BSG-Urteil: Künstlersozialversicherung trotz nicht-künstlerischer Aufträge

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Sozialschutz zu Beginn künstlerischer Selbstständigkeit erleichtert

Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat die soziale Absicherung beim Einstieg in eine selbstständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit erleichtert. Nach einem am 4. Juni 2019 verkündeten Urteil muss die Künstlersozialkasse (KSK) Künstler und Publizisten auch dann aufnehmen, wenn zu Beginn einer solchen Tätigkeit selbstständige Einkünfte aus anderen Bereichen überwiegen (Az.: B 3 KS 2/18 R).

Die KSK sorgt für die gesetzliche Sozialversicherung freiberuflicher Künstler und Publizisten. Diese entrichten Beiträge entsprechend ihrem eigenen Einkommen. Statt des bei Arbeitnehmern üblichen Arbeitgeberanteils zahlen hier die Auftraggeber Beiträge ein. Voraussetzung ist, dass der Selbstständige mit einer solchen Tätigkeit auch mehr als geringfügige Einkünfte erzielt.

Die Untergrenze liegt bei 3.900 Euro im Jahr beziehungsweise 325 Euro im Monat. Berufsanfänger werden drei Jahre lang aber auch dann versichert, wenn sie dies zunächst noch nicht erreichen aber absehbar erreichen können. Das BSG entschied nun, dass Aufträge und Einkünfte aus anderen Bereichen dann nicht schädlich sind.

Die Klägerin hatte als wissenschaftliche Lektorin und Redakteurin an einer Universität gearbeitet, war dann aber arbeitslos. Im Anschluss an den Bezug von Arbeitslosengeld machte sie sich als freie Publizistin selbstständig und beantragte die Mitgliedschaft bei der KSK. Sie gab an, sie wolle 70 Prozent ihrer Einkünfte durch Lektorat und Übersetzungen von Literatur erzielen und weitere fünf Prozent durch Lektorat und Übersetzungen in der Wissenschaft.

Die KSK lehnte dies ab. Die Klägerin habe zu Beginn nur sehr geringe Einkünfte aus wirklich publizistischer Tätigkeit gehabt. Hauptaufträge seien Tätigkeiten wie „redaktionelle Unterstützung” oder das Korrigieren und Formatieren einer Masterarbeit gewesen. Texte nach Rechtschreib- und Grammatikfehlern durchzusehen, sei aber keine publizistische Tätigkeit.

In dem Streit unterlag die KSK durch alle Instanzen. Das BSG betonte, dass die KSK zur Klärung der Versicherungspflicht zwar durchaus auf den Schwerpunkt der Einkünfte schauen dürfe. Bei „Berufsanfängern”, die erstmalig eine selbstständige künstlerische oder publizistische Tätigkeit aufnehmen, sei aber „eine in die Zukunft gerichtete Beurteilung” notwendig. „Die selbstständige Tätigkeit muss darauf ausgerichtet sein, Einnahmen in nicht nur unerheblichem Umfang aus den künstlerischen beziehungsweise publizistischen Bereichen zu erzielen.”

Hier sei die Arbeit als Lektorin für Literatur und teilweise auch in der Wissenschaft als publizistische Tätigkeit zu sehen. Auch Übersetzungen könnten eine publizistische Tätigkeit sein. Die Klägerin habe das Ziel gehabt, in diesen Bereichen den weitüberwiegenden Teil ihres Einkommens zu erwirtschaften, betonte das BSG. Nach Ablauf des dreijährigen „Berufsanfängerprivilegs” hätten ihre Einkünfte aus diesen Bereichen „die Geringfügigkeitsgrenze stets deutlich überschritten”. Die Arbeit der Klägerin sei auch insgesamt „publizistisch geprägt”. mwo/fle