Soziologe: Neue Front gegen Hartz IV Bezieher

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Deutschlands Eliten wollen unter sich bleiben und machen mobil gegen Hartz IV Betroffene.

Die sog. Eliten und Wohlhabenden machen Front gegen Hartz IV Bezieher, dass jedenfalls behauptet der Soziologe Prof. Dr. Michael Hartmann in einem Interview in der Zeitschrift "Die Zeit". Es würde eine "Radikalisierung" der Eliten stattfinden, die immer mehr auf fruchtbaren Boden stoßen würde. "Seit Wochen läuft die Westerwelle-Debatte um angebliche Sozialschmarotzer, der Philosoph Peter Sloterdijk macht sich für die sogenannten Leistungsträger stark, die der Steuerstaat zugunsten der Unproduktiven enteigne, die als kultiviert und nachdenklich geltende DIE ZEIT malt auf ihrer ersten Seite das Schreckbild der ´Einwanderung in die Sozialsysteme´." so Hartmann gegenüber der Zeit. Es sei eine "erstaunliche Allianz" entstanden, obwohl die Behauptungen nicht mit Fakten belegt werden können. Denn die Bildzeitung bläst ebenfalls ins gleiche Horn und titelt nach dem Zeit-Artikel ebenfalls über die angebliche "Einwanderung in die Sozialsysteme".

Als Beispiel nennt der Soziologe auch das Bemühen ein Initiative in Hamburg, die das "dreigliedrige Schulsystem" zu erhalten will. Ziel dieser Kampagne sei es , schlicht und ergreifend schwächere Schüler von weiterführenden Schulen fernzuhalten. Betroffen wären vor allem Migranten und sozial Schwache, also Hartz IV Bezieher. Die Eltern würden sich bessere Bildungsmöglichkeiten für ihre Kinder erhoffen, wenn sozial schwache Gesellschaftsschichten außen vor blieben. Man wolle sich nicht mit "anderen Lebenswirklichkeiten" dieser Gesellschaft konfrontiert sehen, so Hartmann.

Der Verteilungskampf wird in Deutschland härter. Das sei der Haupt-Hintergrund dieser Kampagne der "Eliten". Vor einigen Jahren sei man noch bereit gewesen "auch an das ärmere Drittel der Gesellschaft abzugeben". Heute jedoch wird behauptet, Hartz IV Bezieher würden die Steuergelder "verjubeln". Plötzlich seien Hartz IV Bezieher perse "Sozialschmarotzer", die sich vom Sozialsystem durch Missbrauch bereichern würden. Doch mit diesem Geschrei, dass an der Faktenlage gänzlich vorbei geht, wolle man von den eigentlichen Problemen ablenken. Die wahren Probleme sind nämlich das Ungleichgewicht von Arm und Reich, die Schere die immer weiter auseinander klafft. Die Reichen kämpfen um ihren Reichtum, den sie nicht mehr teilen wollen.

In der öffentlichen Debatte geht eine wichtige Komponente völlig unter. Denn niemand spricht darüber, dass die "oberen 10 Prozent" von 2002 bis 2007 zwischen 6,6 und 10 Prozent an Reichtum dazu gewonnen haben. Die Forderung, dass diese gesellschaftlichen Schichten einen steuerlichen Beitrag leisten sollen, geht völlig unter. "Schließlich hat die staatliche Rettung der Banken vor allem ihr Geld gesichert", argumentiert der Soziologe Hartmann. Der Mittelschicht wird eingebleut, sie sitze mit den Wohlhabenden als "Leistungsträger" in einem Boot, obwohl auch die Mittelschicht stark bedroht ist. So werden klare Fronten gegenüber den Ärmsten dieser Gesellschaft geschaffen, nämlich gegenüber den Hartz IV Beziehern. Hartmann: "Es gibt einen massiven Versuch, die Fronten so zu ziehen. Und es scheint zu funktionieren."

Michael Hartmann ist Professor für Soziologie mit den Schwerpunkten Elitesoziologie, Industrie- und Betriebssoziologie sowie Organisationssoziologie an der Technischen Universität Darmstadt. Hartmann sieht sich selbst als Kritiker der deutschen Gegenwartsgesellschaft. (07.04.2010)

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