Solidaritäts-Grundeinkommen statt Hartz IV – Berlin startet neue Alternative

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Hartz IV ohne Strafen- aber mit Jobs im öffentlichen Bereich

Am kommenden Samstag (1.Juli) startet erstmals das Pilotprojket “Solidarisches Grundeinkommen” in Berlin. Das Projekt soll aufzeigen, dass auch Alternativen zu Hartz IV existieren und umsetzbar sind. Der Hauptausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses hat am Mittwoch die benötigten Gelder mit den Stimmen von SPD, Grünen und LINKEN freigegeben. „Arbeit schaffen anstatt Arbeitslosigkeit zu verwalten, nichts weniger ist der Anspruch des Solidarischen Grundeinkommens“, erklärte der Sprecher für Arbeit der SPD-Fraktion, Lars Düsterhöft.

Statt Hartz IV sollen zunächst als Pilotprojekt 1000 Hartz IV Beziehende statt Arbeitslosengeld II ein Grundeinkommen erhalten. Zudem sollen sozialversicherungspflichtige Jobs in kommunalen Unternehmen mit Landesmindestlohn vermittelt werden. Die Abmachung ist freiwillig und wird mit keinerlei Sanktionen bestraft, wenn Hartz IV Beziehende das Angebot ablehnen. Gearbeitet wird in Vollzeit und die Arbeitsplätze sind befristet. Die Arbeitsplätze sind Stellen, die bislang nicht bezahlt wurden oder schlichtweg offen sind.

Unlängst hatte der regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) umfassende Änderungen am Hartz IV System gefordert. Damit hatte er eine Diskussion über Hartz IV entfacht und stieß auch innerhalb der Partei auf Widerstände. Mit dem aktuellen Modell will Müller aufzeigen, dass es Alternativen zum Sanktionsregime gibt. Berlin erhält für das Solidarische Grundeinkommen Modell keinerlei finanzielle Unterstützung seitens der Bundesagentur für Arbeit, die dem Projekt skeptisch gegenüber steht. Denn der riesige Apparat der BA, der am meisten Gelder verschlingt, steht somit zur Disposition.

Ohne Sanktionen öffentliche Jobs

Eine Arbeitsgruppe hatte rund 80 unterschiedliche Jobs in Kommunen, städtischen Einrichtungen und Trägern mit spezifischen Bedingungen zu konzipiert. Es dürfen keine bislang bereits vorhandenen Stellen verdrängt werden. Die eingesetzte Arbeitsgruppe arbeitete bis zuletzt hinter den Kulissen an den letzten Konkretisierungen und sprach mit jeweiligen Arbeitsagenturen.

40.000 Menschen sollen derzeit hierfür in Frage kommen. Allerdings sei das Projekt zunächst auf 1000 Probanden beschränkt. Zunächst wolle man mit 250 Bürger beginnen. Vorbedingung ist, dass alle seit vielen Jahren keinen Job mehr hatten. Andere stehen an der Schwelle von Hartz IV, weil sie auch im Jahr des ersten Arbeitslosengeld- Jahres keinen Arbeitsplatz mehr fanden. Durch die Reform sollen die Betroffenen etwa 234 EUR mehr Geld im Monat zur Verfügung haben, als zuvor mit Hartz IV.

Das Land Berlin wird mit dem Projekt etwa 38,7 Millionen Euro zahlen müssen, da der Bund es abgelehnt hat, das Projekt finanziell zu unterstützen. „Ich denke, wir können mit unserem Pilotprojekt beweisen: die Maßnahmen ergänzen sich auf dem Weg zu einem neuen Sozialstaatsverständnis, mit dem wir Hartz IV ersetzen“, sagte Müller gegenüber der „Berliner Zeitung“.

Eine Übernahmegarantie für den öffentlichen Dienst soll es allerdings für die Teilnehmer nicht geben. Doch es soll versucht werden, die einegsetzten Kräfte zu übernehmen, auch an anderer Stelle.

Kritik von Hartz IV Kritikern

Der Politikwissenschaftler und Hartz IV Kritiker Christoph Butterwegge nannte das Projekt einen „Schritt voran“. Jedoch sei die „öffentlich geförderte Beschäftigung“, wie der Armutsforscher Müllers Idee bezeichnet, „keine Alternative zu Hartz IV, sondern ein Ausweg für wenige Betroffene.“ Das gesamte Hartz IV System muss überwunden werden, so die Forderung des Experten.

Kritik von der FDP

Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Florian Swyter, kritiserte am Donnerstag gegenüber der BZ: „Das solidarische Grundeinkommen ist und bleibt nicht zielführend. Es ist teuer, da es sich um steuerfinanzierte Beschäftigungen im zweiten Arbeitsmarkt handelt und es bleibt die Frage im Raum, wie es denn Arbeitslosen helfen soll.“ Es sei nach Meinung des Politikers wichtiger, die Menschen in den ersten Arbeitsmarkt zu integrieren. Das Grundeinkommen-Konzept sei danach ausgerichtet, die Menschen “aufs Abstellgleis” zu führen. Freilich wirbt aber ein Teil der Bundes-FDP auch für ein Grundeinkommen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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