Nachrichtendienstliche Ermittlungen bei Hartz IV

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BA erlaubt nun Observationen und "nachrichtendienstliche" Ermittlungen bei Hartz IV. Bundesagentur für Arbeit setzt sich über bürgerliche Grundrechte hinweg

-Gemeinsame Presseerklärung: „gegen-hartz.de“ (Hannover) und dem Erwerbslosen Forum Deutschland (Bonn)-

Bonn/Hannover – Die Bundesagentur für Arbeit gestattet jetzt ihren Mitarbeitern bzw. beauftragten dritten Stellen ausdrücklich die Observation von Hartz IV-Beziehern. Dazu reicht nach Ansicht der beiden Erwerbsloseninitiativen „Erwerbslosen Forum Deutschland“ und "gegen-hartz.de" eine bloße anonyme Anzeige eines gehässigen Nachbarn aus, um die „nachrichtendienstliche“ Ermittlungen in Gang zu setzten. Mit ihrer am 20 Mai herausgegebenen internen Weisung an alle Jobcenter würde die BA sich Kompetenzen anmaßen, für die Strafermittlungsbehörden einen Gerichtsbeschluss benötigten, so die beiden Initiativen. „Wir fordern die Bundesregierung auf die Bundesagentur für Arbeit sofort in ihre Schranken zu verweisen und den behördlichen Wahnsinn sofort zu stoppen. Zudem lassen wir im Moment rechtliche Schritte gegen diese "Stasimethoden" prüfen, sagte Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.

Unter dem Punkt Rz 6.11 der BA Weisungen für Arge Außenmitarbeiter werden "Observationen", also eine heimliche Beschattung von Hartz IV Betroffenen bei "Verdacht auf einen besonders schwerwiegenden Leistungsmissbrauch" ausdrücklich zugelassen. In der Realität bedeutet dies, eine einfache anonyme Anzeige durch einen Nachbarn reicht, um umfangreiche Observationen durch Arge Außenmitarbeiter zu veranlassen. Dabei reicht allein schon der Verdacht aus, um Erwerbslosen hinterher zu spionieren. Selbst Strafermittlungsbehörden benötigen einen Gerichtsbeschluss, um umfangreiche Observationen an Bürgern zu veranlassen.

"Die Anweisungen lesen sich wie eine Anleitung für nachrichtendienstliche Ermittler und erinnern sehr stark an die Ausspähung von Bürgern der DDR durch die Stasi" entrüstet sich Sebastian Bertram, von der Initiative "gegen-hartz.de".

Bei den Untersuchungen durch Arge Außendienstmitarbeiter werden Zeugenbefragungen, Hausbesuche und Beschattungen des Leistungsbeziehers vorgenommen. Fraglich ist in diesem Zusammenhang die Beweiskraft derartig "erschnüffelter" Informationen und Fotos vor Gericht. Denn die Anfertigung von Fotos durch die Arge ist laut §201a des StGB aufgrund des "Rechts am eigenen Bild" nicht nur unzulässig, sondern sogar eine Straftat.

Von der "Beugung des Grundrechts" kann auch bei den Hausbesuchen gesprochen werden. Sogenannte Hausbesuche werden von Arge Außendienstmitarbeiter am häufigsten durchgeführt. Dabei werden auch Schränke durchwühlt und intime Fragen gestellt. In den BA Anweisungen Punkt Rz 6.22 wird zwar darauf hingewiesen, dass bei einer Verwehrung des Zutritts keine Leistungskürzung vorgenommen werden, aber dem Betroffenen trotzdem wegen "nicht möglicher Sachverhaltsaufklärung" die Leistungen ablehnt werden darf. So wird durch Androhung der Streichung der Existenzgrundlage der Eintritt in die Wohnung des Betroffenen erpresst.

Das Bürgerliche Gesetzbuch und das Grundgesetz sollten alle Bürger vor den Eingriffen des Staates in die Privatsphäre schützen. Nur die Bundesagentur für Arbeit scheint das Grundrecht für SGB II Leistungsbezieher außer Kraft setzen zu wollen. Erwerbslosengruppen fordern nun von der Bundesagentur für Arbeit die sofortige Überarbeitung der BA Anweisungen und ein zurückkehren zur Rechtsstaatlichkeit. (02.06.2009)

Weitergehende Informationen:
Weisung der BA
Neue BA Anweisung erlaubt Observation

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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