Helena Steinhaus von der Initiative Sanktionsfrei klärt auf: “Jobcenter machen ständig Fehler, die für Menschen existenzbedrohend sind.”
In diesem Fall wollte das Jobcenter von einer Leistungsberechtigten 1728 Euro haben. Der Hintergrund war folgender: Die Betroffene pflegt ihre Mutter seit eineinhalb Jahren und erhält dafür 316 Euro Pflegegeld.
Inhaltsverzeichnis
Jobcenter dürfen kein Pflegegeld anrechnen
Das Jobcenter wollte ihr also Pflegegeld wegnehmen, das sie nicht nur verwendet, um die Pflege zu ermöglichen, sondern das ihr vom Jobcenter auch nicht angerechnet werden darf.
Pflegegeld ist eine zweckgebundene Leistung
Denn Pflegegeld ist eine zweckgebundene Leistung, die der Pflege dient und nicht dem Lebensunterhalt. Deshalb wird es nicht als Einkommen bei staatlichen Leistungen bewertet – nicht beim Sozialgeld, und auch nicht beim Bürgergeld.
Wofür ist das Pflegegeld da?
Das Pflegegeld soll die Selbstbstimmung pflegebedürftiger Menschen stärken. Diese sollen selbst entscheiden, wie und von wem sie gepflegt werden.
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Pflegegeld ist für Pflege durch Angehörige da
Aus diesem Grund unterstützt die Pflegeversicherung es ausdrücklich, wenn Pflegebedürftige sich entscheiden, ncht von einem Pflegedienst betreut zu werden – sondern von Angehörigen, Freunden oder ehrenamtlich Tätigen.
Für diesen Fall ist das Pflegegeld vorgesehen. Vorgeschrieben, um diese Leistung zu erhalten, ist, dass die häusliche Pflege durch die Betroffenen selbst sichergestellt wird. Dies kann zum Beispiel durch Angehörige erfolgen, wie in diesem Fall durch die Tochter.
Der pflegebedürftige Mensch selbst erhält das Pflegegeld und kann frei über dessen Verwendung verfügen. In aller Regel gibt der oder die Betroffene das Geld an die versorgenden Personen weiter – hier ist es die Tochter, die zudem Leistungen des Bürgergeldes bezieht.
Das Jobcenter lenkt schnell ein
Die Betroffene wollte selbst Widerspruch einlegen, und sie tat dies dann mit Hilfe von Sanktionsfrei. Das Jobcenter, das allzu offensichtlich zu Unrecht Geld gefordert hatte, lenkte schnell ein.
Fahrlässigkeit des Jobcenters?
In diesem Fall müssten wegen der Ignoranz, Fahrlässigkeit oder puren Ahnungslosigkeit des Jobcenters sämtliche Alarmglocken klingeln.
Es geht hier keineswegs um juristische Spitzfindigkeiten. Im Gegenteil gehört es zum kleinen Einmaleins des Bürgergeldes, dass Pflegegeld nicht als Einkommen abgerechnet werden darf.
Wenn Mitarbeiter der Behörde bereits bei den einfachsten Regelungen derart schlimme Fehler begehen, wie muss es dann erst bei schwierigeren Sachfragen aussehen?
Willkür der Jobcenter
Helena Steinhaus von Sanktionsfrei e.V. zeigt an diesem Beispiel, wie schnell und wie fahrlässig Jobcenter “Erstattungen” anfordern, Leistungen kürzen oder versuchen, Gelder abzuzocken, obwohl bereits der erste Blick zeigt, dass dies der Behörde nicht zusteht.
Leider, so Steinhaus, wissen Bürgergeld-Bezieher oft nicht um ihre Rechte und fallen so der Willkür der Jobcenter zum Opfer.
Leistungsberechtigte sind nicht allein
Das muss nicht sein, Initiativen wie Sanktionsfrei unterstützen Betroffene dabei, ihre Rechte wahrzunehmen, und in unserem Portal Gegen Hartz machen wir solche Übergriffe der Jobcenter öffentlich.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.