Der anhaltende Lockdown ist für die Eindämmung der Corona-Pandemie notwendig. Home Schooling und Home Office stellen jedoch oft auch eine psychische Belastung dar, da Haushaltsmitglieder sich über lange Zeit auf engem Raum kaum aus dem Weg gehen können. Die häusliche Gewalt gegen Frauen und Kinder hat zugenommen. Die Notunterkünfte sind kapazitär überfordert.
Mehr als 30.000 Kinder und Frauen suchen jährlich Frauenhäuser auf
Genaue Zahlen sind nicht bekannt, denn es gibt keine zentrale Erfassung. Gleiches gilt für die Zahl der Schutzsuchenden, die wegen Platzmangel nicht aufgenommen werden können.
CORRECTIV hat in fünf Bundesländern Daten erhoben, die zeigen, wie überlastet die Frauenhäuser in der Corona-Krise sind.
In Nordrhein-Westfalen hatte jedes Schutzhaus nur an einem von sieben Tagen in der Woche freie Betten, neun konnten von November 2020 bis Ende Januar 2021 gar keine neuen Schutzbedürftigen aufnehmen. Gleiches gilt für sieben von 31 Schutzunterkünften in Hessen und zwei der zehn Frauenhäuser in mecklenburg-Vorpommern, sowie eines von 22 Frauenhäusern in Brandenburg. In Niedersachens waren dies 34 der 43 Frauenhäuser.
Insgesamt erreichen nur die Bundesländer Bremen und Berlin die Vorgabe des Europarates, pro 7.500 Einwohnern einen Frauenhausplatz zur Verfügung zu stellen. Bundesweit fehlen demnach etwa 4.000 Plätze. Noch immer fehlt ein bundesweites Konzept zur Zusammenarbeit von Kommunen, Ländern und Bund wie es das 2018 unterzeichnete Istanbul-Abkommen vorsieht.
Isolation, Geldsorgen, Stress, Gewalt – die Dunkelziffer ist riesig
Die Zahl der tatsächlichen Fälle häuslicher Gewalt ist viel größer. Insbesondere in der Corona-Pandemie fällt durch den Lockdown die Sozialkontrolle durch Bekannte, Freunde und andere Familienmitglieder weg.
Die Auswertung zeigt, dass mit den Lockdownphasen die Auslastung der Frauenhäuser anstieg. Während der Lockdowns selbst waren die Anfragen jedoch geringer, weil die Kontrolle der Partner über ihre Frauen und Kinder offensichtlich stärker war. Der Bayerische Rundfunk berichtete, dass das Münchener Kinderschutzhause während des Lockdowns wegen fehlender Nachfrage geschlossen wurde.
Das habe aber nichts mit sinkenden Fallzahlen zu tun, berichten die Mitarbeiterinnen, sondern mit häuslicher Kontrolle und Kontaktbeschränkungen, die auch den Gang zum Jugendamt oder anderen Hilfestellen erschwere. Auch der Rückgriff auf Hilfetelefone sei in diesem Kontext für die Betroffenen sehr schwierig.
Eine Studie der TU München ergab, dass etwa drei Prozent der Frauen während des Lockdowns im März 2020 Opfer häuslicher Gewalt wurden. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass die Fallzahlen aufgrund des anhaltenden Lockdowns weiter steigen. Bild: Tinnakorn / AdobeStock
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors