Bürgergeld: Monatlicher Mehrbedarf bei Übergrößen

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Wer Übergrößen für seine tägliche Kleidung benötigt, muss meist sehr viel mehr finanzielle Mittel hierfür aufbringen. Denn die Bekleidung ist ab einer bestimmten Größe nur in Fachgeschäften zu erwerben. Betroffene Bürgergeld Bezieher haben laut eines Urteils des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einen laufenden Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II.

Mehrkosten durch Übergrößen und Bekleidungsgeschäften

Wer größer ist, als die Durchschnittsbevölkerung, hat es besonders schwer, Bekleidung und Schuhe in normalen Geschäften zu kaufen. Oftmals müssen Betroffene auf Fachgeschäfte ausweichen. Allerdings sind dort auch die Preise viel höher, als in regulären Bekleidungsgeschäften.

Eine Weisung der Bundesagentur für Arbeit an die Jobcenter zu § 21 Abs. 6 SGB II verhinderte es bislang, dass den Betroffenen ein monatlicher Mehrbedarf anerkannt wird.

Monatlicher Mehrbedarfs-Zuschuss von 28,36 Euro bei Übergrößen

Ein Leistungsbeziehender mit einer Körpergröße von 2,07 m und Schuhgröße von 52 klagte sich deshalb bis zum Landessozialgericht durch.

Mit einem Beschluss (L 9 AS 400/19) entschied nun das Gericht, dass laufende Kosten für Bekleidung, Wäsche und Schuhe in Übergröße in Höhe von monatlich 28,36 Euro für einen Leistungsbezieher nach dem SGB II mit einer Körpergröße von 2,07 m und Schuhgröße 52 einen Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II auslösen.

Das Gericht entschied, dass für Bürgergeld-Beziehende, die Übergrößen benötigen, im Grundsatz ein Mehrbedarf seitens des Jobcenters zu berücksichtigen sei. Denn es sei davon auszugehen, dass die Berechungsgrundlage (EVS) für den Regelbedarf für Bekleidung statistisch nur auf Personen beruht, die keine Übergrößen bei Schuhen und Kleidung benötigen.

Mehrbedarf kann nicht ausgeglichen werden

Das Gericht führte weiter aus, dass der Mehrbedarf im Vergleich zu dem im Regelsatz berücksichtigten Bedarf nach oben im erheblichen Maße um rund sieben Prozent abweicht. Dieser Mehrbedarf kann nicht durch Einsparungen bei anderen Positionen im Regelbedarf ausgeglichen werden.

Entscheidung auch für Leistungsbeziehende nach SGB XII gültig

Nach Ansicht der Sozialbberatung “Tacheles e.V.” dürfte diese Entscheidung auch im SGB XII Anwendung finden. “Hier ist ein Übergrößenbedarf aber nicht als Mehrbedarf, sondern als abweichende Regelleistungserhöhung nach § 27a Abs. 4 SGB XII zu berücksichtigen.”

Betroffene sollten Mehrbedarfsantrag stellen

Die Entscheidung widerspricht damit der aktuellen Weisung der Bundesagentur für Arbeit. Leistungsbeziehende mit Übergrößen sollten deshalb mit Verweis auf diese Entscheidung einen laufenden Mehrbedarf beim zuständigen Jobcenter beantragen.

Andere Gerichte urteilten ähnlich

Mit der Rechtsauffassung steht das Landessozialgericht nicht alleine. Bereits das Sozialgericht Berlin hat in der näheren Vergangenheit häufiger einen Mehrbedarf bei Übergrößen gewährt.

Das Landesgericht Hamburg gewährte zudem einen Leistungsbeziehenden mit einer Körpergröße von 1,97 Metern einen Mehrbedarf für die Erstausstattung eines Betts. Denn sein ursprünliches Bett reichte bei dieser Körpergröße nicht aus. Das Gericht sah es als begründbar an, dass das Jobcenter für die Anschaffung eines Bettes nebst Lattenrost, Matratze und Bettdecke einen Sonderbedarf zahlen müsse (AZ: L 4 AS 328/19)

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