BSG: Witwe eines NS-Opfers kann nicht Antrag fรผr ihren Mann stellen
Hinterbliebene eines NS-Opfers kรถnnen nicht nachtrรคglich eine Rente fรผr dessen Zeiten in einem Ghetto beantragen. Erforderlich ist ein Rentenantrag noch zu Lebzeiten durch den NS-Verfolgten selbst, urteilte das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag, 16. Mai 2019, in Kassel (Az.: B 13 R 37/17 R). Es wies damit die Witwe eines 2009 verstorbenen jรผdischen NS-Opfers ab.
Der Ehemann kam 1944 in das jรผdische Ghetto Kรถszeg in Ungarn. Nach dem Krieg wanderte er mit seiner Ehefrau in die USA aus. 1984 stellte der Mann dort einen Rentenantrag. Dabei wurde er gefragt, ob er jemals Tรคtigkeiten in einem โanderen System der sozialen Sicherheit” verrichtet hat. Im Ghetto erworbene Versicherungszeiten hatte der Mann nicht angegeben, weil er schlicht nicht mit einer spรคteren Rente wegen des erzwungenen Ghetto-Aufenthaltes gerechnet hat. Diese war in Deutschland erst 2002 beschlossen worden und wurde dann rรผckwirkend ab Juli 1997 gewรคhrt.
Der Mann starb im Mรคrz 2009. Zwei Jahre spรคter erfuhr die Witwe von mรถglichen Ghetto-Rentenzahlungen. Diese sollen auch eine Entschรคdigung fรผr erlittenes NS-Unrecht sein. Die Witwe beantragte daher die Nachzahlung der Ghetto-Rente, die ihr Mann von Juli 1997 bis zu seinem Tod im Mรคrz 2009 bekommen hรคtte. Die Hรถhe der Rente liegt meist zwischen monatlich 200 bis 250 Euro.
Die Witwe erhielt eine eigene Hinterbliebenenrente in Hรถhe von rund 150 Euro monatlich von der Deutschen Rentenversicherung, in der die Ghetto-Zeiten berรผcksichtigt wurden.
Die Nachzahlung der Rente ihres verstorbenen Mannes lehnte der Rentenversicherungstrรคger dagegen ab. Um einen Anspruch auf eine Ghetto-Rente geltend machen zu kรถnnen, bedรผrfe es eines Antrags des Versicherten. Der verstorbene Ehemann habe aber keinen Antrag zu Lebzeiten gestellt. Mit seinem Tod gehe der Anspruch aber unter.
Zwar zรคhle nach dem deutsch-israelischen Sozialversicherungsabkommen ein in Israel gestellter normaler Rentenantrag auch als Rentenantrag fรผr eine deutsche Ghetto-Rente. Nach dem deutsch-US-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen sei dies aber nicht der Fall. Daher mรผsse der Versicherte beim deutschen Rentenversicherungstrรคger einen Rentenantrag stellen.
Auch das BSG wies den Anspruch auf Nachzahlung der Rente des verstorbenen Mannes ab. Erforderlich fรผr den Anspruch sei es, dass der Versicherte zu Lebzeiten einen entsprechenden Antrag gestellt hat. Tatsรคchlich habe nur die Ehefrau einen Antrag fรผr ihren mittlerweile verstorbenen Mann gestellt. Der Anspruch sei jedoch mit dessen Tod erloschen. Ein Verstoร gegen den Wiedergutmachungsgedanken sei dies nicht, so das BSG. fle/mwo
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