Bürgergeld – Anspruch auf Darlehen vom Jobcenter

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Es kann vorkommen, dass ungünstige Umstände zusammenkommen und Sie mit ihrer Bürgergeld-Regelleistung anfallende Kosten nicht decken können. Für besondere Ausgaben wie beispielsweise eine Mietkaution, eine Stromnachzahlung, Reparaturen oder notwendige Neuanschaffungen können Bürgergeld-Beziehende daher ein zinslosen Darlehen vom Jobcenter erhalten, welches im Anschluss pro Monat von der Regelleistung getilgt werden muss.

Darlehen vom Jobcenter: Das Wichtigste in Kürze

Folgende Aspekte sollten Sie berücksichtigen, wenn Sie ein zinsloses Darlehen vom Jobcenter beantragen möchten:

  • Damit ein Darlehen gewährt wird, muss ein sogenannter unabweisbarer Bedarf vorliegen.
  • Ein solcher Bedarf liegt vor, wenn unvorhergesehene Kosten durch Notsituationen, wie beispielsweise eine Stromnachzahlung, nicht vom Regelbedarf bezahlt werden können.
  • Das Jobcenter zahlt immer nur ein Darlehen in der tatsächlichen Höhe des unabweisbaren Bedarfs aus.
  • Das Darlehen ist zinslos, muss aber von der Regelleistung zurückbezahlt werden.
  • Für die Rückzahlung behält das Jobcenter monatlich maximal 5 Prozent der Regelleistung ein, bis das Darlehen getilgt ist.

Wann gewährt das Jobcenter Darlehen?

Wenn in einem Monat die Waschmaschine kaputt geht und gleich im nächsten Monat der Kühlschrank ausfällt, ist schnell der Lebensunterhalt in Gefahr. In solchen Fällen springt das Jobcenter mit einem Darlehen ein.

Ein zinsloses Darlehen gewährt Ihnen das Jobcenter nur unter bestimmten Voraussetzungen. Dafür muss ein „unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts“ (SGB II) bestehen, der weder durch Vermögen noch durch Spenden von Verwandten oder auf andere Weise gedeckt werden kann.

Zurückgezahlt wird das Darlehen über einen Abzug von der Regelleistung. Seit dem 01.07.2023 darf das Jobcenter maximal 5 Prozent der Regelleistung für die Tilgung des Darlehens einbehalten (§ 23 Abs.1 S.3 SGB II). Vor dem Juli 2023 konnte das Jobcenter noch 10 Prozent der Regelleistung für die Tilgung beanspruchen.

Wann liegt ein unabweisbarer Bedarf vor?

Ein unabweisbarer Bedarf liegt beispielsweise vor, wenn der Kühlschrank defekt ist und ein neues Gerät angeschafft werden muss. Da der Bürgergeld-Regelsatz sehr gering bemessen ist, haben Leistungsempfangende kaum die Möglichkeit, etwas von dem Geld für Ersatzanschaffungen o.ä. zu sparen. Liegt ein solcher unabweisbarer Bedarf vor, gewährt das Jobcenter dem hilfebedürftigen Antragsstellenden gemäß § 23 Abs. 1 SGB II ein Darlehen als Geldleistung in Höhe der tatsächlichen Anschaffungskosten oder als Sachleistung in Form des Kühlschranks. Die Darlehenshöhe richtet sich auch bei Letzterem nach den Anschaffungskosten.

Warum werden bei unabweisbarem Bedarf Darlehen gewährt?

Der monatliche Bürgergeld-Regelsatz liegt derzeit bei 502 EUR für alleinlebende Personen. Neben den Kosten für die Ernährung, Bekleidung, Schuhe, Strom, Gesundheitspflege, die Nutzung des öffentlichen Personennahverkehrs, Telefon, Post, Freizeitaktivitäten und Gaststättenleistungen müssen Sie von dem gering bemessenen Budget auch Einrichtungsgegenstände, Möbel, Haushaltsgeräte sowie deren Instandhaltung bezahlen. Dafür sind im Regelsatz pro Monat 30,57 EUR vorgesehen.

Da die Beträge insgesamt jedoch so gering bemessen sind, dass viele Bürgergeld-Beziehende damit ihren alltäglichen Bedarf fast nicht decken können, stellen unvorhergesehene Kosten wie notwendige Reparaturen oder Anschaffung von Ersatzgeräten ein großes finanzielles Problem dar. Der Gesetzgeber hat deshalb vorgesehen, dass das Jobcenter bei einem unabweisbaren Bedarf ein zinsloses Darlehen in Höhe der tatsächlich anfallenden Kosten gewähren muss (§ 23 Abs. 1 SGB II).

Was gilt alles als unabweisbarer Bedarf?

In folgenden Fällen sollten Sie die Beantragung eines Darlehens vom Jobcenter in Betracht ziehen:

  • Ersatzbeschaffung defekter Haushaltsgeräte (z.B. Kühlschrank, Waschmaschine),
  • Nebenkostennachzahlungen oder Verzug bei der Bezahlung von Stromrechnungen (wenn andernfalls eine Abschaltung droht),
  • Einmalige Sonderleistungen (z.B. Anschaffung eines Schreibtisches für ein Schulkind),
  • Notwendige Reparaturen, wie beispielsweise eine zerbrochene Fensterscheibe,
  • Übernahme von Mietschulden (bei drohender Wohnungslosigkeit),
  • Übernahme der Mietkaution bei einem Einzug in eine neue Wohnung,
  • Neuanschaffung wichtiger Gebrauchsgegenstände oder Kleidung nach Diebstahl oder Verlust,
  • Anschaffungs- oder Reparaturkosten für ein Kfz, das Sie für die Erwerbstätigkeit benötigen,
  • Überbrückungsdarlehen bei finanziellen Lücken (z.B. Wechsel von Bürgergeld-Leistungsbezug zu Altersrente).

Was gilt nicht als unabweisbarer Bedarf?

Das Jobcenter gewährt keine Darlehen für Dinge, die nicht unbedingt im Alltag nötig sind.

  • Fernseher gelten beispielsweise als nicht nötig.
  • Spülmaschinen gelten im Allgemeinen als nicht notwendig. Denn Sie können auch per Hand spülen. Wenn Sie allerdings eine Großfamilie haben, können Sie versuchen, das Jobcenter zu einem Darlehen zu überreden.

Was sind Darlehen bei einmaligen Sonderleistungen?

Wenn eine zusätzliche finanzielle Belastung entsteht, die weder mit dem Regelsatz noch mit einem Mehrbedarf, den nur bestimmte Personengruppen beantragen können, gedeckt werden kann, ist unter bestimmten Voraussetzungen die Gewährung einer einmalige Sonderleistung in Form eines Darlehens möglich. Einmalige Sonderleistungen fallen nicht unter den sogenannten Sonderbedarf, der wiederkehrend und regelmäßig besteht und meist als Zuschuss gewährt wird.

Auch die Erstausstattung einer Wohnung, für Kleidung oder bei der Geburt eines Kindes wird als Zuschuss und nicht als Darlehen gewährt. Kosten, die für eine Klassenfahrt anfallen, muss ebenfalls das Jobcenter in Form eines Zuschusses übernehmen. Nähere Informationen hierzu finden Sie in unserem Ratgeber “Zusatzleistungen beim Bürgergeld vom Jobcenter“.

Der Gesetzgeber geht bei einmaligen Sonderleistungen, die als Darlehen gewährt werden, beispielsweise von Kosten für Schulbücher (LSG NRW, Az. L 19 B 84/05 AS ER) oder für einen Schreibtisch eines Schulkindes (SG Aachen, Az. S 11 AS 96/06) aus.

Wie beantrage ich ein Darlehen beim Jobcenter?

Dafür ist keine feste Form vorgegeben. Sie können den Antrag frei formulieren. Schreiben Sie einfach Ihren Namen und Adresse auf ein Blatt Papier, dazu die Adresse des Jobcenters. Dann erklären Sie, dass Sie ein Darlehen beantragen, wofür Sie Geld brauchen, wie viel Sie brauchen und warum es sich in diesem Fall um eine absolute Notlage handelt, die Sie nicht mit der Regelleistung schultern können.

Wie zahle ich das Darlehen ans Jobcenter zurück?

Es ist wichtig, dass Sie sich darüber im Klaren sind, dass die erste monatliche Rückzahlungsrate bereits im Folgemonat der ersten Auszahlung fällig ist. Das Jobcenter behält sich die Tilgungsraten von der Regelleistung ein. Hierdurch wird der ausgezahlte Regelsatz automatisch um den Rückzahlungsbetrag verringert. Der Rückzahlungsbetrag darf jedoch maximal nur 5 % des Regelsatzes ausmachen.

Beispiel: Bei einer Regelleistung von 502 € sind das 25,10 €. Diese Summe wird dann monatlich von der Regelleistung abgezogen, bis das Darlehen zurückbezahlt ist. Wer sich als alleinstehende Person also beispielsweise 500 € vom Jobcenter leiht, dem werden über 20 Monate hinweg die Regelleistungen gekürzt.

Auch bei mehreren laufenden Darlehensrückzahlungen dürfen die monatlichen Raten für die Rückzahlung von Darlehen insgesamt nicht mehr als 5 % Ihres Regelsatzes betragen. Ein Vorteil von Jobcenter-Darlehen: die Gewährung ist zinsfrei, wodurch Sie nur den tatsächlich gewährten Darlehensbetrag zurückzahlen müssen.

Kann ich mehrere Darlehen beim Jobcenter bekommen?

Ja. Und auch bei mehreren laufenden Darlehensrückzahlungen dürfen die monatlichen Raten für die Rückzahlung von Darlehen insgesamt nicht mehr als 5 % Ihres Regelsatzes betragen. Eine höhere Aufrechnung ist nicht erlaubt, das schreibt die Bundesagentur selbst in ihrer fachlichen Weisung zum relevanten § 42a SGB II. Ein weiterer Vorteil von Jobcenter-Darlehen: die Gewährung ist zinsfrei, wodurch Sie nur den tatsächlich gewährten Darlehensbetrag zurückzahlen müssen.

Wie lange dauert es, bis ich Geld bekomme?

Wie schnell Sie das Darlehen erhalten ist abhängig von ihrem Sachbearbeiter beziehungsweise ihrer Sachbearbeiterin. Wenn das Jobcenter Ihren Antrag sechs Monate lang nicht bearbeitet, können Sie eine Untätigkeitsklage einlegen. Bis dahin sind Sie auf den guten Willen der Sachbearbeitung angewiesen. Unser Rat: Erklären Sie freundlich, dass Sie das Geld dringend sofort brauchen und bitten Sie darum, dass der Antrag umgehend bearbeitet wird. Haken Sie nach spätestens einer Woche nach.

Was mache ich, wenn das Jobcenter meinen Darlehensantrag ablehnt?

Sie stecken in einer finanziellen Notlage und das Jobcenter lehnt Ihren Darlehensantrag ab. Da ist guter Rat teuer. Sie haben das Darlehen ja überhaupt erst beantragt, weil Sie das Geld sofort brauchen, deswegen fällt in den meisten Fällen der langsame Weg über das Widerspruchsverfahren aus. Widerspruch sollten Sie aber trotzdem sofort einlegen. Gleichzeitig können Sie einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 86 Abs. 2 SGG stellen und versuchen, das Jobcenter vor Gericht zur Zahlung zu zwingen.

Sollte ich Geld von Freunden und Familie leihen?

Beachten Sie immer eine Grundregel bevor Sie sich von Freunden und Familie Geld leihen: Setzen Sie immer einen Darlehensvertrag auf. Sonst kann das Jobcenter das Geld als Einkommen betrachten und Ihnen die Leistungen kürzen. Dann können Sie womöglich das Geld nicht zurückzahlen und schaden Ihnen und ihrem Geldgeber. Denn durch ein Einkommen werden ihre Regelleistungen gekürzt und sie brauchen das geliehene Geld dann für den Lebensunterhalt statt für die Sonderausgaben.

Im Darlehensvertrag muss stehen, wie viel Geld von wem an wen verliehen wird. Klare Rückzahlungsvereinbarungen müssen enthalten sein. Und die Vereinbarung muss getroffen werden bevor Sie Geld bekommen. Vereinbarungen im Nachhinein erkennt das Jobcenter nicht unbedingt an.

Sollte ich mir Geld von einer Bank leihen?

Um es kurz zu machen: Besser nicht. Seriöse Banken leihen Bürgergeld-Empfangenden selten Geld. Denn Sie haben kaum Sicherheiten anzubieten und Ihr Einkommen ist auch nicht pfändbar. Banken, die Ihnen Kredite anbieten, arbeiten wahrscheinlich unseriös. Lesen Sie das Kleingedruckte bevor Sie einen Kredit aufnehmen.

Quellen: