monate auszudehnen.

Die Sachverstรคndige Alexandra Frank-Schinke lehnt bedarfsgerechte Pauschalen ab, weil sie โ€žzu teuerโ€œ sind. โ€žDas wรผrde nur dazu fรผhren, dass die, die eine geringere Miete haben, trotzdem die volle Pauschale bekommen.โ€œ Potenzial fรผr Einsparungen durch Pauschalen sieht Frank-Schinke kaum, da eine Einzelfallprรผfung ohnehin stets erfolgen mรผsse. โ€žIn der Praxis wรผrden die Kommunen daher so gut wie nie auf Pauschalen zurรผckgreifenโ€œ, sagte Frank-Schinke.

Aus den gleichen Grรผnden sprach sich der Sachverstรคndige Dr. Andy Groth gegen Wohnkosten-Pauschalen aus. Auch der Experte Joachim Rock sagte, dass Kostenersparnisse in der Verwaltung durch Pauschalen nicht zu erwarten seien.

Die Forderung nach neuen Mindeststandards bei der Berechnung der Aufwendungen fรผr Wohn-und Heizungskosten wies Regine Offer vom Deutschen Stรคdtetag zurรผck. Es herrsche kein Handlungsbedarf, da es bereits โ€žsehr dezidierte Regelungenโ€œ gebe. Neue zentrale Vorgaben seien โ€žnicht zielfรผhrendโ€œ.

Kontroverser diskutiert wurde das Thema โ€žZwangsumzugโ€œ: Der Experte Dr. Stefan Schiffersdecker hรคlt die im Antrag vorgeschlagene Fristverlรคngerung von sechs auf 12 Monate fรผr zu lang. Er sieht die Gefahr von Missbrauch. Auch werde Harz-IV-Empfรคngern ein Anreiz genommen, sich der neuen Situation anzupassen. Laut dem Sachverstรคndigen Holger Gautzsch kรถnnte eine Fristverlรคngerung auf 12 Monate jedoch Sinn machen. Aufgrund der dreimonatigen Kรผndigungsfrist bei Wohnungen bliebe den Empfรคngern gegenwรคrtig kaum Zeit, sich eine neue Wohnung zu suchen.

Das Argument der Linksfraktion, die Wohnungssuche wรผrde die Jobsuche behindern, lieรŸ Michael Schweiger von der Bundesagentur fรผr Arbeit nicht gelten. Dazu gebe es keine validen Erhebungen. (BT)