Ein Jobcenter muss einer Mutter und ihrem Sohn vorläufig ein Darlehen gewähren, um Mietschulden in Höhe von 2047 Euro zu tilgen. So entschied das Sozialgericht Magdeburg (S 18 AS 193/17).
Inhaltsverzeichnis
Übergangsgeld, dann Grundsicherung
Die Betroffene stellte für sich und ihren minderjährigen Sohn am 29.12.2016 einen Antrag auf Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II beim zuständigen Jobcenter. Von August bis Dezember diesen Jahres führte sie eine medizinische Rehabilitation durch.
Der Grund für diese Maßnahme war ihre Drogenerkrankung. Sie bezog in dieser Zeit Übergangsgeld von der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland.
Zum Zeitpunkt der Klage vor dem Sozialgericht erhielt sie außerdem Kindergeld in Höhe von 192,00 Euro sowie einen Unterhaltsvorschuss vom Landkreis Harz in Höhe von 201,00 Euro.
Sie hatte einen Antrag auf Krankengeld gestellt, der noch nicht bescheiden war. Da sie aufgrund einer Fraktur des Arms arbeitsunfähig war, ruhte zur Zeit der Klage ihr Restanspruch auf Arbeitslosengeld.
Gemeinsame Wohnung von Mutter und Kind
Seit September 2015 lebte sie mit ihrem Sohn in einer Dreiraum-Wohnung mit einer Gesamtmiete von 439,00 Euro. Das Jobcenter bewilligte von Dezember 2016 bis Mai 2017 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II (heute Bürgergeld).
Antrag auf Darlehen wegen Mietschulden
Am 02.01.2017 stellte die Betroffene beim Jobcenter einen Antrag auf die Gewährung eines Darlehens, um Mietschulden in Höhe von 2047 Euro.
Sie begründete dies damit, dass ihr die Kündigung drohe, falls sie die Schulden nicht ausgleiche und sie dann mit ihrem Kind auf der Straße sitze. Sie fügte ein „Übergabeprotokoll/Auszug nach fristloser Kündigung am 2.1.2017“ ihres Vermieters bei.
Mietschulden von über 2000 Euro
In diesem stand: „Heute übergibt die Mieterin …, die Wohnung mit sämtlichen Schlüsseln, an den Vermieter … Die Mieterin erhält einen Schlüssel zurück, um bis zum 22.1.2017 Ihre restlichen Sachen aus der Wohnung zu räumen. Alles was sich am 23.1.2017 noch in der Wohnung befindet, darf der Vermieter auf Kosten der Mieter entsorgen. Die Miete ist bis zum 23.1.2017 weiterzuzahlen.“
Die Betroffene fügte dem Antrag außerdem eine vorhergehende Mahnung des Vermieters bei. Diese zeigte Mietrückstände und Mahngebühren seit September 2015 in Höhe von insgesamt 2047 Euro.
Mutter und Tochter können Wohnung behalten, wenn sie die Schulden bezahlen
Am 23.01.2017 teilte der Vermieter der Mutter jedoch schriftlich mit, dass sie und ihr Kind in der Wohnung bleiben könnten, wenn sie die Mietschulden so schnell wie möglich begleichen würden.
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Bescheid prüfenZum Zeitpunkt der Klage der Betroffenen vor dem Sozialgericht hatte weder eine Räumung stattgefunden noch gab es eine Räumungsklage.
Jobcenter weigert sich, Darlehen zu gewähren
Das Jobcenter weigerte sich, ein Darlehen für die Mietschulden zu gewähren. Es begründete die Ablehnung damit, dass die Kosten der Unterkunft die Grenze der Angemessenheit übersteigen würden. Es sei auch nicht gesichert, dass die Unterkunft durch die Bezahlung der Schulden längerfristig gesichert sein könnte.
Mutter legt Widerspruch ein
Die Mutter legte Widerspruch beim Jobcenter ein. Hier argumentierte sie, dass ihrem minderjährigen Sohn ohne das Darlehen Obdachlosigkeit drohe. Zudem könne sie aufgrund ihrer Mietschulden keine andere Wohnung mieten.
Sie räumte ein, die Rückstände seinen in Zusammenhang mit ihrer Drogenerkrankung entstanden. Der Vermieter akzeptiere keine Ratenzahlung.
Der Widerspruch war zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung noch nicht entschieden.
Antrag auf einstweilige Anordnung
Die Betroffene stellte am 24.01.2017 einen Antrag beim Sozialgericht Magdeburg auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, in dem er auch im die Übernahme der Mietschulden per Darlehen ging. Die Betroffene erklärte darin, dass die Wohnungsbaugesellschaft mbH ihr mitgeteilt habe, dass sie eine Vermieterbescheinigung ohne Mietschulden benötige.
Das Gericht entscheidet zugunsten der Mutter
Die Richter erklärten den Antrag für begründet und verpflichtete die Behörde, die Schulden per Darlehen zu übernehmen. Das Jobcenter müsse auch Mietschulden unternehmen, wenn dies die Unterkunft sichern oder eine vergleichbare Notlage beheben könne. Solch ein Fall liege hier vor, denn ohne die Schulden zu bezahlen, drohe Wohnungslosigkeit.
Miete ist angemessen
Das Gericht erklärte auch das angebliche Überschreiten einer Angemessenheitsgrenze nicht für schlüssig. So dürfe das Jobcenter nicht den gesamten Harz als Maßstab nehmen, sondern es ginge um die Bedingungen vor Ort, in Halberstadt. Hier würde die Miete der Wohnung der Mutter und ihres Sohnes die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung nicht überschreiten.
Der Schutz des Kindes ist besonders wichtig
Die Richter maßen besonderes Gewicht dem Schutz des minderjährigen Sohnes bei. Für diesen können sich ein Wechsel der Unterkunft negativ auf den Schulweg auswirken, oder er müsse sogar die Schule wechseln.
Richter sehen Prognose für die Mutter positiv
Das Gericht erstellte zudem eine positive Prognose für die Mutter. Die Mitschulden seien aufgrund ihrer Drogenprobleme entstanden.
Wegen dieses Missbrauchs habe sie freiwillig und erfolgreich eine Rehabilitation durchgeführt. Sie verspreche nicht nur, keine weiteren Mietschulden anzuhäufen, sondern sie sei auch damit einverstanden, dass das Jobcenter die Miete direkt an den Vermieter auszahle.




