Schwerbehinderte Beschäftigte oder diesen gleichgestellte Personen haben das Recht, ihre Arbeitszeit an ihre Behinderung anzupassen. Diese Anpassung ist allerdings an die Zumutbarkeit für den Arbeitgeber gebunden und darf keine unverhältnismäßigen Kosten verursachen.
Inhaltsverzeichnis
Gesetzlich geregelte Freistellung von Mehrarbeit
Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Freistellung von Mehrarbeit, wenn sie dies wünschen.
Diese Regelung soll verhindern, dass sie durch zusätzliche Arbeitsstunden übermäßig belastet werden. Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, die nicht durch Arbeits- oder Tarifverträge eingeschränkt werden kann.
Spezielle Regelungen zur Freistellung
- Bereitschaftsdienste:
Bereitschaftsdienste zählen als reguläre Arbeitszeit. Schwerbehinderte Beschäftigte haben das Recht, sich von Mehrarbeit in Form von Bereitschaftsdiensten freistellen zu lassen, selbst wenn tarifvertraglich vorgesehen ist, dass diese Dienste mit dem Gehalt abgegolten werden. - Teilzeitbeschäftigung:
Teilzeitbeschäftigte Schwerbehinderte können ebenfalls von Mehrarbeit freigestellt werden. Ob eine Mehrarbeit vorliegt, wird durch einen Vergleich mit der Arbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten ermittelt. - Überstunden:
Überstunden entstehen, wenn die tägliche Arbeitszeit die vertraglich oder tariflich festgelegte Dauer überschreitet. Für Schwerbehinderte gilt Mehrarbeit als überschritten, wenn die Arbeitszeit acht Stunden pro Tag übersteigt. Dennoch können sie unter bestimmten Bedingungen Überstunden leisten, solange diese die gesetzlich festgelegte Obergrenze nicht überschreiten. - Feiertags- und Schichtarbeit:
Eine generelle Befreiung von Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Nacht- und Schichtarbeit gibt es für Schwerbehinderte nicht. Arbeitgeber haben jedoch eine Fürsorgepflicht, die im Einzelfall eine Unzumutbarkeit dieser Arbeitsformen begründen kann.
Wie kann man sich freistellen lassen
Bevor ein schwerbehinderter Arbeitnehmer von Mehrarbeit befreit werden kann, muss der Arbeitgeber diese zunächst anordnen, was in der Regel einer Zustimmung des Betriebs- oder Personalrats bedarf.
Ist die Anordnung von Mehrarbeit arbeitsvertraglich zulässig, sind grundsätzlich alle Beschäftigten verpflichtet, diese zu leisten.
Schwerbehinderte Arbeitnehmer können jedoch eine Freistellung beantragen, ohne Gründe angeben zu müssen.
Wichtig ist, dass der Antrag rechtzeitig erfolgt, damit der Arbeitgeber entsprechende Maßnahmen treffen kann, wie z. B. die Organisation eines Ersatzes. Eigenmächtiges Verlassen des Arbeitsplatzes nach der regulären Arbeitszeit ist hingegen nicht erlaubt.
Anspruch auf Teilzeitbeschäftigung
Neben dem allgemeinen Anspruch auf Teilzeitarbeit gemäß dem Teilzeit- und Befristungsgesetz haben schwerbehinderte Beschäftigte das Recht auf eine Teilzeitbeschäftigung, wenn dies aufgrund der Art oder Schwere ihrer Behinderung erforderlich ist.
Der Nachweis der Notwendigkeit muss von den Beschäftigten erbracht werden. Arbeitgeber können sich dabei von den Integrationsämtern beraten lassen, die gegebenenfalls auch finanzielle Unterstützung bieten.
Nachtarbeit und Schwerbehinderung
Schwerbehinderte Arbeitnehmer können auch von Nachtarbeit ausgenommen werden, wenn dies zur behinderungsgerechten Gestaltung der Arbeitszeit notwendig ist.
Fallbeispiel: Mehrarbeit muss trotz Schwerbehinderung erbracht werden
In einem Unternehmen arbeiten die Beschäftigten regulär sieben Stunden täglich, wobei eine einstündige Pause in diese Zeit integriert ist. Aufgrund dringender Aufträge soll die tägliche Arbeitszeit um eine Stunde verlängert werden.
Ein als schwerbehindert anerkannter Mitarbeiter weigert sich jedoch, diese zusätzliche Arbeitszeit zu leisten, mit der Begründung, dass er als Schwerbehinderter dazu nicht verpflichtet sei.
Fallbeispiel: Arbeitszeit unterhalb der gesetzlichen Grenze
Der schwerbehinderte Arbeitnehmer muss die zusätzliche Arbeitszeit erbringen, da die gesetzliche Regelung zur Freistellung von Mehrarbeit nicht greift. Mehrarbeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes liegt erst dann vor, wenn die tägliche Arbeitszeit mehr als acht Stunden beträgt.
In diesem Fall bleibt die Arbeitszeit unterhalb dieser Grenze, sodass keine Freistellung von Mehrarbeit erforderlich ist.
Mehrarbeit entsteht erst bei mehr als 8 Stunden täglicher Arbeitszeit
Die tägliche Arbeitszeit des schwerbehinderten Mitarbeiters beträgt regulär sieben Stunden. Die zusätzliche Arbeitsstunde erhöht die Arbeitszeit auf insgesamt acht Stunden, was im Rahmen der gesetzlichen Regelungen liegt.
Da Pausen nicht zur Arbeitszeit zählen, ist die Forderung des Arbeitgebers rechtlich zulässig und muss auch von schwerbehinderten Beschäftigten erfüllt werden.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.