Hartz IV unter einer schwarz-gelben Regierung

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Die Wahl ist gelaufen, es folgen vier Jahre schwarz-gelbe Bundesregierung: Was erwartet uns?

Zuerst: Wir wissen es nicht. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, wobei es hier aber keinerlei Anhaltspunkte dafür gibt, dass eine solche auch nur ansatzweise gerechtfertigt wäre. Es gibt keinen Grund, warum CDU und FDP ihre Pläne zur massiven Verschärfung von Hartz IV und dem Sozialabbau nicht wahr machen sollten – eher das Gegenteil ist der Fall.

Wenn man sich das Wahlergebnis ansieht, hatte offenbar gerade die FDP mit ihrer demagogischen Wahlpolitik Erfolg: fast 5 % Zuwachs, dass lässt erhebliche Rückschlüsse auf die Meinung im Land zu. Offensichtlich ist der Anteil der Bevölkerung, welche den Hetzparolen "ALG II-Empfänger sind nur zu faul zum arbeiten!" glauben schenken, deutlich gewachsen. Das neue Feindbild wirkt. Die CDU tat genau richtig damit, sich zu ihren "unchristlichen" Plänen öffentlich nicht zu äußern und konnte so ihre Verluste auf etwas über 2% begrenzen. Gerade das wird CDU und FDP darin bestärken, die in ihren Wahlprogrammen bereits umfassend geplante menschenfeindliche, grundgesetzwidrige und eklatant gegen die Menschenrechte verstoßende Sozialabbaupolitik bei ALG II-Empfänger durchzuführen.

Was also erwartet uns?

1. Möglichkeit
Auch wenn die FDP, allen voran Herr Westerwelle als vorab selbst ernannter Wortführer der künftigen Bundesregierung, im Wahlkampf eine große Klappe hatte und massiv gegen ALG II-Empfänger gehetzt hat, hält sich die künftige CDU-geführte Bundesregierung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundessozialgericht. D.h. es wird sich im Grunde nichts ändern, es wird – zwar sehr wortreich, aber ohne tatsächliche Veränderungen – nur etwas Kosmetik betrieben.

2. Möglichkeit
CDU und FDP belohnen ihre Wähler mit der Umsetzung ihrer klar formulierten Wahlaussagen. Dass dazu erheblich gegen das Grundgesetz und die Menschenrechte verstoßen wird, interessiert sie nicht. Auch die Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundessozialgericht wird dabei ignoriert, etwas, dass die meisten Leistungsträger ohnehin schon immer taten. Zur Legalisierung wird einfach das SGB II entsprechend angepasst. Das bedeutet im Einzelnen für ALG II-Empfänger u.a. folgendes:
Das vom INSM entworfene "Workfare"-Modell der CDU wird eingeführt. Dazu wird die "Zusätzlichkeit und Gemeinnützigkeit" von 1-Euro-Job’s abgeschafft, die dann massenhaft den Arbeitsmarkt überschwemmen. Das wird einen weiteren massiven Stellenabbau und massive Zunahme von Arbeitslosen, aber auch gigantische Profite der Arbeitgeber zur Folge haben. Die Lohnnebenkosten werden vom Steuerzahler in Form der Finanzierung von 1-Euro-Job’s getragen. Eine neue Form der direkten Subvention der Privatwirtschaft aus Steuermitteln in Milliardenhöhe.

Zur Durchsetzung wird der Sanktionsparagraph 31 geändert, getreu dem Wahlspruch von CDU und FDP: "Nur wer arbeitet soll auch essen." – ein Spruch, der auch statt "Arbeit macht frei." hätte stehen können. Das bedeutet: wer einen Job oder eine Maßnahme nicht annimmt, bekommt sofort keinen Cent mehr, nichts zum Leben und keine Unterkunftskosten. Falls dabei die bisherige Drei-Monats-Frist beibehalten wird, bedeutet dies im Ergebnis ungekannte Massenobdachlosigkeit und – ohne Nahrung, ohne Obdach, ohne Krankenversicherung als Verzweiflungstat – auch Massensuizide. Praktisch die Abschaffung der von vielen Politikern und der Wirtschaft gehassten Grundsicherungspflicht des Staates. Und ganz nebenbei sinken dann auch endlich mal tatsächlich – und nicht nur statistisch – die Zahlen der Arbeitslosen und ALG II-Empfänger.

Als "Arbeitsanreiz" für 1-Euro-Job’s werden zudem die Unterkunftskosten auf einem nicht bedarfsdeckenden Niveau pauschaliert, was de facto die von der CDU geplante und von der FDP konkret benannte Kürzung des Regelsatzes um ca. 30% ausmacht, d.h. ALG II-Empfänger müssen ca. 30% ihres Regelsatzes für die Unterkunftskosten verwenden, da diese nicht mehr in tatsächlicher Höhe gezahlt werden. Damit wird auch gleich noch die bisher rechtswidrige Praxis der Kostenpauschalierung bei den Unterkunftskosten, die viele ALG II-Leistungsträger bereits seit Jahren vornehmen, legalisiert.

Und alles, was CDU und FDP sonst noch zum Geldsparen einfällt. Schließlich müssen die 500 Milliarden Steuer-Euro finanziert werden, die man 2009 der Wirtschaft geschenkt hat, sowie die Subvention der Privatwirtschaft durch die "neuen" 1-Euro-Job’s.
Möglicherweise entdecken einige CDU- und FDP-Mitglieder ihr Gewissen, wenn es dann konkret darum geht, den Sozialabbau zu beschließen und stimmen zusammen mit einer starken Opposition dagegen und verhindern so zumindest das Schlimmste. Vorausgesetzt, dass SPD, Die Linke und die Grünen sich zu einer gemeinsamen und starken Opposition zusammen schließen. Wer weis? (28.09.2009)

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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