Kündigung: Ist eine Abfindung auch in einem kleineren Betrieb möglich?

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Der Kündigungsschutz in Deutschland gilt nicht für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gleichermaßen. Wer in einem Kleinbetrieb gekündigt wird, hat in den meisten Fällen keinen Anspruch auf eine Abfindung. Doch es gibt Ausnahmen. Wir sprachen darüber mit dem Rechtsanwalt Christian Lange.

Auch in Kleinbetrieben nicht rechtlos

Das liegt auch daran, dass das allgemeine Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht greift. “Doch auch wenn der reguläre Kündigungsschutz nicht greift, müssen sich Betroffene nicht alles gefallen lassen”, betont Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Christian Lange aus Hannover.

Doch ab wann geht das Arbeitsrecht überhaupt von einem Kleinbetrieb aus?

Ab wann ist ein Betrieb ein Kleinbetrieb?

Von einem Kleinbetrieb spricht man immer dann, wenn weniger als 20 Mitarbeiter/innen in dem Unternehmen angestellt sind. Geschäftsführer und Auszubildende zählen nicht dazu.

Halbtags- oder Teilzeitbeschäftigte können mit dem Faktor 0,5 oder 0,75 gerechnet werden. Maßgeblich ist übrigens die tatsächliche durchschnittliche Arbeitszeit, nicht die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeit.

Arbeitet ein Arbeitnehmer also regelmäßig 32 Stunden pro Woche, obwohl er laut Arbeitsvertrag 25 Stunden beschäftigt ist, wird er mit dem Faktor 1,0 statt mit 0,75 berücksichtigt. Hier ein Beispiel::

Ein Beispiel: Die “Loswerden GmbH” zählt einen Geschäftsführer, 2 Auszubildende, 2 Halbtagskräfte (20 Stunden), eine Dreiviertelkraft und 6 Vollzeitkräfte.

Faktorenberechnung
Geschäftsführer Faktor 0
2 Auszubildende Faktor 0
2 Halbtagskräfte jeweils 0,5 also 1,0
1 Dreiviertelkraft 0,75
6 Vollzeitkräfte Faktor 6,0
Insgesamt Faktor 7,75

Betriebe unter 10 Mitarbeiter

Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten (Faktor kleiner als 10) fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz. Bis Ende 2003 lag diese Grenze sogar bei fünf oder weniger Beschäftigten.

“Sie gelten als Kleinbetriebe im Sinne des § 23 Kündigungsschutzgesetz”, sagt Lange. Das bedeutet, dass die Beschäftigten eines Kleinbetriebes nicht unter die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes fallen und dieses im Falle einer Kündigung keine Anwendung findet.

Die Kündigungsfristen können daher in Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten kürzer sein als in Betrieben mit mehr Beschäftigten. Sie dürfen jedoch nicht kürzer als vier Wochen sein.

Das Kündigungsschutzgesetz erschwert die Kündigung durch den Arbeitgeber, wenn Arbeitnehmer länger als sechs Monate in einem Betrieb beschäftigt sind. Sofern ihr Betrieb unter das Kündigungsschutzgesetz fällt, ist eine Kündigung nur zulässig, wenn sie auf betriebsbedingten, personenbedingten oder verhaltensbedingten Gründen beruht.

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Arbeitnehmer, die in einem Kleinbetrieb beschäftigt sind, sind im Falle einer Kündigung nicht völlig rechtlos. In bestimmten Fällen, die von einem versierten Rechtsanwalt zu klären sind, kann auch eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht erhoben werden. Denn auch für Kleinbetriebe gelten arbeitsrechtliche Regelungen.

Auch Arbeitgeber in Kleinbetrieben müssen die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten. So ist zum Beispiel eine sogenannte “außerordentliche Kündigung” nur in seltenen Fällen überhaupt möglich.

Eine Kündigung muss immer schriftlich erfolgen. Eine Kündigung per SMS, E-Mail oder auch WhatsApp reicht also nicht aus. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer die Kündigung im Original unterschrieben zustellen.

Gegen folgende Grundsätze darf der Arbeitgeber auch in kleinen Betrieben nicht verstoßen:

  •  Grundsatz von „Treu und Glauben“ § 242 BGB Der Arbeitgeber muss beim Ausspruch der Kündigung ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme beachten. Zwar muss er bei der Kündigung keine strenge Sozialauswahl treffen, er darf jedoch die sozialen Aspekte wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit oder Unterhaltspflichten des Gekündigten nicht gänzlich außer Acht lassen.
  • Maßregelverbot § 612 a BGB: Ein Arbeitgeber darf die Kündigung nicht als Strafe für berechtigte Ansprüche des Arbeitnehmers aussprechen.
  • Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG): Kann dem Arbeitgeber eine Diskriminierung im Sinne des Diskriminierungsverbotes des Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) nachgewiesen werden, so ist auch dann die Kündigung nicht anwendbar. Beispiele sind, wenn nachgewiesen werden kann, wenn die Kündigung aufgrund der ethnischen Herkunft, sexuellen Orientierung, des Geschlechts, Behinderung, der Religion, des Alters oder auch der Geschlechtsidentifikation  ausgesprochen wurde. Hier muss der Anwalt den Vorwurf und die Beweise genau sichten und auswerten.
  • Sonderkündigungsschutz: Ein besonderer Kündigungsschutz besteht für Auszubildende, Schwangere, Müttern kurz nach der Entbindung, Menschen mit Schwerbehinderungen und Mitarbeiter die dem Betriebsrates angehören. Diese Regeln gelten auch in kleinen Betrieben.
  • Sittenwidrigkeit der Kündigung:Eine Kündigung kann auch gegen die guten Sitten verstoßen, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt.

Fristlose Kündigung im Kleinbetrieb

Aber auch vor fristloser Kündigung ist ein Arbeitnehmer in einem Kleinbetrieb nicht geschützt. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) kann der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer fristlos kündigen, wenn ein so genannter „wichtiger Grund“ vorliegt. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitnehmer etwas entwendet hat und das Vertrauensverhältnis nicht mehr besteht.

Aber Vorsicht:
Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer innerhalb von zwei Wochen nach einem solchen Vorfall kündigen.
Will der Arbeitnehmer den Grund für die Kündigung wissen, muss er ihm eine schriftliche Begründung geben.

Bestandsschutzregelung bis 2003

Wie eingangs erwähnt, fielen bis 2003 Betriebe, die mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigten, unter das Kündigungsschutzgesetz. Diese Grenze hat der Gesetzgeber 2004 aufgehoben, d.h. für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis bereits vor 2004 bestand, gilt der sogenannte Bestandsschutz.

Kurz gesagt: Solange mehr als fünf dieser Arbeitnehmer in einem Betrieb beschäftigt sind, gilt für sie der gesetzliche Kündigungsschutz. Neue Kolleginnen und Kollegen genießen diesen Schutz leider nicht.

Trotzdem Abfindung möglich?

Um eine Abfindung zu erhalten, sollte in jedem Fall ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt zu Rate gezogen werden. Zu beachten ist auch, dass eine Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden muss. Nur in seltenen Fällen kann außerhalb dieser Frist gegen die Kündigung vorgegangen werden.

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