Hartz IV: Zu Unrecht angerechnetes Kindergeld?

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Hartz IV: Rechnen Jobcenter das Kindergeld zu Unrecht bei Eltern an?

06.10.2011

Es ist bei den Jobcentern übliche Praxis, dass Kindergeld, welches das Kind nicht zur Deckung seines eigenen Bedarfes benötigt, bei den Eltern als Einkommen angerechnet wird. Doch ist das überhaupt zulässig?

Kinder sind im SGB II weder gegenüber ihren Geschwistern noch ihren Eltern zu Unterhalt verpflichtet, d.h. Einkommen und Vermögen eines Kindes wird auch ausschließlich beim jeweiligen Kind berücksichtigt, das es erzielt bzw. besitzt. Einkommen von Kindern unterliegt weder der sog. Bedarfsanteilsmethode (§ 9 Abs. 2 SGB II), noch kann es als Unterhalt angerechnet werden, da nur tatsächlich geleisteter Unterhalt angerechnet werden kann (§ 9 Abs. 5 SGB II; BSG in B 14 AS 6/08 R vom 27 Januar 2009). Wegen der geringen Höhe des Kindergeldes käme zudem eine unterhaltsrechtlich Anrechnung ohnehin nicht in Frage (§ 1 Abs. 2 ALG II-V). Geregelt ist lediglich, dass der Teil des Kindergeldes, den das Kind zur Deckung seines Bedarfes benötigt, auch beim Kind als Einkommen anzurechnen ist – mehr jedoch nicht (§ 11 Abs. 1 S. 4 SGB II).

Worauf basiert dann die von den Jobcentern praktizierte Anrechnung?
Die Bundesagentur für Arbeit (BA) stützt ihre diesbezügliche Geschäftsanweisung (GA 11.50) auf eine Rechtsauffassung, die darauf beruht, dass nach dem bis Ende 2007 geltenden Unterhaltsrecht (§ 1612b Abs. 3 BGB a.F.) Kindergeld Einkommen des kindergeldberechtigten Elternteiles war. Diese Rechtslage hat sich aber mit dem bereits am 1 Januar 2008 in Kraft getretenen „Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts“ (BGBl I S. 3189) gravierend verändert (vgl. auch BVerfG in 1 BvR 932/10 unter Rz 24). Das neue Unterhaltsrecht bestimmt nunmehr, dass Kindergeld ausdrücklich Einkommen allein des Kindes und dazu gedacht ist, dessen Barunterhaltsbedarf zu decken (§ 1612b BGB), was im SGB II eine Anrechnung von Kindergeld bei einer anderen Person als dem Kind unzulässig macht. Das scheint der BA jedoch entgangen zu sein, denn sie rechnet nach wie vor unter Berufung auf diese o.g. Rechtsauffassung weiterhin Kindergeld bei den Eltern an, was aufgrund der geänderten Rechtslage seit 1 Januar 2008 rechtswidrig sein dürfte. (fm)

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Bild: Gerd Altmann / pixelio.de

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