Gerichtshammer: Neues Krankengeld sogar nach Aussteuerung

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Wer langfristig erkrankt, fรผrchtet bittere Not nach der sogenannten Aussteuerung des Krankengeldes. Aussteuerung bedeutet, dass die Krankenkasse ihr Soll nach maximal 78 Wochen erfรผllt hat und nicht mehr zahlt โ€“ egal, ob die Betroffenen krank bleiben.

Doch ein Urteil des Sozialgerichts Dresden zeigt, dass das nicht immer so sein muss. Denn eine neue Krankheit nach der Aussteuerung kann in bestimmten Fรคllen zu einem erneuten Anspruch auf Krankengeld fรผhren. (S 25 KR 1912/19)

Worum ging es?

Der Betroffene, ein Tischler, war seit langem mit unterschiedlichen Diagnosen arbeitsunfรคhig und bezog Krankengeld. Dieses war ausgelaufen, und er forderte erneut Krankengeld. Die gesetzliche Krankenkasse wies dies mit Bescheid ab.

Der Tischler legte Widerspruch ein, und die Versicherung wies diesen zurรผck. Deshalb klagte der Mann vor dem Sozialgericht Dresden.

Wie lauteten die Diagnosen

Seit Mรคrz 2016 war der Betroffene durchgehend arbeitsunfรคhig geschrieben. Die ursprรผngliche Diagnose erkannte eine akute Infektion der oberen Atemwege.

Im Verlauf der Zahlung des Krankengeldes kamen zahlreiche Diagnosen hinzu: Nervenreizungen den Brustwirbeln, entzรผndete Bandscheiben, Nervenleiden durch diese Bandscheibenschรคden, eine Sepsis, organisch bedingte Persรถnlichkeitsstรถrungen, und auรŸerdem eine durch Nervenstรถrungen verursachte Fehlfunktion der Harnblase.

Krankengeld bis zur Aussteuerung

In den ersten sechs Wochen der Erkrankung zahlte sein Arbeitgeber den Lohnweiter, danach erhielt er Krankengeld, sowie รœbergangsgeld fรผr Zeiten medizinischer Reha-MaรŸnahmen. Die Krankenkasse teilte ihm fristgerecht mit, dass das Krankengeld nur bis zur gesetzlichen Hรถchstdauer gezahlt wรผrde und stellte es ein, als dieses Maximum erreicht war.

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Rentenantrag und Arbeitslosengeld

Der Betroffene nutzte die Nahlosigkeitsregelung und meldete sich arbeitslos, da sein Arbeitsverhรคltnis wรคhrend des Krankengeldbezugs gekรผndigt worden war. Zudem stellte er einen Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente.

Weiter krankgeschrieben mit neuer Diagnose

Aus Sicht der Krankenkasse war der Fall beendet. Der Mann wurde zwar fortdauernd krank geschrieben, doch dies fiel nach der Aussteuerung nicht mehr in die Zustรคndigkeit des zuvor gezahlten Krankengeldes.

Eine neue Erstbescheinigung

Nach einer Unterbrechung der laufenden Krankschreibung von zwei Tagen stellte ein Arzt dem Tischler eine neue Erstbescheinigung fรผr Arbeitsunfรคhigkeit aus. Grund dafรผr waren nicht die zuvor notierten Leiden. Vielmehr diagnostizierte der Mediziner eine mittelgradige depressive Episode. Die neue Erkrankung fรผhrte dann lรผckenlos zu weiteren Krankschreibungen.

Erneuter Antrag auf Krankengeld

Der Betroffene stellte daraufhin einen neuen Antrag auf Krankengeld. Die Krankenkasse lehnte diesen ab und wies auch den Widerspruch des Tischlers zurรผck.

Der Mann klagte vor dem Sozialgericht Dresden und erhielt Recht. Das Gericht hob den ablehnenden Bescheid auf und verurteilte die gesetzliche Krankenkasse dazu, fรผr rund vier Monate Krankengeld zu zahlen.

Wie begrรผndete das Gericht das Urteil?

Wesentlich fรผr die Entscheidung war, dass es sich um eine neue Erkrankung handelte. Denn der Anspruch auf Krankengeld wegen derselben Krankheit beschrรคnkt sich auf maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren.

Auch wenn, wie in diesem Fall bis zur Aussteuerung, wรคhrend dieser Arbeitsunfรคhigkeit neue Krankheiten dazu kommen, รคndert dies nichts an der gesamten Bezugsdauer. Wenn die Hรถchstzeit erreicht ist, endet auch der Anspruch.

In diesem Fall gab es jedoch nach der Aussteuerung eine neue Diagnose und eine neue Arbeitsunfรคhigkeit.

Was sind die Voraussetzungen fรผr einen neuen Anspruch?

Wichtig fรผr den Anspruch auf ein neues Krankengeld ist, dass es sich bei der neuen Arbeitsunfรคhigkeit nicht um die alte Krankheit handelt.

In diesem Fall war eine Depression zuvor nicht diagnostiziert worden. Es handelte sich also um eine neue Erkrankung, die nichts mit dem vorherigen Bezug von Krankengeld zu tun hatte. Damit handelte es sich um einen eigenstรคndigen Versicherungsfall.

Als weitere Voraussetzung mรผssen nach der Aussteuerung die Kriterien fรผr einen Anspruch auf Krankengeld erfรผllt sein, also eine sozialversicherungspflichtige Beschรคftigung oder der Bezug der Sozialversicherungsleistung Arbeitslosengeld.