Hartz­IV Reform: Änderungen satt

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15.10.2011

Nach Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Berechnung des Hartz IV Regelsatzes durch das Bundesverfassungsgericht setzten sich die Politiker in Berlin zusammen, um Neuregelungen zu finden. Nach zähen Verhandlungen zwischen Koalition und Opposition kamen 5 Euro monatlich mehr dabei heraus. Plus ein Bildungsgutscheinsystem zur kulturellen Teilhabe unserer Kinder, welches bisher kaum Anklang fand. Dies waren wohl die Änderungen, von denen die meisten etwas mitbekommen haben. Allerdings gab es gleich eine ganze Palette einschneidender Änderungen, welche in der Öffentlichkeit kaum Beachtung fanden.

Der Hartz IV-Regelsatz stieg rückwirkend zum ersten Januar 2011 auf 364 Euro für eine Person. Obwohl es auf den ersten Blick so aussieht, als sei er gestiegen, stellt man auf einen genaueren Blick fest, dass es drastische Einsparungen von bis zu 30 Prozent gab.

Fragwürdige Kürzungen:
Die Bevormundung im Umgang mit Alkohol und Tabakwaren brachte beispielsweise ein Ersparnis von 4,37 Euro. Alle Abstinenzler wurden direkt mit bestraft und haben nun weniger Geld für Lebensmittel zur Verfügung. Auch im Bereich Kleidung und Schuhe wurden direkt 5,50 Euro weg gekürzt. Es gab viele unbegründete Streichungen wie z.B. Zimmerpflanzen, Campingausrüstung, Übernachtungskosten etc. Fast unbemerkt wird nun auch die komplette Leistung zur gesetzlichen Rentenversicherung gestrichen. Ein weiteres Tor in Richtung Altersarmut wurde weit aufgestoßen.

Fragwürdige gesetzliche Änderungen:
Auch der §44 des SGB X wurde geändert. Konnte man noch vor der Reform 4 Jahre lang einen Überprüfungsantrag für einen bereits gültigen Bescheid stellen, so wurde dieser Zeitraum jetzt auf ein Jahr beschränkt.Für eine Sanktion laut §31 SGB II ist es nun nicht mehr notwendig, dem Betroffenen eine schriftliche Rechtsfolgenbelehrung zukommen zu lassen. Ausreichend ist, dass der Erwerbsfähige Kenntnis über die Rechtsfolgen hatte. Diese kann das Jobcenter durch ein Merkblatt erreichen, das sie dem Leistungsempfänger aushändigt oder auch lediglich öffentlich aushängt.

Fragwürdige Änderungen der Unterkunftskosten:
Die Kommunen dürfen nun über die Angemessenheit der Mietobergrenze entscheiden. Da die Kommunen sparen müssen, werden die Mietrichtwerte wohl entsprechend niedrig ausfallen. Der akute Mangel an bezahlbarem Wohnraum wird weiter verschärft. Da es sich bei "Angemessenheit" um einen unbestimmten Begriff handelt, lohnt sich der Gang vor ein Sozialgericht. Wer sein Warmwasser mit Strom aufbereitet, bekommt dieses nun nicht mehr in tatsächlicher Höhe bezahlt, sondern erhält stattdessen eine „großzügige“ Pauschale von 8 Euro monatlich pro Person.

Wer eine Mietkaution beantragt hatte, muss nun damit rechnen, Post von der Kommune zu bekommen. Die geleistete Kaution darf nun laut §42a SGB II mit maximal 10 Prozent des ALG II Regelsatzes in monatlichen Raten zurück gefordert werden. Dies entspricht in etwa einermehrjährigen Sanktion für Langzeitarbeitslose.

Änderungen und kein Ende in Sicht Man könnte die Liste der Änderungen noch durchaus weiterführen. Abschließend bleibt festzuhalten, dass es viele Möglichkeiten gibt, dem Menschen etwas schmackhaft zu machen, aber es anscheinend keine Möglichkeit für die Politik gibt, den Menschen satt zu machen. Die Erhöhung des ALG II Regelbedarfs ist eine Farce, man könnte sogar vorsätzliche Täuschung… Nein, lassen wir das lieber… (aus der neuen Ausgaben des Kölner Erwerbslosen Anzeiger)

Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / pixelio.de