Erwerbsminderung: Um die EM-Rente zu stoppen, muss die Rentenkasse Beweise liefern

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Wenn die Deutsche Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente entzieht, weil die Gesundheit sich angeblich verbessert hat, dann ist sie in der Pflicht, den Beweis fรผr diese Behauptung zu bringen. So entschied das Sozialgericht Mรผnster zugunsten einer Erwerbsgeminderten. (AZ: S 14 R 167/19).

Kampf um die Rente

Ein Landmaschinenmechaniker musste seine Tรคtigkeit aufgeben, weil er krank war. Zuerts erhielt er Krankengeld, ab 2014 dann eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der Deutschen Rentenversicherung.

Wie meist bei dieser Rentenform befristete die Kasse die Rente zunรคchst und verlรคngerte sie dann bis August 2019. Doch im Winter 2018 รคnderte die Versicherung ihre Entscheidung. Sie hatte eigene Gutachten ausgewertet und meinte, der Betroffene kรถnne wieder voll arbeiten.

Es geht vor Gericht

Die Versicherung kรผndigte an, die Rentenzahlung zu stoppen. Fรผr den Mechaniker ging es jetzt um seine Existenz, denn seiner Meinung nach sei der Zustand chronisch und habe sich keinesfalls verbessert. Die Rentenkasse blieb bei ihrem Standpunkt, und deshalb ging der Betroffene vor das Sozialgericht Mรผnster.

Rentenversicherung verweist auf eigene Gutachten

Der Mann klagte, um seinen Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente durchzusetzen. Die Rentenversicherung hielt dagegen. Sie berief sich auf ihren eigenen รคrztlichen Beratungsdienst. Diesem zufolge sei das Leistungsvermรถgen des Mannes wieder voll hergestellt.

Ein fรผr die Rentenversicherung tรคtiger Psychiater sah eine Verbesserung der Gesundeheit. Mit dieser sei eine weitere Rentenzahlung nicht zu rechtfertigen.

Sozialgericht holt eigenes Gutachten ein

Die Richter holten jetzt drei eigene Gutachten ein, von Medizinern, die nicht im Dienst der Rentenversicherung standen. Dazu gehรถrten ein internistisches und orthopรคdisches Gutachten. Fรผr ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten untersuchte eine Neurologin und Psychaiterin den Mann. AuรŸerdem durchleuchtete sie seine Krankengeschichte.

Sie kam zu einem vรถllig anderen Ergebnis als der von der Kasse beauftragte Psychiater. So erkannte sie eine chronische Depression, die den Selbstwert, die Konzentration und den Antrieb stark reduzierte. AuรŸerdem litt er an einer chronischen Schmerzstรถrung, von der Wirbelsรคule bis ins rechte Bein. Dazu kamen dann noch Herzerkrankungen, Bluthochdruck und Schulterbeschwerden.

Eine Besserung sah sie nicht und hielt ihn mit weniger als drei Stunden mรถglicher Leistung pro Tag fรผr voll erwerbsgemindert.

Rentenversicherung tobt

Die Rentenversicherung attackierte dieses Gutachten und behauptete, die Gutachterin habe die Aussagen des Mannes nicht auf ihre Echtheit รผberprรผft. Sie stellte also die Glaubwรผrdigkeit des Betroffenen in Frage.

Richter sehen Rentenversicherung als widersprรผchlich an

Die Richter sahen jedoch im Gegenteil dieses Gutachten als wissenschaftlich sauber und in sich schlรผssig an und kritisierten den beratenden Arzt der Rentenkasse. Der hรคtte bei einem gleichen Krankehitsbild mal eine olle Erwerbsminderung festgestellt, und dann wieder gar keine.
AuรŸerdem hรคtte die Gutachterin die Angaben des Mannes mit der Aktenlage abgeglichen, ihn ausfรผhrlich befragt und klinisch untersucht.

Die Versicherung muss weiter die Rente auszahlen

Das Gericht verpflichtete die Rentenkasse dazu, weiter die volle Rente wegen Erwerbsminderung auszuzahlen. Die Versicherung hรคtte beweisen mรผssen, dass sich der Gesundheitszustand des Mannes maรŸgeblich und nachweisbar verbessert hรคtte. Einen solche Nachweis konnte die Versicherung nicht bringen, sondern verstrickte sich stattdessen in Widersprรผche.