Hartz IV: Mietkaution wird nicht aufgerechnet

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Mietkaution darf nicht mit laufendem Alg II aufgerechnet werden
Im Bezug auf den Beschluss des LSG Baden-Württemberg hat das Hessische Landessozialgericht am 13. September entschieden, dass ein Darlehn für die bei Anmietung einer neuen, angemessenen Wohnung fällige Kaution "nicht mit den Grundsicherungsleistungen aufgerechnet werden (darf), d.h. es bleibt zins- und tilgungsfrei.³ Eine Einbehaltung des gewährten Darlehns beurteilten die Darmstädter Richter als "rechtswidrig³. "Das Gesetz sehe die ratenweise Tilgung von Darlehen aus den laufenden Leistungen der Grundsicherung nicht vor, denn hierdurch werde das gesetzlich abgesicherte Existenzminimum gefährdet bzw. unterschritten³, so das Gericht weiter in seiner Presseerklärung.

Laut Beschluss der Richter ging der Gesetzgeber nicht von einer Tilgung eines Mietkautionsdarlehns vor Fälligkeit des entsprechenden Rückzahlungsanspruches aus. Das sei bereits an der Gesetzessystematik zu erkennen, da eine diesbezügliche Aufrechnungsregelung im SGB II fehlt (für andere Fälle ist diese gegeben, vgl. § 23,1 SGB II für dort ausdrücklich genannte Fälle der Darlehnsvergabe zur Deckung eines unabweisbaren Bedarfs, der sich aber ausdrücklich nicht auf die Unterkunftskosten bezieht).

Mit Blick auf die allgemeine Aufrechnungsvorschrift des § 51 SGB I schlossen die Richter die Rückzahlung bei laufenden Leistungsbezug im Ergebnis ebenfalls aus. Voraussetzung wäre Einkommen oberhalb der Pfändungsfreigrenze des § 850c Abs. 1 Zivilprozeßordnung für Arbeitseinkommen (930 EUR), die sich hier noch um 350 EUR für ein unterhaltenes Kind erhöhte. Das Einkommen der Leistungsbeziehenden lag einschließlich Kindergeld weit darunter. Ebenfalls kam hier eine Aufrechnung nach § 51, 2 SGB I nicht in Frage, da es nicht um die Erstattung zu Unrecht bezogener Sozialleistungen ging, wie auch die Anwendung der Straffvorschrift des § 43, 1 SGB II nicht in Frage kam, die sich auf Erstattung oder auf Schadensersatz aufgrund von seitens des Hilfebeziehenden vorsätzlich oder grob vorsätzlich unrichtig oder unvollständig gemachten Angaben bezieht.

Im Ergebnis war die "in dem Darlehnsvertrag S enthaltene Tilgungsvereinbarung in Höhe von 50,00 EUR monatlich beginnend mit dem Monat nach Auszahlung des Darlehens rechtswidrig.³ Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Rückzahlungsvereinbarung könne sich der Leistungsträger zudem weder auf die Tilgungsvereinbarung als Rechtsgrundlage für die Aufrechnung berufen, noch auf einen nach ihrer Sicht in dem Darlehnsvertrag enthaltenen (Teil-)Verzicht auf Sozialleistungen im Sinne des § 46 Abs. 1 1. Halbs. SGB I, der zu einem entsprechenden Erlöschen des Sozialleistungsanspruches geführt habe (da sie diesen selbst – rechtswidrig – herbeigeführt hat).

Mit (etwas) weniger juristischen Worten: Völlig absurd (aber bei den Alg II-Behörden nicht minder verbreitet) ist, eine Mietkaution, die die ARGE gezahlt hat und deren Erstattung durch den Vermieter sich die ARGE bei Auszug des Leistungsbeziehenden gesichert hat, bei dessen laufendem Alg II-Bezug auch noch zurückzufordern. Denn die ausgelegte Mietkaution gehört zu den Unterkunftskosten, die Erstattung müsste der Leistungsbeziehende aus der Regelleistung vornehmen, aus der fast alles bestritten werden muß, nur nicht die Unterkunftskosten. Auch die verschiedenen von den Alg II-Behörden herangezogenen Aufrechnungsvorschriften oder ‘abgepreßte’ Darlehns- oder Verzichtserklärungen verpflichten Leistungsbeziehende nicht zur Rückzahlung der Kaution bei laufendem Bezug, da sie unrechtmäßig zustande gekommen sind. (Hessisches Landessozialgericht, Beschluss AZ L 6 AS 145/07 ER) veröffentlicht am 23.10.07

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