Mehr Hartz IV Bezieher aber weniger Widersprüche und Klagen

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Obwohl die Zahl der Hartz IV Betroffenen in vergangenen Jahr 2020 stark gestiegen ist, ist nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit die Anzahl der Widersprüche und Klagen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stark gesunken.

Im Jahr 2020 wurden 511.400 Widersprüche und 79.000 Klagen durch Grundsicherungsbezieher eingereicht. Das waren 65.700 Widersprüche bzw. 16.300 Klagen weniger als 2019, obwohl im letzten Jahr pandemiebedingt die Zahl der Regelleistungsberechtigten stieg.

Gründe für den Rückgang

Der Rückgang ist auf zwei wesentliche Aspekte zurückzuführen. Im Zuge der Corona-Pandemie wurden vereinfachte Hartz IV Regeln durch die Bundesregierung installiert. In den ersten sechs Monaten des ALG II-Bewilligungszeitraumes werden seitdem die tatsächlichen Kosten der Unterkunft durch die Jobcenter anerkannt, auch wenn diese nach den eigentlichen Richtlinien zu hoch sind.

Zudem wird darauf verzichtet, nicht erhebliches Vermögen zu prüfen. “Beide Erleichterungen waren in den letzten Jahren häufige Gründe für Widersprüche und Klagen. Durch die vereinfachten Regeln sank die Zahl der Widersprüche und Klagen” berichtet die Bundesagentur.

Ein weiterer Faktor sind die kaum stattfindenen Termine in den Jobcentern. Dadurch verringerte sich die Zahl der Sanktionen erheblich, da bereits seit Jahren rund 75 Prozent aller Leistungskürzungen durch versäumte Termine entstanden sind. Muss eine Sanktion nicht ausgesprochen werden, entfällt auch hier der Widerspruchs- oder Klagegrund.

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Widerspruchs- und Klagequoten in Jobcenter mit BA-Beteiligung gering

Die Quote für Widersprüche und Klagen kann nur für die 302 gemeinsamen Einrichtungen – also Jobcenter, die von der BA und dem Landkreis in gemeinsamer Trägerschaft verantwortet werden – ermittelt werden. 2020 haben diese 19,1 Millionen Leistungsbescheide versendet, gegen die 433.310 Widersprüche und 64.010 Klagen eingereicht wurden. Die Widerspruchsquote lag rechnerisch bei 2,3 Prozent, die Klagequote bei 0,3 Prozent.

Erledigte Widersprüche und Klagen

Die Jobcenter haben im letzten Jahr über 544.300 Widersprüche entschieden. Knapp zwei Drittel der erledigten Widersprüche wurden zurückgewiesen oder durch Kunden zurückgezogen. Bei 190.300 Widersprüchen wurde die Entscheidung geändert, am häufigsten deswegen, weil fehlende Unterlagen nachgereicht wurden (74.600). Fehlerhafte Rechtsanwendung wurde bei 62.300 Widersprüchen festgestellt.

87.200 Klagen wurden durch die Gerichte abgeschlossen. Davon wurden etwas mehr als 60 Prozent abgewiesen oder vom Kläger zurückgenommen, rund 39 Prozent führten zu einer neuen Entscheidung. Die meisten Klagen werden ohne Urteil erledigt – häufig deswegen, die Leistungsempfänger bislang fehlende Unterlagen im Klageverfahren nachreichen.

Bundesarbeitsminister will Ausnahmeregeln zum Standard reformieren

Am Wochenende hatte der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil einen Reformvorstoß vorgelegt. Dieser sieht insbesondere vor, die derzeitigen Ausnahmereglungen auch dann beizubehalten, wenn die Pandemie zuende ist. Die Pläne werden allerdings vom Koalitionspartner strikt abgelehnt. Daher ist damit zu rechnen, dass tatsächliche Reformen erst nach der Bundestagswahl stattfinden könnten, wenn sich entsprechende Mehrheiten dazu finden. Grüne, Linke und SPD haben sich in unterschiedlichen Versionen für ein Bürgergeld ausgesprochen.