09.06.2017
Jürgen B. war Bürokaufmann, wurde arbeitslos und lebte von Hartz-IV. Jetzt sind ihm die Mittel gestrichen, und er sitzt auf Grundstücken, die mit Asbest verseucht sind. Vor einem Jahr starb B.s Vater, und er erbte. So viel Geld, dass B. und seine Frau davon leben konnten und den Anspruch auf Hartz-IV-Mittel verloren. Das Geld ist verbraucht, doch Unterstützung vom Jobcenter bekommt der Erwerbslose nicht.
Grundstücke gelten als Wert
Das liegt an Grundstücken, die der Vater dem Sohn ebenfalls vererbte. Laut Gesetz sind Hartz-IV-Betroffene verpflichtet, Sachwerte zu veräußern, wenn diese im Fall von Grundstücken nicht den eigenen Bedürfnissen dienen. B. bekam einen Bescheid, nach dem der Schätzwert eines der Grundstücke bei 11.826 Euro liegt, und damit muss er erst dieses Land verkaufen und das Geld aus dem Verkauf aufbrauchen, bevor er einen Anspruch auf Hartz-IV-Mittel hat.
Ohne Käufer kein Verkauf
So sieht die Theorie aus. Die Grundstücke liegen indessen beim Ort Casekow in der Uckermark, und dort möchte niemand hin. Während in München, Köln oder Hamburg die Grundstückspreise in die Höhe schnellen, stehen in der Uckermark überall Grundstücke leer und verwahrlosen.
B. Schicksal teilen hier sehr viele andere Erwerbslose, und die jungen Menschen ziehen weg, um Arbeit zu finden. In zehn Jahren sank die Einwohnerzahl des Örtchens um 300.
Asbestställe
Selbst wenn sich jemand ausnahmsweise für ein Grundstück bei Casekow interessieren sollte, würde er kaum an Blüggels Land Gefallen finden: Auf dem angeblich 11.826 Euro wertvollen Grundstück befinden sich ein Haus und zwei Ställe. Die Ställe aber haben Wände aus Asbest.
Ein Käufer müsste die Gebäude abreißen und entsorgen lassen – als Sondermüll!
Wertloser Boden
Ein anderer Teil des geerbten Landes soll um die 2.200 Euro wert sein. Es handelt sich um einen Wald. Der dortige Boden ist jedoch so mager, dass die Kiefern hier in mehreren Jahrzehnten nur wenige Zentimeter wuchsen – für die Forstwirtschaft also ohne Bedeutung.
Deswegen bleibt B. auf seinem Land sitzen. Vom geschätzten Wert kann er sich nichts kaufen, da niemand seine Grundstücke haben will.
Was nicht verwertet werden kann, hat keinen Wert
Der Erwerbslose legte jetzt Einspruch gegen den Bescheid ein und hat gute Chancen, Recht zu bekommen: Hartz-IV-Betroffene müssen zwar Inmobilien im speziellen und Sachwerte im allgemeinen zu Geld verwerten, bevor sie einen Anspruch auf Hartz-IV haben. Doch Blüggels Grundstücke sind nicht verwertbar. (Dr. Utz Anhalt)
Bild: BillionPhotos.com-fotolia
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