BSG: Schadenersatz ist Vermรถgen und kein Einkommen
Hartz-IV-Bezieher mรผssen sich Schadenersatzzahlungen infolge einer erlittenen Unterschlagung nicht auf ihr Arbeitslosengeld II mindernd als Einkommen anrechnen lassen. Die Zahlungen wegen eines bestehenden Vermรถgensschadens sind vielmehr als Vermรถgen anzusehen, welches nur bei รberschreitung der gesetzlichen Freibetrรคge mindernd auf Hartz IV angerechnet werden kann, urteilte am Donnerstag, 9. August 2018, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 20/17 R).
Im konkreten Fall hatte das Jobcenter Kreis Plรถn in Schleswig-Holstein einem Hartz-IV-Bezieher das Arbeitslosengeld II gemindert, weil dieser monatliche Schadenersatzzahlungen erhielt. Der Mann war 1998 und 1999 Opfer einer Unterschlagung von Baumaschinen und Baumaterial geworden.
2002 sprach ein Gericht dem Geschรคdigten Schadenersatz in Hรถhe von 30.000 Mark (15.338 Euro) zu. Doch bei dem Schuldner war erst nichts zu holen. Erst 2009 wurde daher ein Vergleich geschlossen. Danach zahlte der Schuldner dem Geschรคdigten monatlich 150 Euro, bis eine Gesamtsumme von 12.000 Euro erreicht ist.
Mittlerweile war der Geschรคdigte jedoch auf Hartz IV angewiesen, so dass er nun wegen der Schadenersatzzahlungen Probleme mit dem Jobcenter bekam.
Die Behรถrde wertete die monatlichen Zuflรผsse als Einkommen und minderte daraufhin entsprechend das Arbeitslosengeld II. Nur Zahlungen wegen eines Nicht-Vermรถgensschadens, wie etwa Schmerzensgeld, seien nach dem Gesetz von der Anrechnung als Einkommen ausgeschlossen. Fรผr Vermรถgensschรคden gebe es hingegen keine Regelung, so dass offensichtlich der Gesetzgeber eine Berรผcksichtigung als Einkommen vorgesehen habe.
Das BSG urteilte, dass die Schadenersatzzahlungen kein Einkommen, sondern vielmehr dem Vermรถgen zuzuordnen ist.
Grundsรคtzlich sei zwar alles, was nach der Hartz-IV-Antragstellung dem Hilfebedรผrftigen zuflieรt Einkommen, alles was vorher zugeflossen ist Vermรถgen. Hier sei der Empfรคnger der Schadenersatzzahlungen aber bereits vor seiner Hartz-IV-Antragstellung Opfer einer Unterschlagung geworden. Der nun gezahlte Schadenersatz sei ein Wertersatz fรผr das unterschlagene verlorene Vermรถgen. Einen Wertzuwachs habe es hier bei dem Klรคger damit nicht gegeben.
Dass die monatlichen Schadenersatzzahlungen erst 2009 erfolgten, gut zehn Jahre nach der Unterschlagung, spiele fรผr die Berรผcksichtigung als Vermรถgen oder Einkommen keine Rolle, betonten die Kasseler Richter.
In dem Gesamtbetrag von 12.000 Euro sind allerdings auch 4.000 Euro Prozesszinsen enthalten. Diese wiederum sind als Kapitaleinkรผnfte und nach dem Kasseler Urteil damit als Einkommen zu werten und mindernd auf das Arbeitslosengeld II anzurechnen. fle/mwo