Menschen mit einem Grad der Behinderung ab 50 haben den Status schwerbehindert. Damit verbunden sind viele Nachteilsausgleiche. Wer einen Grad der Behinderung ab 30 hat, der kann beantragen, mit Schwerbehinderten gleichgestellt zu werden – bei der Jobsuche oder am Arbeitsplatz.
Inhaltsverzeichnis
Vorteile einer Gleichstellung
Menschen, die gleichgestellt sind, haben verschiedene Vorteile, die ihre berufliche Integration unterstützen und schützen. Diese beinhalten:
- Kündigungsschutz: Gleichgestellte Personen profitieren von einem besonderen Schutz vor Kündigungen, der ansonsten Menschen mit einem Schwerbehindertenstatus vorbehalten ist.
- Teilhabe am Arbeitsleben: Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wie berufliche Weiterbildungsmaßnahmen oder Rehabilitationsangebote, stehen gleichgestellten Personen ebenfalls zu.
- Lohnkostenzuschüsse: Arbeitgeber können finanzielle Unterstützung erhalten, um die Beschäftigung von gleichgestellten Menschen zu fördern, beispielsweise durch Lohnkostenzuschüsse.
- Arbeitsplatzanpassung: Gleichgestellte Arbeitnehmer haben das Recht auf eine Anpassung ihres Arbeitsplatzes. Dazu gehören technische Hilfsmittel oder andere Maßnahmen, die es ermöglichen, die Arbeitsbedingungen an die Bedürfnisse der Person anzupassen.
- Betreuung durch Fachdienste: Spezialisierte Beratungsdienste stehen gleichgestellten Menschen zur Seite und unterstützen sie und ihre Arbeitgeber bei der beruflichen Integration.
Indirekte Vorteile hat man auch bei der Arbeitssuche. Mit Gleichstellung hat ein möglicher Arbeitgeber einen Anspruch auf öffentliche Gelder, um ihren Arbeitsplatz entsprechend zu gestalten. Mit dieser Unterstützung wird eine Stelle oft erst möglich.
Voraussetzungen für eine Gleichstellung
Eine Gleichstellung ist möglich, wenn:
- Ein Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 30 oder 40 vorliegt.
- Die betroffene Person in Deutschland wohnt oder der Arbeitsplatz in Deutschland angesiedelt ist.
- Die wöchentliche Arbeitszeit mindestens 18 Stunden beträgt.
- Aufgrund der Behinderung kein geeigneter Arbeitsplatz gefunden werden kann oder der aktuelle Arbeitsplatz durch die Einschränkung gefährdet ist.
Auch Arbeitslose können eine Gleichstellung beantragen, wenn diese notwendig ist, um eine berufliche Eingliederung zu ermöglichen und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.
Unterschiede zur Schwerbehinderung
Eine anerkannte Gleichstellung bedeutet nicht, dass Sie Schwerbehindertenstatus bekommen. Im Arbeitsrecht gelten deshalb zentrale Rechte von Menschen mit Schwerbehinderung nicht.
Die wichtigsten Unterschiede sind:
- Kein Anspruch auf zusätzliche Urlaubstage
- Keine vorzeitige Altersrente für schwerbehinderte Menschen
- Kein Anspruch auf einen Schwerbehindertenausweis
- Keine unentgeltliche Beförderung im Nahverkehr
Wann sollten Sie eine Gleichstellung beantragen?
Wenn Sie bei der Arbeit häufig fehlen und dauerhaft wenig belastbar sind, weniger mobil sind als andere Mitarbeiter und Unterstützung durch Kollegen benötigen, dann wird ihr Arbeitgeber Sie voraussichtlich zu einem Fehlzeitengespräch einladen oder Ihnen eine Abmahnung schicken.
Mit einer Gleichstellung können Sie nachweisen, dass der Grund für diese Probleme in ihrer Behinderung liegt. Ihr Arbeitgeber darf Sie in diesem Fall nicht kündigen wie Menschen ohne Einschränkungen, sondern muss mit Ihnen zusammen alternative Lösungen finden.
So beantragen Sie die Gleichstellung
Vom Versorgungsamt bekommen Sie den Bescheid mit Ihrem festgestellten GdB zugesendet. Diesen müssen Sie zusammen mit einem ausgefüllten Antragsformular bei der Agentur für Arbeit einreichen. Den Antrag können Sie persönlich, schriftlich, telefonisch oder auch online stellen.
Eine bevollmächtigte Person kann dies ebenfalls in Ihrem Namen übernehmen. Falls in Ihrem Betrieb eine Schwerbehindertenvertretung existiert, können Sie sich dort Unterstützung bei der Antragsstellung holen.
Prüfung und Entscheidung durch die Agentur für Arbeit
Nachdem Ihr Antrag bei der Agentur für Arbeit eingegangen ist, wird dieser geprüft. Die Agentur kann dabei auch Rücksprache mit Ihrem Arbeitgeber halten. In Unternehmen, die mindestens fünf schwerbehinderte Menschen beschäftigen, wird zusätzlich die Schwerbehindertenvertretung in den Prozess einbezogen. Dies geschieht jedoch nur mit Ihrem ausdrücklichen Einverständnis.
Nach Abschluss der Prüfung erhalten Sie einen schriftlichen Bescheid von der Agentur für Arbeit, der Ihnen das Ergebnis mitteilt.
Gilt die Gleichstellung auch außerhalb des Arbeitsplatzes?
Die Gleichstellung ändert nichts am Grad ihrer Behinderung und führt außerhalb des Arbeitsplatzes und Arbeitsrechts auch nicht zu zusätzlichen Nachteilsausgleichen, wie sie für Schwerbehinderte gelten.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.