Das Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe (BIAJ) hat die endgültigen Monatsdaten der Bundesagentur für Arbeit (BA) zur Grundsicherung nach SGB II (Bürgergeld) bis einschließlich April 2025 ausgewertet. Im Fokus stehen die sogenannten „Zahlungsansprüche“ der Bedarfsgemeinschaften – also die 12-Monatssummen aller maßgeblichen Leistungen des Bürgergeld-Systems. Die Kurzmitteilung erschien am 16. August 2025.
Die Befunde in Zahlen
Auf Jahressicht – gemessen als 12-Monatsumme – lagen die gesamten Zahlungsansprüche Ende 2024 bei 46,923 Mrd. Euro. Bis April 2025 sanken sie leicht auf 46,913 Mrd. Euro. Damit zeigt die Reihe erstmals seit Längerem keinen weiteren Anstieg, sondern eine minimale Abwärtsbewegung.
Ohne die Sozialversicherungsleistungen (Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) fiel die 12-Monatsumme von 39,876 Mrd. Euro Ende 2024 auf 39,624 Mrd. Euro. Werden zusätzlich die Kosten der Unterkunft und Heizung ausgeklammert, verringerte sich die Summe von 22,191 Mrd. Euro auf 21,945 Mrd. Euro.
Blick zurück: Der Unterschied zu 2024
Die Trendwende ist insofern bemerkenswert, als im Vorjahreszeitraum noch deutliche Zuwächse verbucht wurden. Laut BIAJ stieg die 12-Monatsumme der Gesamtausgaben in den ersten vier Monaten 2024 um 1,686 Mrd. Euro; ohne Sozialversicherungsleistungen um 1,493 Mrd. Euro; ohne Sozialversicherungsleistungen und ohne Kosten der Unterkunft um 1,050 Mrd. Euro. 2025 zeigen diese drei Aggregate hingegen einen leichten bis spürbaren Rückgang.
„Zahlungsansprüche“ bündeln die laufenden Regelleistungen, Mehrbedarfe und einmalige Bedarfe, die übernommenen Kosten der Unterkunft und Heizung sowie die vom Leistungssystem getragenen Sozialversicherungsbeiträge.
Das BIAJ weist darauf hin, dass die verwendeten BA-Daten jeweils als 12-Monatssummen dargestellt werden und erst mit einer dreimonatigen Wartezeit endgültig vorliegen – für April 2025 also auf dem Stand vom 31. Juli 2025. Diese Methodik glättet kurzfristige Schwankungen, bildet aber Wendepunkte zuverlässig ab.
Statistik der Bundesagentur für Arbeit: Warum der öffentliche Eindruck oft ein anderer ist
In der zugespitzten Debatte entsteht häufig der Eindruck, die Bürgergeld-Ausgaben „stiegen und stiegen“ weiter.
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Bescheid prüfenEin Beispiel, das BIAJ in seinem „Büro für absurde Statistik“ dokumentiert, ist eine Statista-Infografik, die die Ausgaben des Bundes für das Bürgergeld von 2023 bis 2025 um 13,2 Mrd. Euro ansteigen lässt.
Der Effekt kommt zustande, weil dort – anders als in der eigentlichen Bürgergeld-Haushaltsstelle – zusätzlich Verwaltungskosten und Ausgaben für Eingliederungsleistungen addiert wurden. Korrekt betrachtet erhöht sich der reine Bürgergeld-Ansatz im Bundeshaushalt deutlich weniger.
Rolle der Sozialversicherungsbeiträge
Die BIAJ-Zahlen deuten zugleich an, wo der verbleibende Kostendruck herkommt: Die einzige Komponente mit weiterem Wachstum sind die Sozialversicherungsleistungen, also die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, die für Leistungsberechtigte übernommen werden.
Rechnet man diese Beiträge heraus, sind die Zahlungsansprüche 2025 klar rückläufig. Das legt nahe, dass die Dynamik weniger aus den Kernleistungen, sondern stärker aus versicherungsrechtlichen Folgekosten stammt.
Was die Befunde für die Haushaltsdebatte bedeuten
Für die politische Auseinandersetzung ist die Unterscheidung entscheidend: Im Bundeshaushalt existiert eine eigene Titelgruppe für das Bürgergeld; Verwaltungskosten und arbeitsmarktpolitische Eingliederungsleistungen werden separat veranschlagt.
Wer diese Posten zusammenzählt, erzeugt ein anderes Bild von „den Bürgergeld-Ausgaben“, als es die amtliche Systematik vorsieht. Die jüngsten Zahlen stützen jedenfalls nicht die These einer ungebremsten Ausgabendynamik im Leistungsbereich des SGB II.
Fazit
Die amtlichen 12-Monatssummen zeigen für 2025 keine Fortsetzung des Anstiegs, sondern eine leichte Entspannung. Besonders ohne Sozialversicherungsbeiträge und ohne Unterkunftskosten wird der Rückgang sichtbar. In einer aufgeheizten Debatte lohnt die saubere Trennung der Haushaltstitel und Ausgabenkategorien – sie ist Voraussetzung dafür, die tatsächliche Dynamik der Bürgergeld-Finanzierung zu verstehen.