Pflegende Angehörige oder andere Pflegepersonen müssen eine angemessene Alterssicherung aufbauen können. Hat die auf Sozialhilfeleistungen angewiesene pflegebedürftige Person mindestens einen Pflegegrad 2, ist das Sozialamt verpflichtet, Rentenbeiträge für die Pflegeperson zu zahlen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (Az.: L 9 SO 78/23).
Voraussetzung hierfür sei, dass die Pflegeperson während ihrer Pflegetätigkeit nicht anderweitig ihre Alterssicherung sichern kann, etwa wegen einer Beschäftigung oder durch Kindererziehungszeiten, erklärten die Essener Richter.
Mutter beantragte für die Tochter Rentenanwartschaft für Pflege vom Sozialamt
Damit bekam eine Witwe mit einem Pflegegrad 3 aus dem Raum Düsseldorf Recht. Ihre im selben Haus lebende Tochter pflegte sie mehrere Stunden pro Tag, oft auch in der Nacht. Die Tochter ist nicht erwerbstätig und bezieht Bürgergeld vom Jobcenter.
Im Jahr 2021 hatte die Tochter eine Anwartschaft auf eine Rente ab Dezember 2032 in Höhe von monatlich 216,34 Euro.
Die auf Sozialhilfeleistungen angewiesene Mutter beantragte beim Sozialhilfeträger die Übernahme der Altersvorsorgebeiträge für ihre pflegende Tochter. Das Gesetz sehe vor, dass Beiträge der Pflegeperson für eine „angemessene Alterssicherung“ zu übernehmen seien.
Der Sozialhilfeträger lehnte dies ab. Ein solcher Anspruch bestehe nur, wenn die Zahlung der Rentenbeiträge eine Rente oberhalb des Sozialhilfeniveaus erwarten lasse. Hier seien die Rentenansprüche der Tochter aber sehr gering.
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LSG Essen: Gesetzgeber will nicht erwerbsmäßige Pflege belohnen
Das LSG verpflichtete den Sozialhilfeträger jedoch, ab 2023 Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung auf der Grundlage beitragspflichtiger Einnahmen in Höhe von 43 Prozent der sogenannten Bezugsgröße zu übernehmen.
Die jährlich sich ändernde Bezugsgröße bildet das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr ab.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind zusätzlich zum Pflegegeld auch Aufwendungen für die Beiträge einer Pflegeperson oder einer besonderen Pflegekraft für eine angemessene Alterssicherung zu erstatten, „soweit diese nicht anderweitig sichergestellt ist“.
Diesen Anspruch kann die pflegebedürftige Person geltend machen, erklärten die Essener Richter.
Voraussetzung ist Pflegegrad 2
Voraussetzung ist, dass mindestens ein Pflegegrad 2 und damit ein Anspruch auf Pflegegeld besteht. Dies sei hier der Fall. Auch könne die Tochter während der Pflegetätigkeit keine anderweitige Alterssicherung – etwa durch eine Beschäftigung – aufbauen.
Dass der Sozialhilfeträger nur dann Rentenbeiträge erstatten müsse, wenn die zu erwartende Rente über der Sozialhilfe liegt, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen, so das LSG.
Der Gesetzgeber habe mit der Übernahme der Rentenbeiträge für Pflegepersonen deren Bereitschaft zur häuslichen Pflege fördern wollen. Es sollte ein Anreiz für die nicht erwerbsmäßige Pflege geschaffen werden. Eine Beitragsübernahme sei nur dann ausgeschlossen, wenn die Pflegeperson mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig sei.
Allerdings Revision zugelassen
Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das LSG die Revision zum Bundessozialgericht in Kassel zugelassen. Dort ist das Verfahren mittlerweile unter dem Aktenzeichen B 8 SO 3/24 R anhängig. fle
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