Schulden: Darf die 300 Euro Energiepreispauschale auch gepfändet werden?

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Zum ersten September hat die Bundesregierung eine Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro über die Lohnabrechnung überweisen lassen. Die Einmalzahlung soll die steigenden Heiz- und Stromkosten ausgleichen. Wie Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (BAG-SB) berichtet, kann die Pauschale bei Schuldnern durch die Gläubiger gepfändet werden.

Pfändung der Energiepreispauschale

Ausgerechnet diejenigen, die die Energiepreispauschale am dringendsten benötigen, können gepfändet werden. „Fast sieben Millionen überschuldete Menschen wurden beim Gesetzgebungsverfahren komplett vergessen“, kritisiert die Geschäftsführerin der BAG-SB, Ines Moers.

Denn sobald betroffene Arbeitnehmer eine Lohn- oder Kontopfändung erdulden müssen oder sich in einer Privatinsolvenz befinden, sei der Aufwand sehr hoch, die Energiepreispauschale auszahlen zu lassen.

Pfändung hat fatale Folgen

Die ausgebliebende Einmalzahlung hat für Betroffene fatale Folgen. „Überschuldete Haushalte sind im schlimmsten Fall von einer Strom- oder Gassperre bedroht, weil sie ihre Energiekosten nicht zahlen können“, mahnt die Schuldnerberaterin. In solchen Fällen müsste der Staat erneut einspringen, um die Notlage abzuwenden.

Keine Gesetzesregelung um Energiepreispauschale zu schützen

Der Gesetzgeber hat es mal wieder versäumt, die Einmalzahlung zum zweiten Entlastungspaket vor einer Pfändung durch Gläubiger zu schützen. Die Zahlung kann nämlich bei bestehenden Schulden sofort eingezogen werden, bevor es beim Empfänger ankommt. Ähnliche Probleme gab es bereits bei den Corona-Hilfen. Bei den Corona-Hilfen wurde bereits geurteilt, dass diese pfändbar sind.

Finanzministerium hat das Problem aufgeriffen ohne aber Hilfe zu bieten

Das Problem wurde mittlerweile auch von dem Bundesfinanzministerium erkannt. Auf der Internetseite wurde vor einigen Tagen klargestellt, dass die Energiepreispauschale nicht als Arbeitslohn pfändbar sei.

Konkret können Besucher der Ministeriumsseite lesen: „Die Energiepreispauschale ist von einer Lohnpfändung nicht umfasst, da es sich arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um Arbeitslohn oder Arbeitsentgelt handelt“.

Die Klarstellung interessiert allerdings die Gläubiger häufig wenig. Weitere Hilfen bietet das Ministerium bei Pfändungen nämlich nicht an, wie auch die BAG kritisiert: „Wenn das Konto von Schuldnern gepfändet wird, reicht das auf keinen Fall aus“.

Auf Anfrage unserer Redaktion betonte daher auch eine Ministeriumssprecherin, dass die Frage, ob die Pauschale gepfändet werden darf, “noch nicht geklärt ist”.

Im Klartext bedeutet dies, dass die fehlende gesetzliche Regelung ein großes Problem für die Schuldner darstellt. „Normalerweise können wir Schuldnerberatungsstellen viele zweckgebundene Beträge wie zum Beispiel einmalige Sozialleistungen über eine sogenannte Pfändungsschutzkonto-Bescheinigung ganz unkompliziert freigeben“, erläutert Moers gegenüber dem Blatt “Business Insider”.

Der Bank könne nämlich so bestätigt werden, dass das Geld nicht gepfändet werden darf. Allerdings müsste die Schuldnerberatung Betroffene erst zum Gericht schicken.

Die Gerichte müssen einspringen

Allerdings scheuen die meisten Schuldner den Weg zum Gericht. Andere wissen nicht, dass diese Möglichkeit überhaupt existiert. Auch gehen sie aus Scham nicht zur Schuldnerberatung, sondern “erleiden” einfach die Pfändung der Einmalzahlung.

Aus diesem Grund landet die Pauschale dann bei den Gläubigern oder in der Insolvenzmasse, statt den Betroffenen bei steigenden Strom- und Heizkosten zu helfen.

Betroffene können auf der Website der Schuldnerberatung Musterschreiben downloaden, damit sie die Pauschale über einen Pfändungsschutzantrag dennoch zurückerhalten.

Jedes Gericht entscheidet individuell

Allerdings bleibt abzuwarten, wie die Gerichte entscheiden werden. “Jedes Gericht entscheidet individuell über jeden einzelnen Antrag. Der Antrag auf Freigabe bei Gericht ist keine Garantie, dass die Energiepreispauschale wirklich ausgezahlt wird”, warnt die Schuldnerberatung.