Sanktionen aufgrund eines verwehrten nicht angemeldeten Hausbesuches rechtswidrig
Bei einer Hartz IV Betroffenen wollte das Jobcenter gleich zwei unangemeldete „Hausbesuche“ unternehmen. Die Betroffene ließ die Jobcenter-Außendienstmitarbeiter jedoch nicht in die Wohnung, da die Herren erstens keine Ausweise vorlegten, zweitens keinen Prüfauftrag mit dabei hatten und drittens die Betroffene allein war und somit kein Zeuge bzw. Beistand im Hause war. Weil die Frau ihre Grundrechte in Anspruch nahm, kürzte das Jobcenter „als Strafe“ just die Arbeitslosengeld II Leistungen.
Doch das ist rechtswidrig, wie nun auf Anfrage der Co-Vorsitzenden der Linken, Katja Kipping, das Bundesarbeitsministerium einräumen musste. Denn Gemäß § 13 Absatz 4 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) haben Beteiligte das Recht, mit einem Beistand zu erscheinen und sich damit durch eine Person ihres Vertrauens im Verwaltungsverfahren unterstützen lassen. Die Vorschrift gilt für alle Verwaltungsverfahren nach dem Sozialgesetzbuch, also auch für Verfahren nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB ll) und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).
Weiter schreibt das Ministerium: Sinn und Zweck eines Hausbesuchs wird im Bereich des SGB ll und des SGB Xll zwar regelmäßig eine lnaugenscheinnahme nach § 21 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 SGB X sein. lm Rahmen eines Hausbesuchs werden sich allerdings lnaugenscheinnahme einerseits und Verhandlungen und Besprechungen andererseits nicht immer trennscharf voneinander abgrenzen lassen. Das in Augenschein Genommene wird in der Regel vor Ort und während der lnaugenscheinnahme auch Gegenstand von mündlichen Erörterungen sein. ln diesem Fall besteht auch im Rahmen von Hausbesuchen grundsätzlich das Recht auf Heranziehung eines Beistandes nach g 13 Absatz 4Satz 1 SGB X.
Demnach kann geschlussfolgert werden, dass ein verwehrter Hausbesuch, der unangemeldet stattfinden soll, keine Sanktionen im Sinne des SGB II nachziehen darf. Die Sanktion der Betroffenen ist somit rechtswidrig.
Ergänzung:
§ 31 SGB II ermöglicht generell keine Sanktionen bei Verweigerung eines Hausbesuches, einen derartigen Sanktionstatbestand gibt es im SGB II nachweislich nicht. Eine Sanktion wäre also regelmäßig mangels rechtlicher Voraussetzungen unmöglich bzw. eben rechtswidrig. Allenfalls kann in Folge der Verweigerung eines Hausbesuches über § 60 SGB I i.V.m. § 66 SGB I eine Leistungsversagung/Ablehnung erfolgen, wenn die Betroffene Person zuvor schriftlich zur Mitwirkung beim Hausbesuch rechtskräftig aufgefordert wurde, d.h. diese Mitwirkung entsprechend begründet (warum ist der Hausbesuch zur Feststellung welcher Leistungsvoraussetzungen erforderlich) und mit einer Rechtsfolgenbelehrung (§ 66 SGB I) versehen wurde. Bei unangemeldeten Hausbesuchen dürfte eine vorherige schriftliche Aufforderung zur Mitwirkung jedoch regelmäßig nicht erfolgen, denn dann wäre der Hausbesuch ja nicht mehr unangemeldet. Ohne diese Mitwirkungsaufforderung wäre dann aber auch eine Leistungsversagung/Ablehnung mangels rechtlicher Voraussetzungen nicht möglich. Abgesehen davon ist der Außendienst natürlich generell verpflichtet, sich sowohl auszuweisen als auch den Prüfauftrag vorzulegen, denn dieser ist die Handlungsermächtigung des Außendienstes, ohne darf dieser gar nicht tätig werden. (sb, fm)
Bild: Benjamin Thorn / pixelio.de
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