Die Deutsche Rentenversicherung verlor als Arbeitgeber gegen eine schwerbehinderte Mitarbeiterin. Die Beschรคftigte arbeitete in Altersteilzeit und nahm eine mรถgliche Altersrente fรผr schwerbehinderte Menschen nicht in Anspruch. Daraufhin beendete die DRV die Altersteilzeit automatisch. Das Bundesarbeitsgericht erklรคrte dies fรผr unzulรคssig und fรผr eine Altersdiskriminierung. (Aktenzeichen 9 AZR 484/12)
Arbeitsrecht und Rentenrecht
Der auf Rentenrecht spezialisierte Anwalt Peter Knรถppel erklรคrt: โArbeitsrecht und Rentenrecht sind oft eng mit einander verzahnt. Es gibt tarifvertragliche Regelungen die ein vorzeitiges Ende eines Arbeitsverhรคltnisses bei dem Bezug einer Altersrente vorsehen.โ
Der Rentenexperte weist auf ein Problem hin, dass vielen Betroffenen garnicht bewusst ist: โDies kann auch fรผr solche Regelungen gelten, die nur darauf abstellen, dass ein Arbeitnehmer eine Altersrente vorzeitig beanspruchen kรถnnte, obwohl er oder sie diese Rente gar nicht beantragt hat.โ
Um einen solchen Knackpunkt ging es in diesem Fall.
Der konkrete Fall
Die Betroffene arbeitete bei der DRV Bund. Zu Beginn der vertraglich vereinbarten Altersteilzeit war ihr eine Schwerbehinderung anerkannt worden, zuerst befristet und dann unbefristet.
Die Aufhebung der Frist erfolgte kurz bevor die Arbeitsphase der Beschรคftigten im Blockmodell endete, wo sie volle fรผnf Jahre gearbeitet hatte.
Die DRV Bund wollte die vertraglich vereinbarte Altersteilzeit in der Freistellungsphase um zwei Jahre verkรผrzen und die Freistellungsphase dann beenden. Dabei berief sich der Arbeitgeber auf entsprechende Beendigungsklauseln.
Es geht vor das Bundesarbeitsgericht
Die Beschรคftigte wehrte sich und klagte in der Berufung bei der zweiten Instanz, Landesarbeitsgericht Berlin. Dort bekam sie Recht, allerdings legte die Deutsche Rentenversicherung Bund gegen das Urteil Revision ein.
Kalte Dusche fรผr die Rentenversicherung beim Bundesarbeitsgericht
Das Bundesarbeitsgericht verpasste der DRV eine kalte Dusche und stellte klar: Die Beschรคftigte wird durch die entsprechende Regelung im Altersteilzeitvertrag und den tarifrechtlichen Regelungen benachteiligt gegenรผber nicht behinderten Beschรคftigten.
Denn, so das Gericht, dass schwerbehinderte Beschรคftigte eine abschlagsfreie Rente frรผher in Anspruch nehmen kรถnnen als nicht schwerbehinderte Beschรคftigte, rechtfertige keine Ungleichbehandlung von schwerbehinderten und nicht schwerbehinderten Beschรคftigten.
Gerade in diesem Fall sah das Gericht dies als bedeutend an, weil ein Ausscheiden der Betroffenen dazu fรผhrte, dass die Freistellungsphase kรผrzer war als die tatsรคchlich geleistete Arbeitsphase.
Unzulรคssige Ungleichbehandlung
Die Ungleichbehandlung sei unzulรคssig, und die schwerbehinderte Beschรคftigte kรถnnte verlangen, dass die DRV Bund sie behandle wie nicht behinderte Arbeitnehmer. Deshalb hatte sie das Recht die bezahlte Freistellungsphase bis zum Ende in Anspruch zu nehmen und konnte in dieser Zeit Rentenpunkte sammeln.
Die Entscheidung stรคrkt die Rechte schwerbehinderter Arbeitnehmer
Rentenanwalt Knรถppel schlieรt: โDiese Entscheidung stรคrkt die Rechte schwerbehinderter Arbeitnehmer und schrรคnkt Altersdiskriminierungen ein. Ein wichtiger Sieg der mutigen Arbeitnehmerin, welche die DRV Bund als Arbeitgeber in die Schranken verwies.โ