15.11.2012
Die nordrhein-westfälischen Grünen haben sich für eine Abschaffung der Sanktionen bei Hartz IV ausgesprochen. Der Landesvorstand Sven Lehmann machte deutlich, dass ein „Paradigmenwechsel“ nötig sei, um weg von Strafen hin zu "Motivation, Anerkennung und Beratung auf Augenhöhe" zu kommen.
In den Medien werde häufig das Bild des „faulen Arbeitslosen“ gezeichnet, dass Vorurteile in der Bevölkerung schüre. Dabei betreffen die meisten Sanktionen keineswegs „Fälle von Leistungsmissbrauch“. Vielmehr gehe es um anderes „Fehlverhalten“, wie Arbeitsangebote die seitens des Jobcenters als „angemessen“ angesehen werden,die jedoch von den Betroffenen abgelehnt werden, weil diese die Perspektive und Einkommen kaum steigern. Denn nicht selten wird in Richtung Zeitarbeit vermittelt. Dann gibt es noch die Verpatzten Termine, die den weitaus höchsten Anteil ausmachen und das Abbrechen von Aus- oder Fortbildungen. In zahlreichen Fällen endet das nicht selten in „Aushungern und Fordern bis weit unter das Existenzminimum“.
Über eine Million Sanktionen gegen Hartz IV-Betroffene
In diesem Jahr sind die Leistungskürzungen aufgrund von Sanktionen wieder ins Blickfeld der öffentlichen Debatte gerückt. Laut einer letzten Auswertung wurden in den letzten 12 Monaten weit mehr als eine Millionen Arbeitslosengeld II Bezieher sanktioniert. Die Mitglieder der nordrhein-westfälischen Grünen haben nun vor dem anstehenden Bundesparteitag einen Antrag gestellt, der beinhaltet, die Sanktionen bei Hartz IV in Gänze abzuschaffen. Stattdessen solle eine „Grundsicherung auf Augenhöhe und ohne Strafen“ geschaffen werden. Androhungen und Strafen, wie es in der Praxis in Jobcentern und Arbeitsagenturen Realität ist, soll laut einem Änderungsantrag, den 20 prominenten Grünen aus NRW unterzeichnet haben, abgeschafft werden. Mitunterzeichnerin ist auch NRW- Gesundheitsministerin Babara Steffens. "Es sind gerade die Sanktionen, die dem grünen Leitbild einer emanzipatorischen Sozialpolitik, bei der das Individuum unteilbare soziale Rechte hat, diametral gegenüber stehen", heißt es unter anderem in dem Leitantrag für den Parteitag.
Weg von der Hartz IV Partei?
Ob der Antrag auf dem Parteitag angenommen wird, ist noch unklar. Schließlich waren die Grünen damals an der Schaffung der Hartz IV-Gesetze beteiligt. Nicht zu vergessen ist auch, dass die beiden aktuell gewählten Spitzenkandidaten Katrin Göring-Eckardt und Jürgen Trittin im Jahre 2005 für die Agenda 2010 und damit auch für Sanktionen bei Hartz IV stimmten. Stimmen die Grünen zu, wären sie neben den Linken die zweite Partei, die sich für die Abschaffung der Hartz IV-Sanktionen ausspricht. (sb)
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