Höheres Kindergeld – Und was bekommen Hartz IV-Familien?
"Familien können zum 1 Januar 2009 mit spürbaren finanziellen Verbesserungen rechnen." Das verkündete die Financial Times Deutschland am achtzehnten September diesen Jahres. 10 Euro mehr Kindergeld nennt die FTD eine "spürbare" Verbesserung. Dabei gleicht die Erhöhung nicht einmal die Steigerung der Lebenshaltungskosten seit dem ersten Januar 2002 aus, an dem die 154 Euro festgesetzt wurden. Die reale Senkung des Kindergelds wird also nur abgemildert. Mehr nicht.
Dass Familien mit der Kindergelderhöhung mit Verbesserungen rechnen können, ist ebenfalls falsch. Denn für die 1,3 Millionen Familien mit Kindern, die Hartz IV beziehen, ändert sich nichts. Die Kindergelderhöhung wird als Einkommen voll angerechnet.
Was der Bund rd. 2,2 Millionen Kindern aus Hartz IV -Familien mit der einen Hand gibt, kassiert er mit der anderen Hand wieder ein.
Obwohl Kinder aus Armutsfamilien von der Kindergelderhöhung nichts haben, betont die SPD jedoch weiter, dass ihr "jedes Kind gleich viel wert" sei. Und Frau von der Leyen erklärte sogar, dass es Hartz IV-Bezieher besser hätten als Kindergeldbezieher, da das Sozialgeld mit bis zu 281 Euro höher sei als das Kindergeld. (FAZ.Net) Kinder in Armutsfamilien werden also dank Merkel, von der Leyen und natürlich auch Müntefering usw. angeblich bevorzugt behandelt. Das ist dreist. Die Parteien des Christentums und die SPD haben mit Einführung von Hartz IV die Regelsätze für Kinder ab dem Schulalter erheblich gesenkt. Sie haben ihnen sowohl den Wachstums- als auch den Schulbedarf aberkannt, um die Eltern dieser Familien dabei zu "fördern", zu Armutslöhnen zu arbeiten. Sie haben damit das Existenzminimum ausgerechnet bei Schulkindern um etwa 40€ mtl. abgesenkt. Kinder aus Hartz IV-Familien werden billiger abgeschrieben, nicht bevorzugt.
Wie das Bündnis gegen Kinderarmut durch Hartz IV ausgeführt hat, spart die Bundesregierung damit auf Kosten von armen Kindern jährlich eine halbe Milliarde Euro. Sie subventioniert mit der Kürzung bei Hartz IV-Kindern die Erhöhung des Kindergelds für Nicht-Hartz IV-Bezieher. Ähnlich wie sie mit der Kürzung des Elterngelds bei Hartz IV-Eltern die Erhöhung des Elterngelds für Mittelschichtsfamilien mitfinanziert.
Das Gejammere vertuscht ferner, dass das Kindergeld nicht dazu gedacht ist, die vollen Unterhaltungskosten von Kindern abzudecken. Kindergeld ist seit seiner Einführung im Jahre 1936 ein Lohnzuschuss, der Löhne bezuschusst, von denen der Nachwuchs der Arbeitskräfte nicht oder nicht ausreichend unterhalten werden kann. Das Gejammere über die Benachteiligung von KindergeldbezieherInnen gegenüber Hartz IV vertuscht, dass Hartz IV das offizielle Existenzminimum darstellt. Je höher dieses ist, desto höher ist auch der steuerliche Grundfreibetrag und damit letztlich auch das Kindergeld. Kürzungen bei Hartz IV richten sich also auch gegen KindergeldbezieherInnen.
Die FTD weckt Hoffnungen. "Daraus (aus der Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags) ergibt sich auch die voraussichtliche Erhöhung des Hartz IV-Regelsatzes." Das ist schlichter Unsinn. Die Erhöhung des Hartz IV-Regelsatz hängt nicht vom steuerlichen Grundfreibetrag ab, sondern vom Rentenwert bzw. (bei Kindern) von den Prozentsätzen der jeweiligen Altersgruppen im Verhältnis zum Regelsatz eines Alleinstehenden. Die bevorstehende Kindergelderhöhung für alle macht es noch dringender, wenigstens die Regelsatzkürzungen bei Kindern im Hartz IV-Bezug sofort rückgängig zu machen. Die Altersgruppe zwischen 7 und 13 Jahren muss wieder 20 Prozent mehr bekommen als Vorschulkinder, also 253 Euro statt jetzt 211 Euro und die 14-17-Jährigen müssen wieder 90 Prozent des Eckregelsatzes bekommen statt 80 Prozent, also 316 Euro statt 281 Euro. (Kampagne "Kinderarmut durch Hartz IV", 04.10.2008)
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