Im Fall Inge Hannemann lehnte Richterin Antrag auf Weiterbeschäftigung im Jobcenter ab
31.07.2013
Wie wir berichteten wurde am Dienstag, 30. Juli 2013 das Eilverfahren im Fall Inge Hannemann fortgesetzt. Die zwangsbeurlaubte Jobcenter-Mitarbeiterin hatte einen Antrag auf Weiterbeschäftigung gestellt. Doch das Arbeitsgericht Hamburg wies den Antrag heute Nachmittag zurück. Es sei Frau Hannemann nicht gelungen, „das Bestehen eines offensichtlichen Beschäftigungsanspruchs darzulegen“, heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Damit ist die Jobcenter-Mitarbeiterin weiterhin freigestellt. Die Hauptverhandlung findet nun am 14. August statt.
Inge Hannemann ist weiterhin suspendiert
„Die Richterin war sehr nervös und in meinen Augen erneut nicht den Blick auf die eigentliche Problematik gerichtet. Und diese lautet: ich wurde aufgrund meiner öffentlichen Kritik über Hartz IV auf meinem Blog freigestellt. Ihr Blick: Arbeitnehmerin stresst rum und sollte doch das Angebot der Stadt Hamburg annehmen, wo und wie ist egal. Ein Politikum sieht sie wohl weiterhin nicht“, schrieb Inge Hannemann noch vor Bekanntgabe der Entscheidung des Gerichts auf der Plattform „Facebook“. Überrascht dürfte die couragierte Jobcenter-Mitarbeiterin demnach nicht gewesen sein, als sie von der Entscheidung erfuhr: Frau Hannemann ist weiterhin zwangsbeurlaubt.
Wie das Gericht mitteilte, halte das Jobcenter eine Weiterbeschäftigung der Arbeitsvermittlerin für unzumutbar. Mit ihrem Verhalten – Frau Hannemann kritisiert öffentlich Missstände in den Jobcentern und berichtet darüber in ihrem privaten Blog – störe sie den Betriebsfrieden. Die suspendierte Jobcenter-Mitarbeiterin stütze ihre Äußerungen dagegen auf das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung, erklärte das Gericht. Sie bewege sich ihrer Ansicht nach im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen. Die Behörde habe Frau Hannemann vorgeworfen, „vorsätzlich gegen die gesetzlichen Bestimmungen bei der Betreuung der Kunden des Jobcenters“ verstoßen zu haben, teilt das Gericht in seiner Pressemitteilung zu dem Fall mit.
Bisherige Verfahren reichen nicht aus
Die 15. Kammer des Arbeitsgerichts Hamburg lehnte den Antrag auf Weiterbeschäftigung ab und begründete ihre Entscheidung damit, dass es Frau Hannemann nicht gelungen sei, „das Bestehen eines offensichtlichen Beschäftigungsanspruchs darzulegen. Die vom Jobcenter vorgetragenen Rechtsverletzungen, die sie bei der Arbeit begangen haben soll, sind von ihr nicht entkräftet worden.“
„Das Gericht bemängelt nicht meine Kritik am System, sondern nur die bisher nicht entkräfteten Beschuldigungen JC team.arbeit.hamburg arbeitstechnisch meiner Person. Da diese bisher nicht Bestandteil des Verfahrens waren, sondern neu durch JC platziert wurden, konnte keine Entkräftung stattfinden. Das Gericht sieht erneut, dass die bisherigen Verfahren nicht ausreichen. Aus diesem Grund das Hauptverfahren“, kommentiert Frau Hanneman die Entscheidung des Gerichts auf „Facebook“. „Ich bin zufrieden.“
Katja Kipping, Bundesvorsitzende der Linkspartei, unterstützte Hannemann mit zahlreichen Unterstützern vor Ort. „Inge Hannemann ist eine mutige Frau, eine Rebellin gegen Sanktionen des Hartz IV-Systems. Dafür soll sie nun selbst sanktioniert werden“, erklärte Kipping. „Wer glaubt, der Fall Hannemann sei ein rein arbeitsrechtliches Verfahren, der irrt. Verhandelt wird nicht nur ein Arbeitsrechtsprozess, öffentlich diskutiert wird hier auch das Sanktionssystem gegen Erwerbslose und insofern wird dieses Verfahren mehr und mehr zu einem Politikum.“ Im vergangenen Jahr sei ein trauriger Rekord beim Verhängen von Sanktionen erreicht worden. Insgesamt seien Hartz IV-Bezieher 1.025 000 mal sanktioniert worden. „Weit mehr als Zweidrittel aller Sanktionen – 69 Prozent – gehen auf Meldeversäumnisse zurück. Sanktionen meint, dass das ohnehin zu niedrige Arbeitslosengeld II gekürzt wird. Für die Betroffenen bedeutet das existenzielle Not, befördert Existenzangst.“ (ag)
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