Keine Hartz IV Kürzungen bei rechtswidrigen Arbeitsverträgen
15.12.2011
Beziehern von Arbeitslosengeld II dürfen keine Hartz IV Leistungen gekürzt werden, wenn der vom Arbeitgeber vorgelegte Arbeitsvertrag unzumutbar und rechtswidrig ist. Das urteilte das Sozialgericht Gießen und gab damit einer Klage eines 45jähriges Mannes aus Wetterrau statt (Aktentzeichen: S 22 AS 869/09).
Jobcenter kürzte Regelsatz
Im verhandelten Fall hatte das Jobcenter dem Kläger ein Arbeitsangebot als Kraftfahrer unterbreitet. Der 45jährige Bezieher von Hartz IV Leistungen bewarb sich und wurde zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Dem vorgelegten Arbeitsvertrag widersprach der Mann, da einzelne Passagen des Vertrages nicht dem Arbeitsrecht entsprächen. Daraufhin kürzte die Behörde dem Kläger die Hartz IV Leistungen als Sanktion um 30 Prozent (112 Euro je Monat). Nach Ansicht des Jobcenters hätte der Mann durch sein Verhalten ein „Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses durch sein Verhalten vereitelt“ und damit gegen die Vorgaben des SGB II verstoßen. Nach erfolglosem Widerspruch legte der Betroffene Klage beim zuständigen Sozialgericht in Gießen ein.
Arbeitsvertrag war rechtswidrig
Nach Einsicht des Arbeitsvertrages gaben die Sozialrichter dem Kläger Recht. Der Vertrag sah ein pauschales Entgelt für Überstunden vor, ohne dass tatsächlich erkennbar war, wie viele Überstunden anfallen würden. Laut Gericht muss aber ein Arbeitnehmer klar erkennen können, welchen Lohn dieser für die geleistete Arbeit erhält. Daher, so das Sozialgericht, sei das Arbeitsangebot aufgrund des unzureichenden Arbeitsvertrages unzumutbar. Ferner war unklar, welche Regelung in Kraft tritt, wenn es zu einem Schadensfall kommt. Auch hier müssen die Regelungen klar und verständlich sein, damit der Arbeitnehmer weiß, was auf ihn zukommt. Das Jobcenter wurde daher auf Zurückzahlung der gekürzten Leistungen verurteilt. Die verhängte Sanktion war damit rechtswidrig.
Das Urteil zeigt, dass Hartz IV Bezieher sich nicht in Bezug auf das Arbeitsrecht rechtswidrige Vereinbarungen einlassen müssen, auch wenn das Jobcenter mit Sanktionen droht. (gr)
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Bild: Stephanie Hofschlaeger / pixelio.de
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