Hartz IV Reform: SPD wird aktuellen Plänen nicht zustimmen
Die SPD geht mit der Hartz-IV-Reform scharf in die Kritik. Ihre Partei wird den derzeitigen Regierungspläne einschließlich des Bildungspakets für Kinder in der vorliegenden Form nicht zustimmen können, erklärte SPD-Vize Manuela Schwesig am Montag nach einer Sitzung des Parteipräsidiums in Berlin.
Keine Zustimmung der SPD im Bundestag und Bundesrat
Schwesig betonte: „Die SPD wird sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat nicht zustimmen." Dieses klare Signal birgt für die Regierungskoalition aus CDU / CSU und FDP jedoch einige Brisanz. Denn die Neuregelung muss zum Beginn des nächsten Jahres in Kraft treten, um den Ansprüchen des Bundesverfassungsgerichtes gerecht zu werden, welches mit seinem Urteil die Reform überhaupt erst auf den Weg gebracht hatte. Da die Regierungsparteien im Bundesrat keine eigene Mehrheit haben, sind CDU / CSU und FDP auf die Zustimmung der SPD angewiesen, um die Neuregelung des ALG II in Kraft treten zu lassen.
Mindestlohn von 8,50 Euro zur Wahrung des Lohnabstandes
Auch der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) kritisierte die Bundesregierung und und warf ihr vor, immer mehr Menschen in Armut zu treiben. Manuela Schwesig äußerte zudem den Verdacht, die Regierungskoalition hätte die Referenzgruppen der Berechnung mutwillig „runter-gerechnet“, um mit einer Erhöhung von 5,- Euro auszukommen. Sie spielte damit unter anderem auf die Heranziehung von nur noch 15 Prozent der Einkommensskala anstatt 20 Prozent als Berechnungsgrundlage an. Auch die Vertreter der SPD sehen einen klaren Bedarf den Abstand des Einkommen zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen zu erhalten, dies funktioniere „aber nicht indem man die Sozialleistungen drückt". Denn wenn das ALG II – wie vorgesehen – nur den unbedingt notwendigen Bedarf der Empfänger deckt, so kann ein größerer Lohnabstand zu den Erwerbstätigen nur über eine Anhebung der Gehälter bzw. einen flächendeckenden Mindestlöhne von 8,50 pro Stunde gewährleistet werden. Von Seiten der SPD wurden die zeitgleichen Kürzungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktvermittlung, welche ALG II-Empfänger wieder in eine Arbeitsverhältnis vermitteln sollen, als besonders „zynisch" bewertet.
Menschen werden in Armut getrieben
Die Erhöhung des ALG II- Regelsatzes um 5,- Euro empfindet die SPD ebenso wie die Sozialverbände und Gewerkschaften als Kampfansage an alle Betroffenen und Kurt Beck spitze die Kritik in einem aktuellen Interview* auf die Fragen zu: "Was will die Bundesregierung? Immer mehr Menschen in die Armut treiben?" Beck warf den Regierungsparteien vor, mit ihrem Vorgehen den sozialen Frieden in Deutschland zu gefährden und erklärte zudem, dass die Zahlen, die der Neuberechnung des ALG II zugrunde lägen, für ihn nicht nachvollziehbar seien.
Bildungspaket für Kinder findet keine Unterstützung
Das vor der Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen stets betonte Bildungspaket Bildungspaket für Kinder von ALG II-Empfängern, findet in der SPD ebenfalls nur wenig Zustimmung. So verwies Manuela Schwesig darauf, dass die vorgesehenen 120 Euro pro Jahr für eine Mitgliedschaft in Vereinen oder Kurse an einer Musikschule realitätsfern seien. Gemeinsam mit der nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) fordert Schwesig daher mehr Investitionen in die Bildungsinfrastruktur, die allen Kindern zugute komme, anstatt des vorgelegten Bildungspaketes. Unterstützt wurde diese Forderung auch von SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, die im Gespräch mit „Deutschlandfunk“ dafür plädierte, verstärkt in Kindertagesstätten und Ganztagsschulen zu investieren, da diese gerade den Kindern von Geringverdienern nützen.Einer der wenigen Punkte dem auch die SPD ohne Bedenken zustimmen würde, ist das Vorhaben der Regierung, im Rahmen des Bildungspakets zwei Euro für eine warme Mahlzeit vorzusehen., wobei diese mangels Schulkantinen jedoch nur etwa 20 Prozent der Kinder zugute kommen würden.
SPD fordert Regierungskoalition zu Gesprächen auf
Hannelore Kraft forderte CDU / CSU und FDP dazu auf, sich mit der SPD an einen Tisch zu setzen, um über entsprechende Anpassungen der Reform zu beraten. Bisher hatte sich Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen konsequent gegen jegliche Veränderungen der jetzigen Pläne gewehrt, doch angesichts der Tatsache, dass ohne die Zustimmung der SPD im Bundesrat gar nichts geht, wird auch sie sich in den kommenden Tagen vermutlich Gesprächsbereiter zeigen. Spannend beleibt, ob die SPD eventuell zustimmen würde, wenn bestimmte Änderungen erfolgen und wenn ja, wie müssten diese Änderungen aussehen? Fest steht, dass auch die SPD aufgrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils unter einem gewissen Handlungsdruck steht. Und wer sich erinnert unter welcher Regierung Hartz IV eingeführt wurde, der mag erahnen wozu Handlungsdruck führen kann. (04.10.2010, gr)
*Interview mit der Zeitschrift „Super Illu
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