Hartz IV: Menschen zweiter Klasse

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Hartz IV: Menschen zweiter Klasse. Trotz Diskriminierungsverbot scheinen wir uns in Deutschland damit abgefunden zu haben, dass es Menschen erster und zweiter Klasse gibt.

Trotz Diskriminierungsverbot scheinen wir uns in Deutschland damit abgefunden zu haben, dass es Menschen erster und zweiter Klasse gibt. Anders sind die Reaktionen auf das neue Secondhand Kaufhaus in Wiesbaden nicht zu erklären. Dieses ausschließlich mit ein Euro Jobbern betriebene Kaufhaus verkauft Möbel die ansonsten auf dem Sperrmüll gelandet wären, an seine Kunden. Einkommensschwache Kunden erhalten einen Rabatt von 25 Prozent.

In der regionalen Presse wird dieses Projekt als längst überfällig bezeichnet. Längst überfällig? Längst überfällig wäre es die Ausgrenzung von 5 Millionen Mitmenschen zu beenden. Während die zahl der Arbeitslosen sinkt, steigt die Zahl der Hartz IV Empfänger. Denn nicht jeder Bedürftige ist Arbeitslos. Viele verdienen in unserem Land, trotz einer boomender Wirtschaft nicht einmal so viel, dass sie davon überleben können.

Reguläre Arbeitsplätze werden durch Zeitarbeitsplätze ersetzt bei denen der Lohn oftmals nur ein Drittel des bisherigen Einkommens beträgt. Gerade die Flughafenbetreibergesellschaft Fraport , die nun als großzügiger Spender bei dem Wiesbadener SecondHand Projekt auftritt, hat in der Vergangenheit durch Verlagerung von Arbeitsplätzen auf Zeitarbeitsfirmen massenhaft Bedürftige geschaffen. Was wirklich zu tun wäre: Den Missbrauch von Zeitarbeit um Löhne massiv zu senken beenden. Dies wäre relativ einfach möglich, indem Zeitarbeiter grundsätzlich einen Zuschlag von 10 % zu dem ortsüblichen Tariflohn der jeweiligen Branche erhalten. In Spitzenauftragszeiten, und für solche war Zeitarbeit ursprünglich gedacht, können betroffene Firmen dies verkraften. Die höhere Bezahlung wäre zugleich gerecht, da von Mitarbeitern in Zeitarbeitsfirmen durch unterschiedliche Einsatzorte ein höheres Maß an Flexibilität sowie eine schnellere Auffassungsgabe gefordert wird. Ebenso sollte der Missbrauch von sog. Arbeitsgelegenheiten sofort gestoppt werden. Es kann nicht sein, dass Menschen 120 Stunden im Monat arbeiten und dennoch voll von der Allgemeinheit finanziert werden müssen.

Man fragt sich, wo die Gewinne, die etwa dieses Kaufhaus einfahren, bleiben. Der Warenbestand – kostenlose Spende von Bürgern, die Mitarbeiter – unbezahlte Ein-Euro-Jobber für die in der Regel sogar noch zusätzliche Gelder von den Sozialämtern an die Betreiber, hier das Bauhaus Wiesbaden, fließen. Sicher, einige Sozialarbeiter und Sozialpädagogen des Bauhauses sichern auf diese Art und Weise ihren eigenen Job. Allerdings frage ich mich ob bei diesen “ Kollegen“ jeder Berufsethos verloren gegangen ist oder ob er überhaupt jemals vorhanden war. Wie wichtig es für die Beschäftigten in diesem SecondHand Kaufhaus wäre, hier einen gerechten Lohn zu erhalten um das oft angeschlagene Selbstbewusstsein zu stärken, sollte für einen Sozialarbeiter eigentlich klar sein.

Man wird mir nun entgegen halten diese Maßnahmen dienten der Integrierung der Betroffenen in den ersten Arbeitsmarkt. Dann muss man sich aber fragen lassen, wo denn die Arbeitsstellen auf dem ersten Arbeitsmarkt sind, in die integriert werden soll. Außerdem glaube ich nicht dass alle Mitarbeiter des ScondHand Kaufhauses in einer Verfassung sind, dass selbst einfachste Tätigkeiten eine monatelange Integration voraussetzen. Hier werden Menschen verdummt und deren Wehrlosigkeit schamlos ausgenutzt. Ich fordere das SecondHand Kaufhaus in ein von der Stadt betriebenes Gewerbe umzuwandeln und den dort Beschäftigten ein vernünftiges Gehalt zu zahlen. Dietmar Brach, Wiesbaden.