Bürgergeld: Die Hartz IV Regelsätze werden sogar faktisch sinken

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Statt bedarfsgerechte Regelleistungen – eine faktische Kürzungen bei Hartz IV

Wie wir bereits am Wochenende berichteten, werden die Regelleistungen bei Hartz IV aller Voraussicht zum Jahreswechsel 2023 kaum erhöht. Im Gegenteil: Faktisch liegt eine Kürzung vor, da die Preisentwicklung nur zum Teil berücksichtigt wird.

Die jährliche Erhöhung der Regelbedarfe wird durch Verordnung des Bundesministeriums Arbeit und Soziales bekannt gegeben. Deren Berechnung regelt § 28a SGB XII. Maßgeblich ist ein Mischindex aus Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen (70 Prozent) und Lohnent- wicklung (30 Prozent).

Preisentwicklung versus allgemeine Inflationsrate

Maßgeblich ist nicht die allgemeine Inflationsrate, wie sie etwa in den Medien kommuniziert wird, sondern die Inflation der Güter und Dienstleistungen, die im Regelbedarf enthalten sind.

Das bedeutet, dass z.B. die Preisentwicklung für Heizöl und Gas sowie Benzin nicht in dieser Rate enthalten sind: Heizkosten, da sie über die Kosten der Unterkunft in tatsächlicher Höhe bis zu einer bestimmten Obergrenze erstattet werden, Benzin und andere Treibstoffe, da alle Kosten rund um Kraftfahrzeuge aus dem Regelsatz herausgerechnet werden.

Die regelbedarfsrelevante Veränderung der Verbraucherpreise – bzw. die Veränderung des Indexwerts, wird monatlich im Statistischen Bundesamts an das BMAS geliefert. Diese Daten werden nicht veröffentlicht. Versuche, dies zu ändern, sind ge- scheitert. Daher fragt die Partei DIE LINKE durch Schriftliche Fragen.

Um die in die Regelbedarfserhöhung einfließende Inflationskomponente zu berechnen, muss berücksichtigt werden: Für die Regelbedarfsanpassung 2023 werden die Veränderung des Preisindexes zwischen Juli 2021 (108,21) und Juni 2022 (115,32) herangezogen. Es zählt dabei der gesamte Zeitraum, nicht der jüngste Wert.3 Aus diesen Daten kann annäherungsweise berechnet werden, dass die regelbedarfsrelevante Preissteigerung 4,6 oder 4,7 Prozent betrug.

Derzeitiges Regelsatz bei Hartz IV

Anteil am Regelbedarf in % von der RL in € von der RL
Nahrung, alkoholfreie Getränke 34,70% 155,82 €
Freizeit, Unterhaltung, Kultur 9,76% 43,82 €
Post und Telekommunikation 8,94% 40,15 €
Bekleidung, Schuhe 8,30% 37,26 €
Wohnen, Energie, Wohninstandhaltung 8,48% 38,07 €
Innenausstattung, Haushaltsgeräte und -gegenstände 6,09% 27,35 €
andere Waren und Dienstleistungen 7,97% 35,77 €
Verkehr 8,97% 40,27 €
Gesundheitspflege 3,82% 17,14 €
Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 2,62% 11,73 €
Bildung 0,36% 1,62 €
Summe 100 % 449,00 €

Lohnentwicklung

Maßgeblich für diesen Anteil der Regelbedarfserhöhung ist die Entwicklung der durchschnittlichen Nettolöhne und -gehälter je beschäftigten Arbeitnehmer nach den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR).

Auch hier werden nicht die Juni-Werte des Vorjahrs mit dem Vorvorjahr verglichen, sondern der durchschnittliche Wert von Juli 2021-Juni 2022 mit dem durchschnittlichen Wert von Juli 2020-Juni 2021.

Der Ausgangswert für den Durchschnitt der Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer nach den VGR beträgt 25.333 Euro im Zwölfmonatszeitraum Juli 2020 bis Juni 2021.

Für den Zeitraum Juli 2021 bis Juni 2022 ist der offizielle Wert und damit die prozentuale Lohnentwicklung noch nicht bekannt, sie lässt sich aber bei 4,3 oder 4,4 Punkten +/- 10 Prozent schätzen.

Erhöhung der Regelbedarfe ab 1. Januar 2023 (Schätzung)

Aus der gewichteten Zusammenführung der Schätzwerte für Preis- und Lohnentwicklung ergibt sich eine Erhöhung der Regelbedarfe im SGB II und SGB XII von rund 4,5 oder 4,6 Prozent.

Dieser Wert könnte um bis zu 0,2 Punkte zu niedrig oder zu hoch gesetzt sein. Eine solche Erhöhung der Regelbedarfe läge weit unterhalb des Werts, der notwendig ist, den realen Kaufkraftverlust auszugleichen. Dieser lag bereits im Juli bei zwischen 7 und 8 Prozent und wird laut Experten ab Oktober bis Jahres- ende weiter steigen (Wegfall Mobilitätsvergünstigungen, Gasumlage) – auf bis zu 10 Prozent.