Aus dem ganzen Land berichten Hartz IV Beziehende, dass Jobcenter und andere Sozialbehรถrden fรผr ihre “Kunden” nicht erreichbar sind. Die Behรถrden mauern sich faktisch ein. Persรถnliches Vorsprechen ist fast nie mรถglich. “Das ist ein unhaltbarer Zustand und muss sofort geรคndert werden” mahnt deshalb Sozialrechtsexperte Harald Thomรฉ von Tacheles e.V.
Ohne digitale Endgerรคte wird die Antragstellung schwer und teuer
Gerade Menschen, die auf Hartz IV oder andere Sozialleistungen angewiesen sind, besitzen keinen Computer, Drucker, kein Geld fรผr Fotokopien, Guthaben fรผr Anrufe oder sogar Angst vor dem Jobcenter haben. “Sozialbehรถrden haben dafรผr Sorge zu tragen, dass Leistungsberechtigte โdie ihnen zustehenden Leistungen in zeitgemรครer Weise, umfassend und zugig erhaltenโ (ยง 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB I) Auch haben sie das Verwaltungsverfahren einfach, zweckmรครig und zรผgig zu gestalten (ยง 9 S. 2 SGB X)”, mahnt daher Thomรฉ in seinem Rundbrief.
Jobcenter mรผssen zugรคnglich sein
Zudem mรผssen die Jobcenter โdie zur Ausfรผhrung von Sozialleistungen erforderlichen sozialen Dienste und Einrichtungen rechtzeitig und ausreichend zur Verfรผgung stehenโ (ยง 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB I) und den Zugang immer “mรถglichst einfach” gestalten (ยง 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB I). Die Gebรคude der Sozialleistungsbehรถrden muss zudem “frei von Zugangs- und Kommunikationsbarrieren zu sein” (ยง 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB I).
Kundenfeindliche Jobcenter
Doch wie sieht es in Zeiten der Pandemie wirklich in den Jobcentern aus? Vielfach existieren keine geรถffneten Eingangszonen, in denen Leistungsberechtigte mit ihren Sachbearbeitern sprechen oder sich Antragsformulare abholen kรถnnten. Auch stehen keine Kopierer bereit, damit Antragsteller Unterlagen kostenfrei kopieren kรถnnten. Eine Eingangsbestรคtigung fรผr die Einreichung von Antrรคgen, kann oft ebenfalls stattfinden.
“Die Jobcenter, Sozialรคmter und sonstigen Sozialleistungstrรคger haben sich unverzรผglich wieder zu รถffnen! Viele benachteiligte Leistungsberechtigte gehen an den verschlossenen รmtern zugrunde. Hier ist das BMAS und die BA gefragt, aktiv zu werden, die Verbรคnde und Politik und Betroffenen vor Ort hier Druck zu machen. Die jetzige Situation ist nicht mehr akzeptabel und muss geรคndert werden”, klagt der Sozialexperte.
Infektionsschutz ist dennoch mรถglich
Zwar mรผssen und sollen sich Jobcenter vor einer Infektion mit dem Coronavirus ebenfalls schรผtzen. Dafรผr “gibt es doch Schutzvorrichtungen, die รผbrigens auch von anderen Behรถrden oder Einrichtungen genutzt werden”, so Thomรฉ. Bild: Bernd Kasper / pixelio.de
- รber den Autor
- Letzte Beitrรคge des Autors