Ab dem 1. Juli 2024 wurden alarmierende neue Zahlen verรถffentlicht: Der Eigenanteil in der gesetzlichen Pflege ist auf durchschnittlich 2.871 EUR pro Monat gestiegen. Diese Belastung zwingt Pflegebedรผrftige in Deutschland, nahezu 3.000 EUR monatlich aus eigener Tasche zu bezahlen, wenn sie in vollstationรคrer Pflege sind. Von der Rente bleibt nichts mehr รผbrig.
Diese Kosten รผberfordern sowohl die Betroffenen als auch ihre Familien erheblich. Das mรผhsam รผber Jahrzehnte angesparte Vermรถgen schwindet rasch, bevor staatliche Unterstรผtzung greift.
Regionale Unterschiede und Kostenentwicklung
Eine Auswertung des Ersatzkassenverbands zeigt, dass die Eigenanteile je nach Region erheblich variieren. Im ersten Jahr zahlen Pflegeheimbewohner im Bundesdurchschnitt 2.871 EUR, ein Anstieg von 211 EUR gegenรผber dem Vorjahr. Im zweiten Jahr betrรคgt die Eigenbeteiligung 2.620 EUR, was einem Plus von 233 EUR entspricht.
Im dritten Jahr mรผssen 2.284 EUR (+169 EUR) und ab dem vierten Jahr 1.865 EUR (+91 EUR) gezahlt werden.
Besonders teuer ist ein Heimplatz in Nordrhein-Westfalen mit 3.200 EUR pro Monat und in Baden-Wรผrttemberg mit 3.180 EUR. Am gรผnstigsten ist die Pflege in Sachsen-Anhalt mit 2.373 EUR.
Die Grรผnde der Probleme: Teilkasko Versicherung und Kosten fรผr Pflegekrรคfte
Die Pflegeversicherung in Deutschland funktioniert im Gegensatz zur Krankenversicherung als Teilkasko-Versicherung. Das bedeutet, dass Pflegebedรผrftige einen erheblichen Eigenanteil zahlen mรผssen.
Diese Zuzahlungen umfassen Kosten fรผr Unterkunft, Verpflegung, Investitionen und Pflegepersonal. Ein wesentlicher Grund fรผr den steigenden Eigenanteil sind die hรถheren Personalkosten fรผr Pflegekrรคfte.
Trotz erhรถhter Zuschlรคge der Pflegekasse, die im Rahmen der Pflegereform ab 1. Januar 2024 eingefรผhrt wurden, konnten die Zuzahlungen nicht vollstรคndig abgefangen werden.
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Lรถsung nicht in Sicht
Obwohl Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Deckelung des Eigenanteils fรผr Herbst 2024 angekรผndigt hat, stehen diese Plรคne unter Vorbehalt.
Finanzminister Christian Lindner (FDP) sieht keinen finanziellen Spielraum fรผr zusรคtzliche Ausgaben im Bundeshaushalt. Somit bleibt die finanzielle Belastung fรผr Pflegebedรผrftige unverรคndert hoch.
Forderungen nach einer Pflegevollversicherung
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) und andere Experten fordern eine grundlegende Reform: die Einfรผhrung einer Pflegevollversicherung, die alle Erwerbstรคtigen โ inklusive Beamte, Politiker und Selbststรคndige โ verpflichtet, in die Pflegeversicherung einzuzahlen.
Diese umfassendere Beitragsbasis kรถnnte die Finanzierung der Pflegeversicherung stabilisieren und gerechter gestalten. Auch die Bundeslรคnder mรผssen stรคrker in die Finanzierung einbezogen werden.
Kritik an derzeitiger Situation
Die hohen Eigenanteile stoรen auf scharfe Kritik. Verena Bentele, Prรคsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland, bezeichnete die Situation als inakzeptabel und betonte, dass die Politik dringend gegensteuern mรผsse.
Auch Ulrike Elsner, Chefin des Ersatzkassenverbands, fordert die Lรคnder auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und die Investitionskosten zu รผbernehmen. Eine Entlastung um durchschnittlich 490 EUR pro Monat kรถnnte so erzielt werden. Die Ausbildungskosten fรผr Pflegekrรคfte sollten ebenfalls staatlich finanziert werden.
Notwendige Reformen und zukรผnftige Maรnahmen
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant fรผr Herbst 2024 eine umfassende Pflegereform. Ziel ist es, die Finanzlรผcke der Pflegeversicherung zu schlieรen, mehr Pflegepersonal zu gewinnen und Pflegebedรผrftigkeit stรคrker zu vermeiden.
Bereits zum 1. Juli 2023 wurde eine Beitragsanhebung eingefรผhrt, um die Pflegeversicherung finanziell zu stabilisieren. Trotz dieser Maรnahmen bleibt die finanzielle Belastung fรผr Pflegebedรผrftige und ihre Familien sehr hoch.