Hartz IV: Privat Krankenversichert, wer zahlt?

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Hartz IV: Privat krankenversichert – wer zahlt meine Beiträge? Wer privat Krankenversichert ist und Arbeitslosengeld II beantragen muss, der steht vor dem Problem: „Wer zahlt meine Krankenversicherungsbeiträge?“

(28.04.2010) Viele Betroffen stellen sich folgende Frage: Hartz IV-Bezug und Privat Krankenversichert – wer zahlt meine Beiträge? Aufgrund der Gesundheitsreform ist es privat Krankenversicherten seit ersten Januar 2009 so gut wie unmöglich, als Pflichtversicherte in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) zu wechseln. Für Hartz IV-Bezieher hat das erhebliche Konsequenzen, denn deren Beiträge zur privaten Krankenversicherung (PKV) werden nicht vom Leistungsträger übernommen. Betroffene müssen deshalb zusätzlich einen Antrag auf Zuschuss zu ihrem PKV-Beitrag nach § 26 SGB II stellen.

Die ARGE zahlt gemäß § 26 Abs. 2 SGB II aber nur einen Zuschuss in Höhe des Beitrages zur GKV, derzeit (2010): 126,05 Euro (§ 12 Abs. 1c S. 6 VAG). Ob diese Privatversicherung bei einer privaten oder gesetzlichen Krankenkasse besteht, ist dafür vollkommen unrelevant.

Beim ALG II-Bezug halbiert sich zwar der Beitrag zur PKV – was man direkt bei der PKV beantragen muss, falls die das nicht von selbst berücksichtigt – aber der Beitrag im Basistarif der PKV beträgt derzeit (2010) max. 581,25 Euro, ALG II-Empfänger müssen davon zwar nur den halben Betrag von max. 290,63 Euro zahlen, das ist aber i.d.R. immer noch deutlich mehr, als der nach § 26 SGB II gezahlte Zuschuss. Sollte der Beitrag zur PKV höher sein als der Zuschuss nach § 26 SGB II, kann der Betroffene, wenn er nicht arbeitslos ist und Erwerbseinkommen erzielt, die Mehrkosten gemäß § 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 SGB II zusätzlich von vorhandenem Einkommen absetzen.

Wer kein Einkommen hat, sollte prüfen, ob er seinen Vertrag bei der PKV ruhend stellen und sich stattdessen bei der GKV zu einem günstigeren Beitrag freiwillig versichern kann, der durch den Zuschuss gedeckt ist. Wenn das nicht möglich, oder der Beitrag zur Krankenversicherung auch dann noch höher ist, als der vom Leistungsträger gezahlte Zuschuss, muss man diesen keinesfalls aus seinem ALG II zuzahlen.

Aufgrund der gerade erfolgten Gesetzesänderung des SGB II, wonach in § 21 SGB II eine sog. "Härtefallregelung" eingefügt wurde, besteht nunmehr auch darüber die grundsätzliche Möglichkeit, die über den Zuschuss nach § 26 SGB II hinausgehenden Kosten des PKV-Beitrages nach § 21 Abs. 6 SGB II geltend zu machen. Sollte der Leistungsträger das ablehnen, sollte man keinesfalls klein bei geben, sondern dieser Ablehnung widersprechen, denn in der Rechtsprechung wird mittlerweile überwiegend die Meinung vertreten, dass diese Beitragzuschussbegrenzung rechts- und verfassungswidrig ist:

§ 26 Abs. 2 Nr. 2 SGB II ist in Verbindung mit § 12 Abs. 1c Satz 5 und 6 Versicherungsaufsichtsgesetz im Rahmen der Interessen – und Folgenabwägung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG dahingehend auszulegen, dass die Kostenübernahme nicht auf den ermäßigten Betrag eines Beziehers von Arbeitslosengeld II in der gesetzlichen Krankenversicherung beschränkt ist, sondern zumindest gemäß § 12 Abs. 1c Satz 4 Versicherungsaufsichtsgesetz der hälftige, der reduzierte Basistarif zu zahlen ist.
Die Beschränkung des Zuschusses auf den Betrag, der für einen in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Leistungsbezieher anfällt, führt im Falle eines in der privaten krankenversicherten Versicherung versicherten Leistungsbeziehers zu einer existenzgefährdenden Bedarfsunterdeckung. Laut Grundgesetz besteht ein Anspruch aus Artikel 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG auf Gewährung eines Existenzminimums. Keinesfalls ist damit vereinbar, dass durch den Bezug von Grundsicherungsleistungen in Folge einer gesetzlich vorgegebenen Bedarfsunterdeckung monatlich Schulden anfallen.
(u.a. Sozialgericht Stuttgart, S 9 AS 5003/09 ER).

Selbst die Bundesregierung hat zugegeben, dass hier eine gesetzliche Regelungslücke besteht (BT-Drucks. 16/13892), weigert sich aber gleichzeitig, diese in der aktuellen Legislaturperiode zu beheben. Auch wenn z.B. das Landessozialgericht Hamburg in (L 5 AS 34/10 B ER) zu einem anderen Ergebnis kommt, sollte man die Übernahme der tatsächlichen Beitragshöhe zur PKV notfalls mittels Klage einfordern, denn das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig und unmissverständlich klargestellt (BVerfG 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09), dass der Staat seine Grundsicherungspflicht unter allen Umständen zu erfüllen hat, nur hinsichtlich der Art, wie er diese erfüllt, hat er einen Gestaltungsspielraum. Die Weigerung der Bundesregierung, eine offensichtliche gesetzliche Regelungslücke zu schließen, darf somit nicht dazu führen, dass diese Grundsicherungspflicht durch Nichtübernahme eines Teils des PKV-Beitrages unterlaufen wird – so sinngemäß auch das SG Stuttgart (s.o.) bereits 2009. (FM)

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