Hartz IV Regelsatz wird um 28,99 Euro gekürzt

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Hartz IV: so haben Leyen, Merkel und Westerwelle beim Regelsatz getrickst – Teil 2

Auf der Seite des Bundesarbeitsministerium sind die Hartz IV Berechnungsgrundlagen für den ALG II Regelsatz veröffentlicht worden. Die Bundesregierung hat demnach, gegenüber der EVS 2003, insgesamt 28,99 Euro gekürzt. Zudem gibt die Bundesregierung darin zu, die Regelsätze nicht nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes berechnet zu haben.

Die Regelsätze für Erwachsene
Auf der Seite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hat die Bundesregierung ihre Berechnung und Herleitung der ALG II-Regelsätze veröffentlicht.So hat die Bundesregierung gerechnet.

Abteilung 1 und 2 (Nahrungsmittel, Getränke, Tabakwaren)
Ausgaben für Tabakwaren und Alkohol wurden nicht mehr berücksichtigt, Begründung: dabei handele es sich um legale Drogen, die jedoch nicht zum Grundbedarf gehören. Alle weiteren erhobenen Ausgaben wurden 1:1 übernommen.
Das entspricht einer Regelsatzkürzung von 16,14 Euro.

Abteilung 3 (Bekleidung und Schuhe)
Hier wurden die erhobenen Ausgaben 1:1 übernommen.

Abteilung 4 (Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung)
Die dort nicht übernommen Ausgaben sind tatsächlich durch die Unterkunftskosten des SGB II abgedeckt.
Die erhobenen Ausgaben für Warmwasser betragen 3,08 Euro/Monat. Es bleibt abzuwarten und wird mit Sicherheit spannend, wie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) ab 2011 den Warmwasserabzug von (bisher) 6,47 Euro/Monat begründet.

Abteilung 5 (Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände)
Entgegen der Behauptung der Bundesregierung, Kosten für Reparaturen und Ersatzanschaffungen von Möbeln und Haushaltgeräten wären im Regelsatz enthalten, betragen die Positionen:
– Kühlschränke, Gefrierschränke und -truhen,
– Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspül- und Bügelmaschinen,
– Reparaturen an Glaswaren, Geschirr,
und anderen Gebrauchsgegenständen für die Haushaltsführung,
– Reparatur von Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Bodenbelägen,
– Reparaturen an Haushaltsgeräten,
jeweils 0,00 Euro. Eine Begründung dafür wurde nicht geliefert.
Diese Kosten wurden im BSHG zusätzlich erbracht und sollen angeblich im Regelsatz enthalten sein und aus diesem bestritten werden.
In der EVS 2003 waren diese noch mit regelsatzrelevanten Anteilen von:
– Kühlschränke, Gefrierschränke und -truhen: 1,38 Euro,
– Waschmaschinen, Wäschetrockner, Geschirrspül- und Bügelmaschinen: 1,53 Euro,
– Reparaturen an Glaswaren, Geschirr und anderen Gebrauchsgegenständen für die Haushaltsführung: 0,13 Euro,
– Reparatur von Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Bodenbelägen. 0,17 Euro,
– Reparaturen an Haushaltsgeräten: 0,59 Euro,
enthalten. Das entspricht einer Regelsatzkürzung von 3,80 Euro, zwischenzeitliche Preiserhöhungen in diesem Bereich nicht einberechnet.

Abteilung 6 (Gesundheitspflege)
Nicht berücksichtigt wurden hier die auch von Arbeitslosen zu zahlenden Eigenanteile beim Zahnersatz und beim Material für zahnärztliche Versorgung, in der EVS 2008 i.H.v. 4,13 Euro enthalten. Diese Kosten sind, entgegen der Begründung der Bundesregierung für diese Kürzung, eben nicht von den Leistungen der Krankenkassen abgedeckt.
In der EVS 2003 waren diese Kosten noch mit einem regelsatzrelevanten Anteil von 2,21 Euro enthalten. Das entspricht einer Regelsatzkürzung von 4,13 Euro.

Abteilung 7 (Verkehr)
Nicht mehr enthalten sind hier die Ausgaben für den Kauf von Fahrrädern, diese waren in der EVS 2003 noch mit regelsatzrelevanten Anteilen von 0,67 Euro enthalten. Eine Begründung dafür wurde nicht geliefert. Das entspricht einer Regelsatzkürzung von 0,67 Euro, zwischenzeitliche Preiserhöhungen in diesem Bereich nicht einberechnet.

Abteilung 8 (Nachrichtenübermittlung)
Hier wurden die erhobenen Ausgaben 1:1 übernommen.

Abteilung 9 (Freizeit, Unterhaltung, Kultur)
Die Position „Schnittblumen und Zimmerpflanzen“ wird nicht mehr berücksichtigt, da sie lt. Begründung nicht zum erforderlichen Grundbedarfgehört. Diese war in der EVS 2003 noch mit regelsatzrelevanten Anteilen von 3,64 Euro enthalten. Das entspricht einer Regelsatzkürzung von 3,64 Euro, zwischenzeitliche Preiserhöhungen in diesem Bereich nicht einberechnet. Weiterhin nicht berücksichtigt, weil lt. Bundesregierung nicht relevant, sind die Ausgaben für Haustiere. Ebenfalls nicht berücksichtigt werden die Ausgaben für „Reparaturen und Installationen von langlebigen Gebrauchsgütern und Ausrüstungen für Kultur, Sport, Camping und Erholung“, denn für diese sind keine Beträge angegeben, obwohl die Bundesregierung im Weiteren in ihrer Begründung behauptet, dass diese Position regelsatzrelevant sei und deshalb berücksichtigt würde. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden Kosten für Reisen, jedoch ohne Begründung.

Abteilung 10 (Bildung)
Die dort nicht übernommen Ausgaben sind durch Leistungen des SGB VIII und II abgedeckt. Alle weiteren erhobenen Ausgaben wurden 1:1 übernommen.
Jedoch ist die einzige damit berücksichtigte Ausgabe „Gebühren für Kurse u. ä.“ i.H.v. 1,39 Euro.

Abteilung 11 (Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen)
Kosten für Übernachtungen werden als nicht regelsatzrelevant angesehen. Die Begründung dafür lautet, dass solche Kosten nur bei Urlaub entstehen und Urlaub nicht existenznotwendig ist. Diese Begründung dürfte unter der Maßgabe des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG), das auch gewisses Maß der Teilhabe am öffentlichen Leben zur Existenzsicherung gehört, nicht haltbar sein. Ausgaben für auswärtige Verpflegung wurden nur mit einem Anteil von 28,5% als regelsatzrelevant übernommen, begründet mit der Kostenstrukturstatistik des Statistischen Bundesamtes. In der EVS 2003 Betrug dieser Anteil noch 33%.

Abteilung 12 (Andere Waren und Dienstleistungen)
Kosten für sonstige Dienstleistungen, in der EVS 2008 i.H.v. 2,44 Euro enthalten, werden nicht mehr berücksichtigt. Eine Begründung dafür wird nicht genannt. In der EVS 2003 wurden diese noch mit einem regelsatzrelevanten Anteil von 25% berücksichtigt, dass entspricht einer Regelsatzkürzung von 0,61 Euro. Stattdessen hat die Bundesregierung unter dieser Position einen Betrag i.H.v. 0,25 Euro pro Monat für die Kosten des neuen Personalausweise eingefügt. Anhand der vom Bundesministerium des Innern veröffentlichten Gebührenverordnung kostet dieser Ausweis mind. 28,80 Euro, d.h. ein ALG II-Bezieher muss 116 Monate! sparen, das sind fast 10 Jahre, um diesen Ausweis bezahlen zu können. Eine Farce.

Unter dem Strich ergibt sich eine Regelsatzkürzung i.H.v. 28,99 Euro.
D.h. der Regelsatz für Alleinstehende müsste, ohne diese gegenüber der EVS 2003 vorgenommenen Kürzungen, nicht 361,81 Euro sondern 390,80 Euro, gerundet 391 Euro betragen. Partner erhielten danach 90% = 352 Euro. Stattdessen erhalten ALG II-Empfänger 364 Euro (Alleinstehende), bzw. 328 Euro (Partner). (fm, 30.09.2010)

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