Lohnt es sich finanziell, über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus zu arbeiten? Die Antwort ist ein klares „Ja“, wenn man bestimmte Rahmenbedingungen betrachtet. Wer über das reguläre Renteneintrittsalter hinaus arbeitet, kann seine Bruttorente erheblich steigern.
Pro Monat, den ein Arbeitnehmer länger arbeitet, erhöht sich der Rentenanspruch um 0,5 %. Ein ganzes Jahr zusätzlicher Arbeit führt somit zu einer Rentenerhöhung von 6 %, bei drei weiteren Jahren sind es sogar 18 %.
Das ist jedoch nicht alles: Auch die gezahlten Rentenbeiträge des Arbeitnehmers und seines Arbeitgebers fließen weiterhin in das Rentenkonto ein und tragen zu einer weiteren Erhöhung des späteren Rentenanspruchs bei. Dies macht das längere Arbeiten besonders für diejenigen attraktiv, die ihre Altersvorsorge optimieren möchten.
Das gilt nur für rentenversicherte Jobs
Dies gilt allerdings nur für Tätigkeiten, in denen Sie rentenversichert sind. Arbeiten Sie als Freiberufler oder Selbstständiger, dann könnten Sie freiwillige Rentenbeiträge leisten. Ansonsten erhöht die Weiterarbeit nicht ihre zukünftige Rente – trotz eines Rentenanspruchs.
Rentenaufschubprämie bringt was
Ein weiterer Vorteil wäre die von der Ampelregierung beschlossene Rentenaufschubprämie. Diese sieht statt der 0,5 Prozent mehr Rente pro Arbeitsmonat eine einmalige Zahlung vor.
Dafür müssten Sie mindestens ein Jahr und maximal drei Jahre mehr als geringfügig beschäftigt sein, in die Höhe würde sich nach dem Einkommen richten.
Sie müssten nach Erreichen des Regelalters keine Arbeitgeberanteile mehr zur Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung zahlen. Wenn Sie über das Rentenalter hinaus beschäftigt wären, dann würden Sie diese Zahlungen bei Renteneintritt auf einmal bekommen.
Das wäre eine erhebliche Summe, denn es handelt sich um 10,5 Prozent ihres Bruttolohns.
Herr Müller hat das gesetzliche Renteneintrittsalter von 67 Jahren erreicht und hätte ab diesem Zeitpunkt Anspruch auf eine monatliche Rente von 1.500 Euro. Statt jedoch direkt in den Ruhestand zu gehen, entscheidet er sich, noch ein weiteres Jahr zu arbeiten.
Rentenbonus-Berechnung:
- Herr Müller hätte in diesem zusätzlichen Jahr 1.500 Euro monatliche Rente erhalten.
- Das bedeutet, dass er in 12 Monaten insgesamt 18.000 Euro an Rentenzahlungen „verzichtet“ hat (12 Monate x 1.500 Euro = 18.000 Euro).
Gemäß der Regelung für den Rentenbonus erhält Herr Müller nach diesem Jahr den Gesamtbetrag von 18.000 Euro als Einmalzahlung.
Zusätzlich zu dieser Auszahlung werden auch die Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge, die Herr Müllers Arbeitgeber in diesem Jahr weiterhin gezahlt hat, in die Berechnung einbezogen. Diese zusätzlichen Beiträge könnten beispielsweise 2.000 Euro betragen, was die Gesamtsumme der Einmalzahlung auf 20.000 Euro erhöht.
Endergebnis: Herr Müller erhält nach einem Jahr zusätzlichen Arbeitens eine Einmalzahlung von 20.000 Euro (18.000 Euro + 2.000 Euro) als Rentenbonus, zusätzlich zur Erhöhung seiner zukünftigen monatlichen Rente durch die weiter gezahlten Beiträge.
Diese Regelung kann ein Anreiz sein, freiwillig länger zu arbeiten, da sie eine finanzielle Belohnung in Form einer beträchtlichen Einmalzahlung bietet.
Bis zu 66.000 Euro auf einen Schlag
Der Sozialverband VdK hat dazu eine Rechnung aufgemacht, auf Basis der Durchschnittsrente. Wer einen Rentenanspruch von 1600 Euro brutto pro Monat hätte, würde in einem Jahr 19.200 Euro an Rentenzahlungen sparen. Dazu kämen noch die erstatteten Arbeitgeberanteile.
Bei einem Jahr Weiterarbeit wären das 22.000 Euro, und bei drei Jahren 66.000 Euro. Wer bis zum siebzigsten Lebensjahr arbeiten würde, bekäme 66.000 Euro. Bei monatlichen Rentenzuschlägen wären es 288 Euro mehr pro Monat. Hinzu kämen noch die weiter gezahlten Rentenbeiträge.
Früher in Rente: Was sind die Konsequenzen?
Trotz der Anreize, länger zu arbeiten, entscheiden sich viele Menschen in Deutschland dafür, vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter in den Ruhestand zu gehen.
Dies kann mit Abschlägen verbunden sein, die je nach Rentenbeginn und individueller Rentenform variieren. Abschläge können die Rente dauerhaft um bis zu 14,4 % (bei drei Jahren vorzeitigem Ruhestand) reduzieren. Daher ist es wichtig, die persönlichen und finanziellen Auswirkungen einer vorgezogenen Rente genau zu prüfen.
Eine wichtige Einschränkung noch zum Schluss: Nach dem Bruch der Ampelregierung ist es noch ungewiss, ob die Rentenprämie Realität wird. Es kommt darauf an, welche Mehrheiten in der nächsten Bundesregierung gestellt werden.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.