Inflation, steigende Mieten und andere Faktoren sorgen dafür, dass das Leben immer teurer wird. Deswegen steigt auch das Existenzminimum regelmäßig – und die Hartz 4-Sätze werden immer wieder daran angepasst. Die letzte Erhöhung gab es zum 01.01.2019. Hier lesen Sie, was sich 2019 ändert – von den Regelsätzen bis zum Geld für Schulessen. Ob und wann 2020 Erhöhungen kommen, steht noch nicht fest.
Wie viel Hartz 4 bekommen Sie 2019?
Wenn Sie Hartz 4-berechtigt sind, bekommen Sie Geld für Ihre Wohnung und zusätzlich einen festgelegten Betrag zum Leben. Der entspricht dem gesetzlich festgelegten Existenzminimum. 2019 gibt es eine etwas größere Erhöhung als in den vergangenen Jahren: Sie können sich pro Person über immerhin fünf bis acht EUR oder 1,9 % mehr Geld im Portemonnaie freuen.
Personengruppe | Regelsatz 2018 | Regelsatz 2019 | Erhöhung um |
Alleinstehende | 416 EUR | 424 EUR |
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Volljährige Partner | 374 EUR | 382 EUR |
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Erwachsene Kinder unter 25, die noch zu Hause wohnen* | 332 EUR | 339 EUR |
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Kinder zwischen 14 und 18 | 316 EUR | 322 EUR |
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Kinder zwischen 6 und 13 | 296 EUR | 302 EUR |
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Kinder unter 6 | 240 EUR | 245 EUR |
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* Diesen Satz bekommen auch erwachsene behinderte Menschen, die in stationären Einrichtungen leben, und unter 25-jährige, die ohne Erlaubnis des Jobcenters von zu Hause ausgezogen sind.
Was soll ich mit dem Regelbedarf bezahlen?
ALG wird II als Pauschale gezahlt. Darin sind zwar Ausgaben für bestimmte Lebensbereiche vorgesehen, aber wofür Sie wie viel Geld ausgeben, bleibt Ihnen selbst überlassen. Im Regelsatz ist kein Geld für Schnittblumen vorgesehen. Aber wenn Sie Blumen lieben, verbietet Ihnen niemand, dafür 20 EUR im Monat auszugeben. Das Geld müssen Sie dann eben in anderen Bereichen einsparen.
Über Regelsätze wird festgesetzt, welche Beträge für welchen Bereich vorgesehen sind, doch im Alltag reicht es aus zu wissen, dass Sie von Ihrer Regelleistung folgende Bereiche bezahlen müssen:
- Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke
- Freizeit, Unterhaltung, Kultur
- Nachrichtenübermittlung
- Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung
- Bekleidung, Schuhe
- Verkehr
- Andere Waren und Dienstleistungen
- Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände
- Gesundheitspflege
- Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen
- Bildung
Für größere Anschaffungen müssen Sie aus der Regelleistung Rücklagen anlegen. Wenn also Ihre Waschmaschine nach 15 Jahren kaputt geht, übernimmt das Jobcenter nicht die Kosten für eine neue Maschine, sondern verweist Sie auf Ihre Rücklagen. Kosten für Haushaltsgeräte sind schließlich in der Regelleistung enthalten. Mit Glück bekommen Sie in so einem Fall ein Darlehen vom Jobcenter.
Zusätzliche Verbesserungen für Kinder und Jugendliche
2019 gibt es also wie in den vergangenen Jahren ein bisschen mehr Geld. Selbst der Arbeitsminister der SPD, also der Mann, dessen eigenes Ministerium die Änderungen beschlossen hat, gibt zu: “Das sind natürlich keine Beträge, die irgendwie jemanden glücklich machen.” Immerhin gibt es aber ein paar zusätzliche Verbesserungen für arme Familien. Konkret verbessern sich hier die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket. Das bedeutet im einzelnen:
- Kosten für Schulbeförderung werden komplett übernommen
- Kosten für Schulessen werden komplett übernommen
- Für Schulbedarf gibt es jetzt 150 EUR pro Schüler (früher waren es 100 EUR) jährlich
- Antragstellung soll vereinfacht werden.
Diese Änderung kann je nach der persönlichen Situation leicht 60 EUR extra im Monat pro Kind bedeuten. Gerade die Leistungen für Kinder wurden in der Vergangenheit immer wieder als unzureichend kritisiert. Hier sind endlich mal gute Nachrichten für arme Familien.
Der Blick zurück: Die wichtigsten Hartz 4-Reformen der letzten Jahre
Seit 2005 gibt es das Konstrukt Hartz 4 jetzt schon. Anpassungen, Ergänzungen und Veränderungen daran gibt es fortwährend – so dass die Jobcenter oft selbst nicht wissen, nach welchen Regeln sie was entscheiden und die Hartz 4-Betroffenen leicht ganz den Überblick verlieren. Sämtliche Änderungen versucht die Politik, als Verbesserungen zu verkaufen. Für die Betroffenen bedeuten sie meistens Verschlechterungen. Einige Änderungen, die besonders herausstechen:
- 2011 wurde beschlossen, dass Elterngeld voll auf Hartz 4 angerechnet wird. Das kostet junge Eltern mindestens 300 € monatlich.
- Bis 2011 erhielten ehemalige ALG I-Empfänger – befristet einen Zuschlag auf ihr Hartz 4. Der wurde ersatzlos gestrichen.
- 2011 wurde das Bildungs- und Teilhabepaket verabschiedet. Das Paket umfasste eigentlich Verbesserungen für Familien. Weil es kompliziert und schwer zu beantragen war, wurde es aber kaum genutzt.
- 2016 wurden strengere Sanktionsregeln für Hartz 4-Betroffene beschlossen. Wer einen Job “ohne wichtigen Grund” nicht annimmt, oder den Verlust seiner Arbeitsstelle angeblich selbst verschuldet, wird seitdem bestraft.
Der Blick nach vorn: Pilotprojekt “solidarisches Grundeinkommen”
Für etwa 1.000 Hartz 4-Betroffene in Berlin startet das sogenannte “solidarische Grundeinkommen.” Die Leute bekommen ein Grundeinkommen, das etwa 230 EUR über dem Hartz 4-Satz liegt. Gleichzeitig sollen sie sozialversicherungspflichtige in Jobs in kommunalen Unternehmen mit Landesmindestlohn vermittelt werden. Die Abmachung ist freiwillig und wird mit keinerlei Sanktionen bestraft, wenn Hartz IV Beziehende das Angebot ablehnen. Gearbeitet wird in Vollzeit und die Arbeitsplätze sind unbefristet. Die Arbeitsplätze sind Stellen, die bislang nicht bezahlt wurden oder schlichtweg offen sind.
Hartz IV ohne Sanktionen- aber mit Job
Das Ganze ist also ein Beschäftigungsprojekt, bei dem die Teilnehmer absagen dürfen, kein Grundeinkommen, wie es sich viele wünschen. Hartz 4-Kritiker wie der Armutsforscher Christoph Butterwegge sagen entsprechend auch, das Projekt sei „keine Alternative zu Hartz IV, sondern ein Ausweg für wenige Betroffene.“ Bleibt nur zu hoffen, dass das Hartz 4-System bald abgelöst wird. Vielleicht ja von einem echten Grundeinkommen.
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