Die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) erfolgt in der Regel ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Unter bestimmten Umständen kann jedoch eine rückwirkende Feststellung beantragt werden, wenn ein besonderes Interesse nachgewiesen wird.
Dies betrifft Fälle, in denen die rückwirkende Anerkennung zu konkreten finanziellen Vorteilen führt, wie einer abschlagsfreien Rente für schwerbehinderte Menschen oder steuerlichen Erleichterungen gemäß § 33b EStG.
Vorteile und Anwendungsbereiche
Ein solcher Antrag kann sinnvoll sein, wenn durch die rückwirkende Feststellung des GdB finanzielle Vorteile erzielt werden können. Dazu zählen:
- Zugang zu einer abschlagsfreien Rente für schwerbehinderte Menschen: Dies ermöglicht einen vorzeitigen Renteneintritt ohne finanzielle Einbußen.
- Steuerliche Vorteile: Hierzu gehören der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG sowie Einkommens- und Kfz-Steuervergünstigungen.
Feststellungsbescheid und steuerliche Auswirkungen
Der Feststellungsbescheid nach § 152 Abs. 1 SGB IX ist ein Grundlagenbescheid, der nicht den Vorschriften der Feststellungsverjährung unterliegt (§ 181 AO).
Bei bereits erlassenen Einkommensteuerbescheiden kann gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Änderung erfolgen, sofern der Antrag auf Feststellung des GdB innerhalb der Festsetzungsfrist gestellt wurde.
Lesen Sie auch:
– Sozialhilfe: Auch im Krankenhaus besteht Anspruch auf den Regelsatz
Beispiel einer Festsetzungsfrist
Stellt ein Antragsteller im Jahr 2024 einen Antrag rückwirkend ab dem Jahr 2019, beginnt die Festsetzungsfrist für die Einkommensteuer 2019 am 31.12.2019 und endet am 31.12.2023.
Eine rechtzeitige Antragsstellung ist somit entscheidend, um die steuerlichen Vorteile vollständig auszuschöpfen.
Was bedeutet besonderes Feststellungsinteresse?
Die Glaubhaftmachung des besonderen Interesses ist erforderlich, insbesondere wenn es um weit zurückliegende Zeiträume geht.
Ein entsprechendes Interesse kann durch eine Bescheinigung des Finanzamts belegt werden, die die bislang nicht verjährten Zeiträume für die Einkommensteuerfestsetzung ausweist (BSG-Urteil vom 16.02.2012, B 9 SB 1711 R).
Praxisbeispiel
Ein steuerliches Interesse für eine rückwirkende Feststellung des GdB kann bestehen, wenn die steuerlichen Vorteile erst ab einem bestimmten Zeitpunkt eintreten. So könnte beispielsweise ein Antrag auf rückwirkende Feststellung des GdB für das Jahr 2023 erst ab 2024 steuerliche Relevanz haben, wenn die Festsetzungsverjährung für 2023 bereits eingetreten ist.
Feststellung muss zwingend beantragt werden
Die rückwirkende Feststellung des GdB ist nicht automatisch und bedarf eines konkreten Antrags mit glaubhaftem Nachweis des besonderen Interesses. Finanzielle Vorteile müssen klar erkennbar und belegbar sein, um den Antrag erfolgreich zu gestalten.