Bald Rechtsfreiheit bei den Unterkunftskosten?

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Hartz IV: Kommunen fordern totale Rechtsfreiheit bei der Angemessenheit der Unterkunftskosten

Wie aus Unterlagen hervor geht, die der Sozialrechtler Harald Thomรฉ auf seiner Internetseite verรถffentlicht hat, bereitet die ASMK Arbeitsgruppe der Bundeslรคnder im Geheimen gravierende ร„nderungen bei den gesetzlichen Regelungen der Unterkunftskosten vor. Die Forderungen, die dort von den Kommunen formuliert wurden, jagen jedem einen Schauer des Entsetzens รผber den Rรผcken, der auf ALG II, Sozialhilfe oder Grundsicherung angewiesen ist.

Gefordert wird ganz konkret, der Gesetzgeber soll klare Vorgaben zur Datenerhebung und Berechnung der Angemessenheit der Unterkunftskosten machen, den Kommunen aber in Form einer Ausnahmeregelung freistellen, sich nicht an diese Vorgaben halten zu mรผssen. Und der Gesetzgeber soll verhindern, dass die von den Kommunen festgelegten Angemessenheitsgrenzen gerichtlich รผberprรผft und angefochten werden dรผrfen. D.h. die Kommunen fordern einen rechtsfreien Raum fรผr die Angemessenheit der Unterkunftskosten.

Damit wรผrde nicht nur die bisher unzulรคssige Berechnungspraxis der Kommunen nach Haushaltslage legitimiert, sowie die Rechtsprechung des BSG zu menschenwรผrdigem Wohnen sozial Bedรผrftiger ad absurdum gefรผhrt. Auch das verfassungsmรครŸige Grundrecht auf Wohnen wรผrde mit dem geforderten Klageverbot faktisch abgeschafft.

Angesichts dessen, dass damit auch die im Jahr 2011 mit ยง 55a SGG eingefรผhrte Rechtsgrundlage zur Prรผfung von KdU-Satzungen wieder abgeschafft wรผrde, bedeutet dies auch einen erheblichen Rรผckschritt in der Rechtsentwicklung.

Begrรผndet werden diese Forderungen damit, dass die Umsetzung der Vorgaben des Bundessozialgerichts zum sog. schlรผssigen Konzept in der Praxis sehr aufwendig wรคre. Fakt ist: jeder Gymnasiast verfรผgt รผber die mathematischen Kenntnisse, die dazu erforderlich sind. Der Rest sind simple Datenerhebungen.

Das tatsรคchliche Problem dabei ist: das schlรผssige Konzept des BSG erlaubt keine MutmaรŸungen und auch keine Schรถnrechnungen der Ergebnisse und erfordert alle 2 Jahre eine Neuberechnung. Genau das stinkt den Kommunen seit Jahren, die immer wieder vor den Gerichten scheitern, weil sie die Angemessenheit nach Haushalts- statt Faktenlage festlegen.

Die Kommunen fordern hier nun mit Nachdruck mehr โ€žkommunale Gestaltungsspielrรคumeโ€œ, was nichts Anderes heiรŸ, als die Legitimierung und rechtliche Unangreifbarkeit der bisher bei der Festlegung der Angemessenheit praktizierten Willkรผr. Das ist nicht weniger als die Zementierung von Unrecht! Wir fordern hiermit alle auf, sich gegen diese menschenverachtenden und anti-rechtsstaatlichen Forderungen auszusprechen! (fm) (ASMK: Arbeits- und Sozialministerkonferenz; BSG: Bundessozialgericht; KdU: Kosten der Unterkunft und Heizung; SGG: Sozialgerichtsgesetz)