Wer sich seine Renteninformation durchliest, wird vielleicht รผberrascht sein, wie hoch der dort prognostizierte Monatsbetrag ausfรคllt. Doch diese Schรคtzung basiert auf mehreren Annahmen, die sich in der Zukunft verรคndern kรถnnen.
Steigende Lebenshaltungskosten, eine mรถgliche Erhรถhung der Sozialabgaben und Steuern oder auch รnderungen im Rentensystem an sich sorgen dafรผr, dass der tatsรคchlich ausbezahlte Rentenbetrag von der Summe abweichen kann, die in der Renteninformation aufgefรผhrt wird.
Auรerdem werden Kaufkraftverluste hรคufig nur in Szenarien berechnet โ und selbst diese Annahmen sind nicht immer realistisch.
Inhaltsverzeichnis
Ab wann erhรคlt man รผberhaupt eine Renteninformation?
Die erste Renteninformation flattert in der Regel automatisch ins Haus, wenn man das 27. Lebensjahr erreicht hat und zu diesem Zeitpunkt bereits fรผnf Beitragsjahre in der gesetzlichen Rentenversicherung vorweisen kann.
Wer noch nicht auf fรผnf Beitragsjahre kommt oder aus anderen Grรผnden vor dem 27. Geburtstag an seine Renteninformation gelangen mรถchte, kann diese auch aktiv bei der Deutschen Rentenversicherung anfordern โ sowohl telefonisch als auch รผber deren Webseite.
Mit diesem Schritt erhรคlt man einen ersten รberblick รผber die bereits erworbenen Anwartschaften, also das Geld, das theoretisch bereits fรผr die kรผnftige Altersrente angespart ist.
Was besagt die Rente bei voller Erwerbsminderung auf der ersten Seite?
Bevor die regulรคre Altersrente zur Sprache kommt, informiert die Renteninformation รผber die sogenannte Rente bei voller Erwerbsminderung. Diese greift, wenn jemand gesundheitlich so weit eingeschrรคnkt ist, dass er oder sie keine drei Stunden pro Tag mehr arbeiten kann.
Doch hier entsteht hรคufig ein falsches Sicherheitsgefรผhl: “In der Praxis prรผft die Rentenversicherung genau, ob nicht doch irgendein anderer Beruf โ rein theoretisch โ mindestens teilweise auszuรผben wรคre.
Selbst wenn dieser auf der anderen Seite Deutschlands liegt, kann das die Auszahlung einer Erwerbsminderungsrente verhindern oder reduzieren”, erlรคutert der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.
Welche Zahlen gibt es zur kรผnftigen Regelaltersrente und wie werden sie hochgerechnet?
Neben der Erwerbsminderungsrente findet sich in der Renteninformation meistens eine zweite wichtige Kennziffer: die kรผnftige Regelaltersrente.
“Dabei unterscheidet das Dokument zwei Betrรคge. Der erste wird als bislang erreichte Anwartschaft ausgewiesen, also was man bis zum Zeitpunkt der Information an Rentenansprรผchen aufgebaut hat. Der zweite, grรถรere Wert basiert auf der Annahme, dass die Beitrรคge weiterhin in derselben Hรถhe gezahlt werden wie in den vergangenen fรผnf Jahren”, so der Experte.
“Auch das angegebene Alter, ab dem man abschlagsfrei in Rente gehen kann, spielt eine Rolle. Fรผr die meisten liegt die regulรคre Altersgrenze inzwischen beim 67. Lebensjahr โ Ausnahmen, etwa durch 45 Beitragsjahre, werden in der Standardinformation oft gar nicht erst aufgefรผhrt”, so Anhalt
Wie funktioniert die Berechnung der gesetzlichen Regelaltersrente?
Im Kern ist die Rentenformel der Deutschen Rentenversicherung kein Geheimnis: Multipliziert werden die im Laufe des Erwerbslebens gesammelten Entgeltpunkte mit dem jeweils gรผltigen Rentenwert.
Wer Jahr fรผr Jahr das durchschnittliche versicherungspflichtige Einkommen aller Versicherten verdient, erzielt pro Jahr exakt einen Entgeltpunkt. Bei hรถheren Verdiensten โ jedoch gedeckelt durch die Beitragsbemessungsgrenze โ werden anteilig mehr Punkte gutgeschrieben. Der Rentenwert gibt an, wie viel ein gesammelter Entgeltpunkt bei Rentenbeginn wert ist.
Er wird regelmรครig angepasst und kann zudem regional (Ost und West) noch leicht variieren. Diese Berechnung fรผhrt dazu, dass Menschen mit langem und hรถherem Einkommen automatisch eine hรถhere Rente beziehen, wรคhrend Studierende, Auszubildende oder Arbeitnehmer mit geringem Verdienst im spรคteren Alter oftmals geringere Auszahlungen zu erwarten haben.
Warum kรถnnen die ausgewiesenen Zahlen tรคuschen?
Auf den ersten Blick wirken die Angaben der Renteninformation verlockend, da die Betrรคge relativ hoch erscheinen. “Doch man muss sich bewusst machen, dass darin keine Abzรผge fรผr Steuern und Sozialversicherungsbeitrรคge enthalten sind”, mahnt Anhalt.
Erst wenn diese Kosten herausgerechnet werden, ergibt sich ein realistischeres Bild davon, was netto tatsรคchlich รผbrig bleibt.
“Zudem berรผcksichtigt die Renteninformation auf ihrer Vorderseite nicht den Kaufkraftverlust durch Inflation. Im Kleingedruckten auf der Rรผckseite wird zwar auf einen angenommenen Kaufkraftverlust hingewiesen, doch realistische Werte sind hier oft anders, als in den Beispielen angegeben. ”
Ob 1,5 Prozent Inflation pro Jahr dem tatsรคchlichen Preisniveau in der Zukunft gerecht werden, ist fraglich โ vor allem angesichts der jรผngsten Inflationsentwicklungen.
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Wie hoch ist der Kaufkraftverlust und wieso ist er so entscheidend?
Die Deutsche Rentenversicherung erwรคhnt, dass jรคhrlich mit einem Kaufkraftverlust von 1,5 Prozent gerechnet wird. Das bedeutet, dass man sich pro Jahr real weniger fรผr einen Euro leisten kann. Lรคuft das Einkommen in der Renteninformation dem Kaufkraftschwund nicht genรผgend hinterher, schmรคlert sich der tatsรคchliche Wert der Rente im Portemonnaie immer weiter.
Wer also lediglich auf die ausgewiesenen Bruttobetrรคge vertraut, kรถnnte spรคter vor einer bรถsen รberraschung stehen. Tatsรคchlich ist es mรถglich, dass sich รผber Jahrzehnte angespart geglaubte Rentenanwartschaften deutlich weniger wert sind, als man beim Blick auf die Renteninformation zunรคchst vermutet.
Was bleibt nach Abzรผgen von Steuern und Sozialversicherungsbeitrรคgen wirklich รผbrig?
“Die gesetzliche Rente wird in voller Hรถhe besteuert, wenn man ab 2040 oder spรคter in Rente geht. Gleichzeitig fallen Beitrรคge zur Kranken- und Pflegeversicherung an. Gerade Letztere kรถnnen je nach persรถnlicher Situation โ etwa Kinderlosigkeit oder Verรคnderungen bei den Beitragssรคtzen โ spรผrbar ins Gewicht fallen”, sagt der Sozialrechtsexperte.
Wenn etwa eine Bruttorente von 2.500 Euro prognostiziert ist, kann allein durch Sozialversicherungsbeitrรคge, Kirchensteuer (falls zutreffend) und Einkommensteuer schnell ein erheblicher Betrag vom scheinbar komfortablen Monatsbudget wegfallen.
Ein reales Beispiel kann verdeutlichen, dass der Netto-Betrag damit schnell unter 2.000 Euro sinkt โ was angesichts steigender Lebenshaltungskosten nur bedingt ein sicheres Polster darstellt.
Wie gehts weiter mit der Rente?
Die Frage nach der Zukunft der deutschen Rentenversicherung ist so alt wie die Rente selbst. Fakt ist, dass die Gesellschaft altert und weniger junge Menschen die kรผnftigen Rentengenerationen finanzieren. Welche Reformen in den kommenden Jahren nรถtig sein werden, ist unter Experten heiร diskutiert.
Denkbar sind unter anderem hรถhere Beitragssรคtze, lรคngere Lebensarbeitszeiten oder staatliche Zuschรผsse โ vielleicht auch eine Erweiterung der Pflichtversicherung auf mehr Personengruppen.
Ob das bestehende System langfristig Bestand hat oder ob ein kompletter Neuanfang nรถtig wird, lรคsst sich kaum mit Bestimmtheit vorhersagen. Doch eines scheint sicher: Wer sich nicht ausschlieรlich auf die gesetzliche Rente verlรคsst, sondern selber aktiv vorsorgt, wird am Ende deutlich beruhigter in den Ruhestand blicken kรถnnen.
Alles falsch oder doch wichtig?
Die Renteninformation liefert zweifelsohne erste wichtige Hinweise auf das, was man von der gesetzlichen Rente erwarten kann. Sie ist ein sinnvolles Instrument, um einen groben Anhaltspunkt dafรผr zu bekommen, wie viel sich bislang an Rentenansprรผchen angesammelt hat.
Aber sie ist mit Vorsicht zu genieรen: Der Teufel steckt im Detail, insbesondere wenn es um Kaufkraftverluste, Steuerabzรผge und Sozialversicherungsbeitrรคge geht.