Urteil: Kein Unterhaltsvorschuss bei einem Drittel Kindesumgang

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Kümmert sich ein getrennt lebender Vater mindestens zu einem Drittel der Betreuungszeit um sein Kind, geht der Anspruch der Kindesmutter auf staatliche Unterhaltsvorschussleistungen für Alleinerziehende regelmäßig verloren.

Denn bei diesem erweiterten Umgang des Vaters mit dem gemeinsamen Kind, gilt die Mutter nicht mehr als „alleinerziehend“, entschied das Verwaltungsgericht Berlin in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 5. Juli 2022 (Az.: 21 K 792/21). Das Gericht ließ die Berufung zum Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg zu.

Bei säumigen Unterhaltszahlungen springt das Jugendamt ein

Bei säumigen Kindesunterhaltszahlern springt zur Sicherung des Unterhalts der Staat ein. Voraussetzung für Unterhaltsvorschussleistungen ist, dass der Elternteil, bei dem das Kind auf Dauer in einer häuslichen Gemeinschaft lebt, alleinerziehend ist.

Von dem unterhaltspflichtigen Elternteil kann der Staat sich dann später den Unterhaltsvorschuss wieder zurückholen.

Im konkreten Fall hatte ein getrennt lebender Vater Privatinsolvenz angemeldet und keinen Unterhalt für seinen mittlerweile 13-jährigen Sohn gezahlt. Dieser lebt bei seiner Mutter. Wegen der unterbliebenen Unterhaltszahlungen hatte die Mutter ab 2017 vom Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg Unterhaltsvorschussleistungen erhalten.

Im April 2021 teilte der Vater der Behörde mit, dass er nach einer Vereinbarung mit dem Familiengericht nun mehr Umgang mit seinem Sohn habe. Danach sei das Kind seit Oktober 2020 in ungeraden Kalenderwochen von Donnerstagnachmittag bis Montagmorgen und in geraden Kalenderwochen von Mittwochnachmittag bis Donnerstagmorgen bei ihm.

Die Unterhaltsvorschussstelle errechnete hieraus eine Betreuungszeit von 35,7 Prozent und stoppte daraufhin den Unterhaltsvorschuss an die Mutter. Wegen des erweiterten Kindesumgangs mit dem Vater sei sie nicht mehr als „alleinerziehend“.

VG Berlin: Kindesmutter ist nicht mehr „alleinerziehend“

Im gerichtlichen Verfahren hob die Behörde zwar ihren Bescheid hinsichtlich der Rückzahlung der bislang erbrachten Unterhaltszahlungen wieder auf. Für die Zukunft lehnte sie aber weiterhin den Unterhaltsvorschuss ab. Im Streit standen außerdem die Kosten des Verfahrens.

Die Behörde hat zu Recht den Unterhaltsvorschuss für die Zukunft verweigert, urteilte das Verwaltungsgericht. Dieser sei nur für Alleinerziehende vorgesehen. Dies sei die Kindesmutter nach den Unterhaltsvorschussregelungen aber seit Oktober 2020 nicht mehr.

Wesentliche Voraussetzung für eine Alleinerziehung sei, dass das Kind „bei einem seiner Elternteile“ lebt. Sie könne auch vorliegen, wenn das Kind regelmäßig Umgang mit dem anderen Elternteil hat. Allerdings müsse der alleinerziehende Elternteil weiterhin die elementaren Lebensbedürfnisse des Kindes sichern und befriedigen.

Nicht Alleinerziehend wenn der Vater mindestens zu einem Drittel der Betreuungszeit für das Kind aufkommt

Keine „Alleinerziehung“ liege vor, wenn der andere Elternteil – hier der Vater – mindestens zu einem Drittel der Betreuungszeit für das Kind aufkommt. Keine Rolle für den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss spiele es, dass der Vater unterhaltspflichtig ist.

Im Streitfall betreue der Vater im Durchschnitt 2,5 Tage pro Woche und damit zu 35,7 Prozent der Betreuungszeit das Kind. Damit gelte die Mutter nach dem Unterhaltsvorschussrecht nicht mehr als „alleinerziehend“.

Die Betreuung des Vaters sei auch nicht von „minderer Qualität“, so die Berliner Richter. Er komme während der Betreuung für den Lebensunterhalt seines Sohnes auf und finanziere Kleidung, Handy oder nach Bedarf Schulmaterialien. Die Kindesmutter werde dadurch wesentlich entlastet. Sie könne berufliche Tätigkeiten nachgehen oder soziale Aktivitäten entfalten. fle

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