Bürgergeld-Prämie – Wie sinnvoll ist die 1000 Euro Anschubprämie?

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Die Bundesregierung plant eine Anschubfinanzierung, um den Weg von der Langzeiterwerbslosigkeit in die Erwerbsarbeit attraktiver zu machen.

Diese Bürgergeld-Prämie soll einmalig 1.000 Euro betragen und ausgezahlt werden, wenn Betroffene in eine mindestens ein Jahr andauernde sozialversicherungspflichtige Erwerbsbeschäftigung kommen.

Was will die Bundesregierung mit der Prämie erreichen?

Die Bundesregierung sieht die “Anschubfinanzierung” als Instrument, um mehr Langzeiterwerbslose in Erwerbsarbeit zu bringen, als es bisher der Fall ist.

Wirtschaftsminister Habeck erklärt, dass durch die Umstellung auf Erwerbsarbeit ehemaligen Langzeiterwerbslosen möglicherweise Mittel fehlen, die sie vorher über Sozialleistungen abdeckten, zum Beispiel bei den Wohnkosten.

So ginge das Aufnehmen einer Erwerbsarbeit oft mit Kürzungen beim Wohngeld und anderen Leistungen einher. Dies mache Jobs mit geringem Einkommen wenig attraktiv.

Die 1.000 Euro sollen helfen, eventuelle Lücken auszugleichen.

Scharfe Kritik von allen Seiten

Die Kritik an der Anschubfinanzierung fällt nicht nur scharf aus, sie kommt auch aus unterschiedlichen politischen Lagern. Auch manche Vertreter von Sozialverbänden und Erwerbsloseninitiativen halten wenig von dieser Prämie.

Wie lautet die Kritik?

Sozialverbände kritisieren, dass diese Prämie am Wesen der Sache vorbeigeht. So wäre das Problem von Langzeiterwerbslosen nicht die fehlende Motivation bei Jobs mit geringerem Verdienst.

Die meisten der Betroffenen wären im Gegenteil froh, wenn sie eine reguläre Stelle mit monatlichem Gehalt und solider Struktur bekämen. Die Probleme dabei, Menschen, die seit Jahren erwerbslos sind, in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu bringen, liegen ganz woanders.

Oft kommen hier mehrere Faktoren zusammen: Fehlende oder nicht mehr zeitgemäße Berufsabschlüsse, persönliche, familiäre, körperliche und psychische Beschwerden, mangelnde Deutschkenntnisse beziehungsweise Defizite beim Lesen und Schreiben.

Schulden und ein fehlendes berufliches Selbstbewusstsein kommen oft hinzu. Auch Suchtkrankheiten erschweren es vielen Langzeiterwerbslosen, in Erwerbsarbeit zu kommen.

Manchmal ist es sogar der Wohnort oder die kulturelle Herkunft.

Oft liegt es nicht an den Erwerbslosen

Außerdem, so die Kritik aus Sozialverbänden, sind es oft gerade nicht die Bürgergeld-Bezieher, an denen die Stellenvermittlung scheitert, sondern die Arbeitgeber sowie rechtliche und praktische Hürden.

Die Förderung kommt zu spät

Ein weiterer Kritikpunkt von Insidern ist, dass eine Prämie nach dem Antritt einer Erwerbstätigkeit viel zu spät kommt. Wenn die Betroffenen finanzielle Unterstützung bräuchten, so die Argumentation, dann bevor sie eine Stelle bekommen.

Denn Bewerbungsdokumente, Anfahrten, Passfotos, möglicherweise auch ein ordentlicher Haarschnitt oder ein neues Hemd für das Vorstellungsgespräch kosten Geld.

Mittel dafür können beim Jobcenter zwar beantragt werden, das ist aber zähflüssig. Nur selten kommt das Geld dann auf das Konto, wenn die Leistungsberechtigten es brauchen.

Hier ließe sich wesentlich sinnvoller nachbessern, denn diese Kosten sind konkret dafür da, den Erfolg bei der Arbeitssuche zu verbessern.

Schüren von Vorurteilen

Wir bei Gegen Hartz haben mit der 1000-Euro Prämie das Problem, dass sie falsche Vorstellungen über “faule” Bürgergeld-Bezieher schürt.

Während die meisten Leistungsberechtigten sich nämlich danach sehnen, einen Job zu zu bekommen, deutet die Prämie unterschwellig an, dass sie einen besonderen Anreiz bräuchten, um sinngemäß “ihren Hintern hochzukriegen”.

Diese falsche Unterstellung gießt wiederum Öl ins Feuer der Dauerhetze gegen Leistungsberechtigte, die diese kontrafaktisch als “Sozialschmarotzer” darstellt, als lebten wir in Zeiten der Hexenverfolgung.

Ohne jeden Grund würde eine nicht notwendige Prämie dafür sorgen, dass Arbeitnehmer sich über den Tisch gezogen fühlen. , die kein Bürgergeld bezogen und somit auch keine 1.000 Euro bekommen.

Diesen Frust bekommen dann die tatsächlich arbeitssuchenden und arbeitswilligen Bürgergeld-Bezieher zu spüren, die sich die Prämie nicht ausgedacht haben.

Die Prämie hilft nicht gegen den Drehtüreffekt

Bei Hartz IV -und leider teilweise immer noch beim Bürgergeld- kam es zum berüchtigten Drehtüreffekt. Zwar machten Betroffene kurzfristig irgendeine Erwerbsarbeit, standen aber nach ebenso kurzer Zeit wieder beim Jobcenter an, weil die Beschäftigung vorbei war.

Die 1.000 Euro Prämie wirken diesem Drehtüreffekt nicht entgegen.

Entscheidend ist hingegen die Weiterbildung und Ausbildung der Langzeiterwerbslosen. Diese muss verbunden sei mit professioneller psychosozialer Betreuung zu Fragen wie Schulden, Suchtberatung, Therapie von psychischen Erkrankungen oder Coaching bei familiären Problemen.

Gerade in diesen Bereichen, die für eine nachhaltige Vermittlung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zentral sind, müssen wegen Kürzungen des Budgets 2025 aber diverse erfolgreiche Projekte gestrichen werden.

In diesem Zusammenhang wirkt die 1.000 Euro Prämie geradezu wie ein bösartiger Witz, auch wenn es vermutlich keine Absicht ist.