Der Bundestag berät derzeit das Zweite Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG II). Ziel ist es, die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung (bAV) – besonders auch in kleineren, nicht tarifgebundenen Unternehmen – spürbar zu erhöhen und Sozialpartnermodelle zu öffnen und zu vereinfachen.
Am 10. November 2025 fand hierzu eine öffentliche Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales statt. Parallel verhandelt die Koalition das „Rentenpaket 2025“ zur Stabilisierung des Rentenniveaus.
Die Warnung der Rentenversicherung
In ihrer schriftlichen Stellungnahme zur Anhörung unterstützt die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) zwar das Ziel stärkerer bAV-Verbreitung, kritisiert aber die finanzielle Konstruktion vieler Sozialpartnermodelle, die „zu einem wesentlichen Teil“ auf Entgeltumwandlung beruhe. Nach DRV-Zahlen nutzen bereits rund 20 % der Beschäftigten in der Privatwirtschaft Entgeltumwandlung.
Würde die beitragspflichtige Lohnsumme infolge erweiterter Opt-out-Modelle nur um 1 % sinken, fehlten der gesetzlichen Rentenversicherung rund 3 Mrd. € an Pflichtbeiträgen (Wertbasis 2025). Das dämpfe nicht nur individuelle Rentenanwartschaften, sondern verlangsamt auch den Anstieg des aktuellen Rentenwerts – mit Folgen für alle Versicherten und Rentner, auch jene ohne Entgeltumwandlung.
Außerdem fallen aus geringeren beitragspflichtigen Einkommen niedrigere Leistungen bei Kranken-, Arbeitslosen- und Übergangsgeld an. Die DRV rät daher davon ab, bAV-Wachstum „zu Lasten der Versichertengemeinschaft“ über mehr Entgeltumwandlung zu organisieren.
Was der Gesetzentwurf ändert
Der Regierungsentwurf öffnet Sozialpartnermodelle breiter – auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber – und erleichtert Opt-out-Lösungen (automatische Entgeltumwandlung), sofern sich Arbeitgeber finanziell „besonders“ beteiligen.
Außerdem werden Abfindungsregeln für Kleinstanwartschaften flexibilisiert und die bAV-Förderung für Geringverdienende dynamisiert. Damit soll die zweite Alterssicherungssäule gestärkt und die Teilnahmequote erhöht werden.
Befürworter sehen Chancen – aber Detailkritik bleibt
Arbeitgeber- und Branchenverbände begrüßen BRSG II grundsätzlich als Schritt zu mehr Verbreitung und Effizienz der bAV, verweisen aber auf offenen Nachsteuerungsbedarf (u. a. bei Anschlussmöglichkeiten, Abfindungsgrenzen, Bürokratie).
Fachportale und Beratungshäuser heben die neuen Wege in § 24 BetrAVG-E hervor, die einen leichteren Anschluss an bestehende Modelle erlauben.
Entgeltumwandlung: Was Beschäftigte wissen sollten
Bei der Entgeltumwandlung wandeln Arbeitnehmer Teile ihres Bruttolohns in bAV-Beiträge um. Bis zu 4 % der jährlichen BBG in der Rentenversicherung sind sozialversicherungsfrei; bis zu 8 % sind steuerfrei (die zweite Hälfte nicht SV-frei). Für 2025 entspricht das 3.864 € jährlich (monatlich 322 €) SV-frei; weitere 3.864 € sind zusätzlich steuerfrei.
Das reduziert heute Nettoabgaben, senkt aber die beitragspflichtige Bemessungsgrundlage – mit spürbaren Effekten auf spätere Rentenpunkte und die Höhe anderer Lohnersatzleistungen.
Einordnung: Drei-Säulen-Logik, echte Trade-offs
Politisch soll BRSG II die Zweite Säule stärken, während das Rentenpaket 2025 die Erste Säule stabilisiert. Aus Versichertensicht bleibt es ein Abwägungsgeschäft: bAV per Entgeltumwandlung kann sich netto kurzfristig lohnen, kostet aber gesetzliche Rentenanwartschaften und kann soziale Sicherungen (z. B. Krankengeldhöhen) mindern.
Der konkrete Effekt hängt von Einkommen, Arbeitgeberzuschüssen, Förderberechtigung (z. B. § 100 EStG) und dem Produkt ab. Die DRV mahnt deshalb: bAV-Ausbau ja, aber nicht primär über SV-freie Entgeltumwandlung.
Ausblick
Der Ausschuss wertet die Anhörung aus; Änderungen am Entwurf sind möglich. Tritt BRSG II in überarbeiteter Form in Kraft, dürfte es ab 2026 wirken. Bis dahin bleibt entscheidend, wie Opt-out-Modelle, Arbeitgeberzuschüsse und Förderlogik austariert werden – damit bAV-Zuwächse nicht durch Lücken in der gesetzlichen Rente erkauft werden.
Quellenhinweise: Offizielle Gesetzes- und Anhörungsunterlagen, Stellungnahmen und Fachinformationen wurden für diesen Beitrag ausgewertet, u. a. DRV-Stellungnahme (Ausschussdrucksache 21(11)46), Bundestag/Ausschuss-Bericht, BMAS/BMF-Seiten sowie Fachzusammenfassungen zu BRSG II und Rechengrößen 2025.




